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Zehn Jahre wieder Fischotter in Hessen

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Fischotter
Der Fischotter ist der längste und nach dem Dachs zweitschwerste Marder Mitteleuropas. Er ist ein hervorragender Schwimmer und dank seines dichten Fells mit durchschnittlich 70.000 Haaren pro Quadratzentimeter gegen Wasser und Kälte gewappnet. Bild: Manfred Sattler/HLNUG

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts galt der Fischotter in Hessen als ausgestorben. Zehn Jahre nach seiner Rückkehr ist der scheue Wassermarder wieder ein Bestandteil der hessischen Fauna.

Der erste gesicherte Nachweis eines Fischotters in Hessen erfolgte im Jahr 2013. Im Rahmen des Luchsmonitorings im Vogelsberg gelang dem Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) die Aufnahme eines Fischotters mittels Wildkamera. Etwa zeitgleich erfolgte ein Losungsfund in Hersfeld-Rotenburg sowie eine Wildkamera-Aufnahme im Spessart. In den Folgejahren konnten durch Untersuchungen im Auftrag des HLNUG sowie Erfassungen der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V. (HGON) weitere Vorkommen anhand von Losungsfunden nachgewiesen werden.

Vier stabile Vorkommen

„Wir gehen derzeit von vier stabilen Vorkommen im Vogelsbergkreis und Schwalm-Eder-Kreis, im Wetteraukreis, im Main-Kinzig-Kreis sowie im Landkreis Kassel aus. Auch im Landkreis Marburg-Biedenkopf ist mindestens ein Tier sesshaft geworden“, berichtet Irene Glatzle, Fischotterexpertin des HLNUG. Darüber hinaus hielten sich in den nordosthessischen Landkreisen Hersfeld-Rotenburg, Werra-Meißner-Kreis und Fulda zumindest zeitweise Fischotter auf, wie Totfunde und vereinzelte Spuren zeigten. Hier konnten jedoch bisher keine stabilen Vorkommen bestätigt werden.

20-30 Otter leben in Hessen

Die Wiederbesiedlung Hessens erfolgte ausgehend von Fischotterbeständen in den benachbarten Bundesländern Bayern, Thüringen und Niedersachsen. Dies zeigen genetische Untersuchungen von Losungsproben durch das Senckenberg Forschungsinstitut. Zwischen 2017 und 2022 wurden in Hessen 14 Fischotter genetisch nachgewiesen, von denen sieben als Weibchen und fünf als Männchen identifiziert werden konnten. Darunter befanden sich allerdings auch drei Totfunde. Insgesamt kann der hessische Fischotterbestand auf 20-30 Tiere geschätzt werden, wobei ein Teil davon durchziehende Otter sind.

Bisher noch keine Konflikte mit Teichwirten

Bisher gab es noch keine Konflikte mit den im Vergleich zu anderen Bundesländern wenigen hessischen Teichwirtschaftsbetrieben. Dennoch richtet das Land Hessen analog zum Biber auch für den Fischotter ein entsprechendes Management ein, um möglichen Schäden vorzubeugen. Auf die Fischfauna natürlicher Gewässer hat der Fischotter aufgrund seiner Lebensweise als Einzelgänger in großen Territorien in aller Regel keinen negativen Einfluss.

Häufiger Verkehrstod

Die Wiederbesiedlung ehemaliger Lebensräume durch den Fischotter erfolgt naturgemäß relativ langsam: Die Geschlechtsreife wird erst nach zwei Jahren erreicht und die nur zwei bis drei Jungtiere pro Wurf werden bis zu 13 Monate von der Mutter umsorgt. Kleine isolierte Populationen, wie sie in Hessen derzeit noch bestehen, können daher bereits durch den Tod einzelner Tiere wieder erlöschen. „Die häufigste Todesursache für Fischotter in Mitteleuropa ist der Verkehrstod. Das liegt zum einen an unserem sehr dichten Verkehrsnetz, aber auch daran, dass Fischotter selten unter Brücken hindurch schwimmen. Wenn kein Uferstreifen vorhanden ist, weichen sie meist auf die Straße aus.“ erläutert Inga Hundertmark, Biologin und Fischotterexpertin der HGON. Das Land Hessen hat zwischen 2017 und 2022 bereits vier bestätigte Totfunde zu vermelden.

Folglich ist der Fischotterbestand in Hessen derzeit noch auf den Zustrom aus benachbarten Bundesländern angewiesen, wo sich erfreulicherweise starke und gesunde Populationen befinden. „Insbesondere wenn es uns gelingt die Qualität unserer Gewässerökosysteme weiter zu verbessern und Gefahrenstellen an nicht ‚ottergerechten‘ Brücken zu minimieren, steht dem Fortbestand und der weiteren Ausbreitung des Fischotters in Hessen nichts im Wege,“ resümiert Biologin Glatzle vom HLNUG.

Gründe für Rückgang vielfältig

Im 19. Jahrhundert war der Fischotter in nahezu allen Gewässerlebensräumen seines Verbreitungsgebiets zu finden, bis ein dramatischer Rückgang zum Aussterben der Populationen in Teilen Westeuropas führte. Auch in Hessen starb die Art in der Mitte des letzten Jahrhunderts aus. Die Gründe für den starken Rückgang sind vielfältig, vor allem die gezielte und umfangreiche Bejagung sowie die Lebensraumzerstörung, etwa durch den technischen Ausbau der Gewässer und die Schadstoffbelastung, führten in vielen Teilen Deutschlands zu starken Bestandseinbrüchen. Durch die ganzjährige Schonzeit und den Schutz der Lebensräume nimmt die Zahl der in Deutschland lebenden Fischotter wieder zu, und auch jahrzehntelang unbesiedelte Bundesländer wie Hessen weisen wieder Vorkommen des Wassermarders auf.

Kot wird unter Brücken abgesetzt

Das Monitoring des nachtaktiven, scheuen Fischotters stellt eine besondere Herausforderung dar und erfolgt am effektivsten über den Nachweis von Kot, der für Fachleute leicht zu identifizieren ist. Diese Spurensuche wird dadurch etwas erleichtert, dass Fischotter ihre Exkremente, die auch der innerartlichen Kommunikation dienen, bevorzugt an exponierten und höhlenartigen Stellen absetzen, zum Beispiel am Gewässerufer unter Brücken. Genetische Analysen von Kotproben lassen zusätzlich eine Unterscheidung von Individuen zu und geben Auskunft über Geschlecht und Herkunft der Tiere. Hierzu arbeitet das Land Hessen eng mit dem Senckenberg Forschungsinstitut zusammen, das die genetischen Analysen durchführt.

Meldeportal Fischotter…

-Pressemitteilung Hessisches Landesamt für Naturschutz-

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