Kürzlich bin ich auf ebay auf diese nachträglich vom Angler zum schnelleren Trocknen der Seidenschnur und zur Gewichtsersparnis durchbohrten Grund- oder Fliegenrolle gestoßen.
Als ich die Bilder im Netz sah, dachte ich gleich an die Achsrollen von Walter Schulz – alles ziemlich identisch, vor allem auch der Klickerschieber hatte genau die gleiche Form. Nur die aus rotem Bakelit gedrehten Griffknäufe stachen als Unterschied hervor. Normalerweise haben die WS-Selekta-Achsrollen ganz schlichte Knäufe aus hellem Holz.
Als ich aber eben das Päckchen in der Post war, musste ich staunen. Die ventilierte Rolle ist mit 8cm Durchmesser etwas größer! Die Bohrungen im Alugehäuse sind nicht immer gleichmäßig ausgeführt worden, sie „tanzen“ hin und her, manchmal berühren sie sich fast. Trotzdem machte der Angler so aus einer geschlossenen Grundrolle/Fliegenrolle aus der Zeit um 1949 einen richtiger Hingucker! Das nachträgliche „Ventilieren“ einer Achsrolle war damals durchaus üblich, wie diese Pyramidal und Trutta von DAM zeigen.
Übrigens: Der Angler, dem diese duchbohrten Fliegenrolle gehört hat, hat auch eine silberne WS-Rolle besessen. Ein gutes Indiz dafür, dass er damals einmal bei Walter Schulz in Berlin zwei Rollen gekauft hat.
Walter Schulz aus Berlin
Der ostpreußische Ingenieur Walter Schulz hat nach dem 2. Weltkrieg in Berlin ein Angelgeschäft geführt und eigene Rollen hergestellt. Bekannt bei uns Sammlern ist er vor allem für seine Stationärrollen. Seine Grundrollen der Serie „WS Selekta“ kamen ebenfalls ab 1949 auf den Markt. Heute bekannt ist vor allem die schwarze Grundrolle von WS in 7cm Durchmesser mit Klickerschieber.
Laut Werbung vom August 1949 soll es dieses Modell auch in 6,5cm Durchmesser ohne Hemmung bzw. in 7cm mit stiller Hemmung gegeben haben. Beide Versionen sind mir aber noch nie begegnet. Jetzt kommt noch das blanke 8cm-Modell hinzu!
Um die Sache noch komplizierter zu machen: In der Werbung vom Mai 1949 wird eine Grundrolle aus Aluguss mit 6,5cm erwähnt, zusätzlich eine eloxierte Grundrolle mit geschlossenem Gehäuse und stiller Hemmung (Abbildungen unten im Beitrag!). Es gab also anscheine eine ganze Anzahl verschiedener Modelle oder man hat es beim Beschreibungstext nicht ganz so genau genommen.
Die unlackierte Achsrolle von WS aus blankem Alu ist deutlich schmaler als die schwarze Grundrolle, deshalb kann man davon ausgehen, dass sie eher zum Fliegenfischen gedacht war. In der Bauweise ist sie aber mit dem schwarzen Modell quasi identisch, nur die Form der Griffe ist leicht unterschiedlich. Von der schwarzen WS Selekta habe ich eine Ausführung mit noch erhaltenem Rubbelbildchen und Originalkarton. Sie lässt sich also zweifelsfrei dem Berliner Hersteller zuordnen.
Infos, Fragen und Anregungen bitte an thomas.kalweit@paulparey.de