Sie wollen sich einen Außenborder kaufen? Mathias Fuhrmann hilft Ihnen bei der Entscheidung.
Die gute Nachricht vorweg: Alle Hersteller haben heute ausgereifte Motoren in ihrem Programm. Der Markt ist sehr hart umkämpft, und die Anbieter können es sich einfach nicht leisten, völlig ungeeignete Modelle anzubieten. Allerdings unterscheiden sie sich in den Details, und so will die Anschaffung doch gründlich überlegt sein. Vorm Kauf sollten zunächst einige grundlegende Fragen geklärt werden:
1. Wie stark soll der Motor sein?
Das hängt in erster Linie vom Boot ab. Die Hersteller müssen angeben, mit wie viel PS das Modell maximal gefahren werden darf. Dies ist abhängig von der Bauart, der Länge und natürlich der Stabilität. Auch eine Minimum-Angabe fehlt meist nicht. Ein großer Motor ist schwer, teuer und verbraucht relativ viel Benzin. Dennoch sollte das Boot nicht zu schwach motorisiert werden. Erstens geht das zu Lasten des Fahrkomforts, und zweitens kann sich die Anschaffung auf lange Sicht sogar lohnen. Eine kleine Maschine, die ständig mit Vollgas am Anschlag läuft, verbraucht in der Regel nämlich mehr Benzin als ein größeres Modell im mittleren Drehzahlbereich. Außerdem verschleißen Motoren, die ständig am Limit arbeiten, schneller. Daher sollte man sich bei der Auswahl im oberen Drittel der empfohlenen Spannweite bewegen. Allerdings sind einige Bootshersteller mit den Höchstangaben sehr vorsichtig, andere – besonders amerikanische Anbieter – sind da weniger bescheiden. Daher rate ich dringend, einen Fachmann zu Rate zu ziehen, der die Eigenheiten des Bootes kennt.
2. Vier- oder Zweitakter?
Der Benzin fressende, stinkende und laute Zweitakter gehört der Vergangenheit an. Dazu hat nicht zuletzt die europäische Abgasnorm beigetragen. Durch sie sind viele Zweitakter vom Markt verschwunden. Zwei Hersteller haben auf die Anforderungen mit direkt einspritzenden Zweitaktern reagiert. So hat Evinrude den E-Tec und Tohatsu den TLDi auf den Markt gebracht. Sie sind im Vergleich mit entsprechenden Viertaktern wartungsärmer und drehfreudiger. Wenn man da den Hebel auf den Tisch legt, passiert richtig was! Den Fahrspaß erkauft man sich mit höherer Lautstärke und einer gewissen Geruchsbelästigung. Besonders bei langsamer Fahrt und Rückenwind sitzt man gelegentlich in den Abgasen. Beim Benzinverbrauch, dem Gewicht und leider auch dem Preis nehmen sich beide Varianten nichts. So ist die Entscheidung letztlich Geschmackssache. Mit einer Ausnahme: Wer viel schleppen beziehungsweise trollen möchte, dem rate ich eher zu einem Viertakter. Denn auch bei den direkt einspritzenden Zweitaktern verrußen die Zündkerzen relativ schnell. Außerdem laufen sie in langsamer Fahrt vergleichsweise unruhig. Allerdings muss gesagt werden, dass man mit dem dauerhaften untertourigen Fahren den Motoren einiges zumutet. Das geht auch an Viertaktern nicht spurlos vorüber. Bei unseren Trolling-Motoren haben wir zum Beispiel festgestellt, dass mit der Zeit Benzin ins Öl eindringt, dieses verdünnt und somit die Schmierung verschlechtert. Der ideale Schlepp-Motor muss also erst noch erfunden werden…
3. Wie sieht‘s mit dem Service aus?
Vor der Auswahl sollte man sich über das Händlernetz in der Nähe informieren. Gibt es eine Fachwerkstatt, die meinen Motor im Notfall reparieren kann? Händler haben nämlich nicht alle Marken im Programm. Wenn ich mit einer „Fremdmarke“ komme, kann es problematisch werden. Dies ist besonders bei Garantiefällen und komplizierten Reparaturen sehr wichtig. Also nicht gleich das Schnäppchen aus dem Internet kaufen, sondern erst prüfen, ob vor Ort auch die vorgeschriebenen Wartungen durchgeführt werden können.
4. Welche Schaftlänge brauche ich?
Bitte beachten Sie die Schaftlänge des Motors! Die werden nämlich mit Normalschaft, Langschaft und Ultralangschaft hergestellt. Welche Variante Sie benötigen, können Sie den Bootsunterlagen entnehmen oder Sie fragen Ihren Händler. Andernfalls laufen Sie Gefahr, einen Fehlkauf zu tätigen. Den merken einige erst bei der Jungfernfahrt, wenn der Motor plötzlich Luft zieht.
Im Anschluss habe ich die Motoren nach PS in verschiedene Klassen eingeteilt und die Besonderheiten beschrieben. So kriegen Sie schnell einen Überblick über die Eigenheiten und Verwendungsgebiete der Maschinen.
2 bis 6 PS
Früher durfte bis zu einer Leistung von 3,68 kW (fünf PS) in Deutschland ohne Führerschein gefahren werden. Daher erfreuten sich die kleinen Motoren großer Beliebtheit. Sie sind vor allem für Schlauchboote und kleinere Boote bestens geeignet. Meist sind sie recht leicht und damit schnell an einem kleinen Boot befestigt. Neu gibt‘s die in Deutschland nur noch als Viertakter, da die Zweitakter die Abgasnormen nicht erfüllen. Auf dem Gebrauchtmarkt sind allerdings noch viele Zweitakter zu bekommen, die auch frei gehandelt werden dürfen. Diese sind vor allem wegen des geringeren Gewichtes interessant. Der etwas höhere Spritverbrauch fällt in dieser Klasse kaum negativ auf. Wer allerdings viel schleppt, ist mit einem Viertakter besser beraten. Meist haben die Motoren eingebaute Tanks, die jedoch nur einen bis zwei Liter fassen. Daher sollte ein externer Tank anschließbar sein. Das erspart uns und der Umwelt das Nachtanken auf dem Wasser. Dabei geht nämlich meistens was daneben. Oft sind die Motoren in dieser Klasse Einzylinder mit Vergaser. Diese Technik ist robust und bei etwas Wartung hat man mit den Modellen selten Ärger. Wichtig ist es, sich genau über den Kaltstart zu informieren. Meist muss der Motor mit Hilfe eines Chokes gestartet werden und ein paar Minuten warm laufen, bevor es losgehen kann. Beim Transport im Kofferraum muss darauf geachtet werden, den Motor auf die richtige Seite zu legen. Sonst läuft das Öl aus.
Seit einer Gesetzesänderung Mitte 2013 dürfen Bootsmotoren bis zu einer Leistung von 11,03 kW (15 PS) in Deutschland ohne Führerschein gefahren werden. Bitte überprüfen Sie aber immer auch die regionalen Regelungen vor Ort! An vielen Gewässern sind immer noch nur kleinere Motoren zugelassen.
Die kleinsten Außenborder beginnen bei 2,5 PS. Diese kleinen Kraftwerke wiegen zwischen 12,4 und 18 Kilogramm und sind entweder luftgekühlt (Honda) oder wassergekühlt.
Die 4,5-und-6-PS-Motoren bestehen bei vielen Herstellern aus identischen Motorblöcken, denen lediglich unterschiedliche Vergaser eingebaut wurden, die mehr oder weniger Leistung bringen. Für wen das Gewicht nicht eine ganz so große Rolle spielt, der sollte über die Anschaffung eines größeren Zweizylindermotors nachdenken. Diese sechs bis 15 PS starken Motoren kann man drosseln lassen und somit auch ohne Führerschein fahren. Sie punkten mit hoher Laufruhe und Durchzugskraft. Letzteres erlaubt auch bei gedrosselten Motoren die Montage eines größeren Schub-Propellers. So lassen sich auch mit Führerscheinfreien Motoren für größere Boote gute Ergebnisse erzielen. Den kleinsten Zweizylinder hat Yamaha mit seinem 6/8-PSer im Programm. Bis vor kurzem hatte auch Honda einen 6-PS-Zweizylinder auf dem Markt. Dieser Motor ist sehr robust, hat allerdings ein gewöhnungsbedürftiges Kaltstartverhalten.
8 bis 30 PS
In dieser Klasse bewegen sich viele Bootsbesitzer mit Gefährten von 3,5 bis fünf Metern. Mit einem Motor von 15 bis 30 PS kann man je nach Bootsgröße und Zuladung ohne Probleme Geschwindigkeiten von bis zu 20 Knoten erreichen. In den letzten Jahren wurden von den meisten Herstellern recht wenig neue Modelle in dieser Klasse auf den Markt gebracht. Besonders gut gefallen mir die leichten und kompakten Honda-Motoren mit acht bis 20 PS. Aber auch Yamaha hat in dem Bereich eine reichhaltige Auswahl. Mercury hat sehr robuste Motoren im Angebot. Wer vor allem auf ein gutes Kaltstartverhalten Wert legt, ist
mit einem Direkteinspritzer wie den Mercury 25/30-PS EFI gut beraten. Anschalten und losfahren lautet hier die Devise. Die Mitbewerber bieten in dieser Klasse nur Vergaser an, die etwas warm laufen müssen.
40 bis 60 PS
Wer regelmäßig auf einen großen See oder das Meer fährt und stolzer Besitzer eines Bootes von 4,5 bis sechs Metern Länge ist, braucht einen starken Motor. Meist haben entsprechende Modelle 800 bis 1200 Kubikzentimeter Hubraum sowie drei bis vier Zylinder. Je nach Hersteller schwankt das Gewicht zwischen 94 und 112 kg für einen 50 PS Motor. Der Honda ist dabei der leichteste und schlägt sogar die Zweitakter Evinrude und Tohatsu. Mit dem Suzuki 50 PS habe ich persönlich sehr gute Erfahrungen gemacht. Fünf Jahre lang war dieser an einem unserer Guiding-Boote vom Team Bodden-Angeln montiert. Da war er bei extremen Bedingungen im Sommer und Winter im Einsatz. Er leistete 3.900 Betriebsstunden ohne größere Probleme. Das entspricht ungefähr 50.000 Kilometern auf dem Wasser. Heute ist er keinesfalls kaputt, sondern läuft noch in privater Hand. Ein durchschnittlicher Nutzer kommt selten auf mehr als 100 Betriebsstunden im Jahr. Der Motor dürfte bei entsprechender Wartung und den damit verbundenen Ölwechseln also das ganze Leben lang halten.
Eine Besonderheit dieser Klasse sind die schon erwähnten Zweitakt-Modelle von Tohatsu und Evinrude. Sie punkten vor allem beim Drehmoment. Diese Motoren sind sehr wartungsarm und verbrauchen teilweise sogar weniger Sprit als die Viertakter. Dies ist besonders im Bereich der niedrigeren Drehzahlen der Fall. Allerdings sind sie für häufige Trollingeinsätze nicht uneingeschränkt geeignet. Das Öl in den Abgasen führt zudem zu einer Geruchsbelästigung. Hier entscheidet der persönliche Geschmack.
Ebenfalls erwähnenswert ist der 60-PS- Motor von Suzuki, der mit einem Hubraum von fast 1300 Kubikzentimtern der größte 60-PSer ist. Was die Leistung betrifft, muss er den Vergleich mit einem 70- oder 80-PS Motor nicht scheuen. Allerdings ist das Gewicht mit 149 Kilogramm auch recht hoch.
70 bis 150 PS
Größere Boote ab sechs Meter werden in der Regel mit Motoren dieser Stärke angetrieben. Dieser Bereich gilt als Prestige-Klasse, in der sich die Hersteller keine Blöße geben dürfen. Dementsprechend erhält man durchweg ausgereifte, zuverlässige Modelle. Bei Preisen von bis zu 17.000 Euro darf man das ja auch erwarten. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass sie eine hohe Lebenserwartung und selten technische Probleme haben. Je nach Hersteller verfügen sie über rund 2.000 Kubikzentimeter Hubraum und wiegen zwischen 130 und 230 Kilogramm. Bei den Viertaktern sind alle Motoren mit modernen elektronischen Direkteinspritzsystemen ausgerüstet. Suzuki und Mercury setzen auf Hubraum, Honda auf die innovative, auf Drehzahl ausgelegte V-Tec-Technologie. Sehr beliebt und oft zu sehen ist der 140-PS -Suzuki, der auf Basis des 115-PS -Motors entwickelt wurde. Er besticht durch viel Power bei vergleichsweise geringes Gewicht. Erwähnenswert ist noch der Verado von Mercury, mit dem die Kom-pressortechnologie bei den Bootsmotoren Einzug hielt. Allerdings waren die Verbrauchswerte bei Tests recht hoch. Evinrude und Tohatsu haben auch in dieser Klasse moderne Zweitakter im Programm.
Über 150 PS
Diese Motoren findet man an Angelbooten eher selten, weswegen wir sie in unserer Übersichts-Tabelle nicht berücksichtigen. Der Einsatz dürfte auf größere Trolling-Yachten jenseits der sieben Meter beschränkt sein. Dort werden teilweise sogar zwei große Motoren nebeneinander betrieben. Der aktuell größte Außenborder kommt von Yamaha und leistet 350 PS. Er hat 5330 Kubikzentimeter Hubraum, acht Zylinder und wiegt 365 Kilo. 300-PS-Motoren gibt es mehrere. Da wäre zum Beispiel der 300-PS-Suzuki mit 4028 Kubikzentimetern Hubraum, sechs Zylindern und 274 Kilo. Ebenfalls ein beachtlicher Brocken! Evinrude hat auch hier einen Zweitakter am Markt. Was dieser E-Tec an Drehmoment und Kraft freisetzt, ist enorm. Da sollte wirklich nur ein erfahrener Bootsführer ans Steuer gelassen werden. Ob solche Motoren vernünftig sind? Natürlich nicht! Sie kosten ungefähr den Preis eines guten Kompaktwagens und mir ist kein anglerischer Einsatz bekannt, der diese Kaliber zwingend erfordert. Aber es macht Spaß, mit so dicken
Maschinen zu fahren!
Hinweise beachten!
Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Probleme mit den Außenbordern gibt es also immer wieder. Bei so viel Elektronik und dem zum Teil sehr harten Einsatz ist dies auch kein Wunder. Die Motoren sind aber so gebaut, dass sie sich selbst vor größeren Schäden schützen. Zu wenig Öl oder fehlendes Kühlwasser sind die häufigsten Fehlerursachen. Alarmsignale und rote Lampen warnen davor. Zudem haben viele Motoren Notlaufprogramme. Sobald ein Schaden auftritt, können die Maschinen nur noch in niedrigen Drehzahlen fahren und somit nicht mehr überlastet werden. So wird ein Totalschaden vermieden und gleichzeitig die Heimkehr in den Hafen sichergestellt. Dort angekommen, sollte man möglichst schnell eine Werkstatt aufsuchen.
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