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Geheimnisvolle Fischlockmittel (II)

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Fischlockmittel
Dufte Döschen! Fischlockmittel wurden früher in hübschen Blechdosen verkauft, denn auch der Angler sollte zum Zugreifen verleitet werden. Bilder: G. Dee

Seit Jahrhunderten sind die Angler auf der Suche nach „dem“ Fischlockmittel. Da wurde das Fett aus den Füßen von Reihern ausgekocht, geheimnisvolle Rezepturen aus Tibet und von den Sinti und Roma nachgemischt oder die Drüsen von Moschustieren ausgedrückt.

Immer waren früher vor allem Apotheker bereit, diese Mischungen anzufertigen und auch zu verkaufen. Gerhard Dee hat einmal seine Sammlung nach alten Fischlockmittel-Döschen durchgesehen:

„Hallo Thomas, beim Surfen im Blog bin ich gestern zufällig auf dem Beitrag „Geheimnisvolle Fischlockmittel“ vom 01.04.2019 gelandet. Das hat mich veranlasst, mal meinen Fundus nach solchen Mitteln zu durchsuchen.

Anbei ein paar Fotos vom Ergebnis dieser Inventur. Schon damals hat man sich viel Mühe gegeben, nicht nur Fische anzulocken. Eine attraktive Verpackung und blumige Versprechungen sollten auch Angler zum „Anbiss“ – sprich Kauf – verführen.

In allen Döschen befindet sich noch etwas vom ursprünglichen Fischlockmittel-Inhalt. Mal duftet er ein wenig nach Bienenwachs mal nach Anis. Der Geruch des dritten Mittels erinnert an ein Haartonikum vom Friseur (Moschus?) und das vierte ist einfach undefinierbar. Auf jeden Fall war jedes Rezept stets das beste, immer „streng geheim“ und manchmal sogar gesetzlich geschützt.

Allen Lockstoffen ist übrigens gemeinsam, dass sie ihre Odeurs auch nach z.T. mehr als 100 Jahren noch immer sehr intensiv verbreiten. Ich habe meine Hände gleich nach den Aufnahmen kräftig mit Seife und Handwaschpaste abgeschrubbt und bin den Geruch der Fischlockmittel trotzdem kaum losgeworden.

Wenn man sich das Dr.Timmermann-Stillleben anschaut, wollte sich selbst der „Herr Pastor“ beim Angeln nicht ausschließlich auf himmlischen Beistand verlassen. Zusätzlich ein wenig Tibetin konnte sicher nicht schaden. Die kleine 25-seitige Tibetin-Gebrauchsanweisung im Taschenformat wurde im Juni 1918 gedruckt. Das war wenige Monate vor dem Ende des 1. Weltkriegs und erklärt den Zusatz „20 Prozent Kriegsaufschlag“. Bei der Namensgebung für seinen Lockstoff müsste der Herr Apotheker & Chemiker übrigens aus Gründen der political correctness heutzutage sicherlich „nachbessern“. Herzliche Grüße, Gerhard“

Infos, Fragen und Anregungen zum Thema Fischlockmittel bitte an thomas.kalweit@paulparey.de

Moschuin
"Das Geheimnis des erfolgreichen Anglers ist Fischwitterung Moschuin gesetzlich geschützt". Der Name verrät, dass die braune Masse wohlriechenden Moschus aus der Sexualdrüse des Moschushirsches enthalten könnte.
G. Ninnemann aus Johannishof im Kreis Stolp in Pommern hat Moschuin hergestellt und mit einem Warnhinweis versehen. Offenbar war Produktpiraterie damals schon ein Problem.
Fischlockmittel Zigeuner-Tibetin
Das berühmte Zigeuner-Tibetin von Dr. H.V. Timmermann, Apotheker & Chemiker. Das Zeug hat offenbar gut gefangen, denn die Dose ist ratzekahl leergekratzt. Der abgebildete Graureiher könnte auf die Verwendung von Reiheröl hinweisen. Früher dachte man, dass Reiher an den Beinen einen Lockstoff ins Wasser abgeben, der Fische anlockt.
Auch der Klerus hat auf die Lockpaste aus Freren bei Hannover gesetzt. Ein kaiserliches Patent auf das Gebrauchsmuster sicherte dem Apotheker gute Geschäfte, denn offenbar haben auch Berufsfischer damit ihre Netze eingeschmiert.
"Fischlockmittel - echtes Zibeth-Präparat". Hier wurde offenbar das Analsekret von Zibethkatzen beigemischt, sicher hat man auch auf den Verwechslungseffekt mit Tibetin gesetzt.
Fischlockmittel von DAM
Auch die DAM wollte mit "Ziegenspeck's Fischwitterung" mitverdienen. Ursprünglich hieß dieses Präparat laut Katalog "Fischwitterung der Zigeuner", da hat es offenbar markenrechtliche Probleme mit Dr. Timmermann gegeben.

Anmerkung vom 22. September 2023:

Zigeuner-Tibetin
Ein weiteres Dosen-Design von Dr. Timmermanns Fischwitterung.
Das Innere der Dose ist mit vorgerollten rosa Teigkügelchen gefüllt. Bilder: Jens Friedrich (2)
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