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Masse ohne Klasse

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Masse ohne Klasse

10.09.2014 11:50 von Matze Koch

Grrrr!

Sorgenvoller Blick auf den Rhein, die neue Heimat der Invasoren

Zielfisch verfehlt – Setzen! Sechs!

 

 

 

Als Kind war ich der beste Kaulbarschangler Ostfrieslands. Dass ich es eigentlich auf Aale abgesehen hatte, muss ja niemand wissen. Später stieg ich auf, zum weltbesten Brassenangler. Dass es eigentlich immer noch Aale sein sollten, verrate ich auch nicht. Brassen, Brassen, Brassen. Die Angler wurden regelrecht verrückt, und die alten Opis meiner Jugend, verbuddelten die Brassen haufenweise am Ufer, nur, damit sie ja nicht wieder ins Wasser gelangten. Nein, das war auch damals nicht erlaubt, eine „sinnvolle Verwertung“ ist das nicht, aber die Mentalität war 1978 noch ein wenig anders als heute. Aber was sollte man tun, gegen die Brassenschwemme? Macht das „verbuddeln“ Sinn, oder ist es nur ein Tropfen auf den heißen Stein? Ein wirksames „Gegenmittel“ schien es nicht zu geben.

 

 

 

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Natürliche Regulierung

 

Dann kam er. Der Hammerwinter 1979. Sage und schreibe zwei Wochen hatten wir Schüler Extra-Frei, weil meterhohe Schneeverwehungen der Verkehr restlos zum Erliegen brachten. Als ein Bagger auf einem Schwimmponton das Eis der Kanäle aufbrach, staunten wir nicht nicht schlecht über die Stärke der gewaltigen Eisplatten. Als das Frühjahr kam, zeigte sich das Ausmaß des Winters auch am Wasser. Tote Fische, wohin das Auge blickte. Hechte, Aale, Karpfen, Zander, alles lag verendet am Ufer, und die empfindlichen Brassen waren gleich tonnenweise erstickt.

 

 

 

Die Bestände erholten sich jedoch rasch. Nur die Brassen, die hatten einen natürlichen Dämpfer erhalten. Man konnte wieder Aale fangen, ohne vor Brassen verrückt zu werden. Macht es also Sinn, wenn Vorschriften erlassen werden wie: „Alle Welse sind zu entnehmen?“ So geschehen in einigen Vereinen rund um die Ems, als die Waller Einzug hielten. Kann der Mensch wirklich verhindern, wenn eine Art sich ausbreitet? In Australien hat man das vergeblich mit Kaninchen versucht, die der Mensch eingeschleppt hatte.

 

 

Lebensräume erschließen?

Meiner Meinung nach ist das Gesamtkonzept der Schöpfung so aufgebaut, dass Tiere sich neue Lebensräume erschließen können, wenn zum Beispiel eine temporäre Klimaveränderung das ermöglicht. Das hat es immer gegeben, ebenso wie explosionsartige Vermehrungen einiger Spezies. Die Regulierung erfolgt in der Regel von ganz alleine. Eine Art fügt sich ein, und harmoniert mit dem neuen Lebensraum, verdrängt auch schon mal eine andere Art. (Zander und Hechte im Rhein liefern sich zur Zeit ein Kopf an Kopf Rennen). Oder aber sie explodiert und der Bestand reguliert sich irgendwann von alleine. Vermehren sich Kaninchen wild, wird eine Seuche nicht lange auf sich warten lassen.

 

 

 

Grundelplage

 

Eine für mich neue Bekanntschaft ist die Grundel. Bei einem Report, gestern in NRW, legte ich zu meinen Titeln „Kaulbarschmeister“ und „Brassenheld“ aus meiner Jugend noch einen drauf: „Bester Grundeldompteur NRWs!“ Lustig war das jedoch nur am Anfang.

 

 

Ich kann die schimpfenden Angler jetzt gut verstehen. Doch was soll man machen? Wir können nur auf die Anpassung des Ökosystems warten oder auf eine natürliche Regulierung, wie auch immer die aussehen wird. Zander jedenfalls, haben sich vielerorts schon voll auf die neue Beute eingeschossen, und viele Angler schätzen die Grundel bereits als Köder, der auch zäh genug ist am Drachkovitchsystem angeboten zu werden. Wenn die Räuber die Grundel voll und ganz als Nahrungsquelle aufnehmen, wird die Explosion nur noch halb so schlimm ausfallen, da bin ich ganz sicher. Ein wenig drauf einstellen kann man sich anglerisch auch, denn im Dunkeln beißen die Grundeln offenbar kaum. Und im Hauptstrom fängt man auch die Edelfische, denn da kann die Grundel sich kaum halten. Das bewies mir mein gestriger Interviewpartner Michael Zammataro eindrucksvoll, doch dazu mehr auf einer der kommenden Fisch&Fang Abo DVDs.

Bei der Kaulbarschplage meiner Kindheit übrigens, stellte ich etwas Lustiges fest. So sehr sie nervten, weil man sie statt der gewünschten Aale die Würmer verschlangen, so gut waren sie als Köder für den Zielfisch. Aktuell beweise ich das, nebenbei bemerkt, auf der aktuellen Fisch&Fang Abo DVD 09/2014. Die Lehren meiner Kindheit habe ich nicht vergessen.

 

Ein Teil der natürlichen Grundel-Regulierung sieht übrigens so aus, dass ich mir heute 15 Stück davon in die Pfanne hauen werden, um zu prüfen, ob die kleinen Grundfische tatsächlich so gut schmecken wie einige behaupte! Ich bin gespannt…! 🙂

 

 

 

In diesem Sinne: Mahlzeit!

 

 

 

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