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Alte Messingrolle mit Baluster-Streben

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Alte Messingrolle mit ungewöhnlich verzierten Streben. Wer war der Hersteller?
Alte Messingrolle mit ungewöhnlich verzierten Streben. Wer war der Hersteller?

Diese uralte Messingrolle vom Ende des 19. Jahrhunderts hat mir ein liebes Forumsmitglied besorgt.

Wer das Sammlerblog hier aufmerksam verfolgt, der kennt mein großes Faible für Angelrollen aus der Frühzeit unseres Hobbys. Die hier gezeigt Messingrolle stammt aus Österreich, genauer gesagt aus Kärnten. Besonders augenfällig sind die aufwändig gearbeiteten Baluster-Streben, die an die gedrechselte Balustrade eines Geländers erinnern. Die Streben laufen an den Enden konisch zu, dazwischen sind sie mit fein gefeilten Rillen verziert. Sie erinnern auch etwas an die gedrechselten Beine alpenländischer Bauernstühle, was zum Herkunftsort passen würde.

Die Messingrolle besaß ursprünglich einen sehr langen Fuß, der aber an einer Seite gekürzt und geschmälert wurde, damit sie in den unteren Rollenschuh einer Fliegenrute passt. Das andere Ende des Rollenhalters besitzt noch eine Bohrung, mit der die Messingrolle ursprünglich auf eine Holzrute geschraubt werden konnte. Der gerade Kurbelarm, der Holzknauf und die schmale Bauweise sprechen für eine Bauzeit um 1900, ältere Rollen müssten der Regel nach einen geschwungenen Kurbelarm, einen Bein- oder Messingknauf und eine deutlich breitere Spule haben.

Interessant ist auch der Klickermechanismus, der durch seitliches Hin- und Herschieben eines gefederten Hebels eingeschaltet werden kann. Habe ich in so simpler Ausführung auch noch nicht gesehen. Der Holzgriff besteht aus schwarzem Tropenholz (evtl. Ebenholz), was für mich immer ein Hinweis auf englische Fertigung ist, denn nur diese Kolonialmacht besaß damals Zugang zu reichlich seltenen Hölzern aus der ganzen Welt. Von englischen Fachleuten in einer Sammlergruppe auf Facebook wurde diese Rolle sogar auf ca. 1860 geschätzt, ich würde sie 20 Jahre später einordnen.

Der Durchmesser der Messingrolle beträgt 63 mm, was ziemlich genau 2,5 Zoll entspricht. Hat jemand schon mal eine Rolle mit solchen Zierstreben gesehen? Gefühlsmäßig würde ich sie nach England verorten, sie könnte aber auch alpenländisch sein. Im Ganzen ist die Rolle etwas „clumsy“ konstruiert, wirklich gut kurbeln lässt sie sich nicht, alles eiert, der Griff dreht bei Belastung durch, auch arbeitet der Klicker nicht zuverlässig. Trotz der dicken Streben ist das alles in allem eine wackelige Angelegenheit. Auf der Front wurde sogar ein Schraubenloch (ganz unten) falsch angekörnt… Eine feine Linie wurde mit einem Anreißzirkel gezogen (sie ist auf der Frontplatte noch gut zu erkennen), damit die Schraubenlöcher an der richtigen Stelle sitzen. Trotz all dieser kleinen Makel ist sie aber wirklich hübsch und außergewöhnlich! Ein Prunkstück für meine Sammlung uralter Messingrollen!

Hinweise zum Hersteller bitte an thomas.kalweit@paulparey.de

Die Schrauben sind noch handgefeilt und die Kurbel sitzt auf einer langen Achse.
Kleines Detail: Die Kurbel ist mit drei Kreuzen verziert.
Der Knauf besteht aus scharzem Tropenholz.
Messingrolle
Auf der Rückwand gibt es einen seltsamen Schieber, mit dem der Klicker eingeschaltet werden kann.
Der angelötete und mit nur einer Niete gesicherte Fuß war ursprünglich einmal viel länger, links wurde er gekürzt und schmaler gefeilt.
Die Baluster-Streben laufen an den Enden konisch zu.
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