Hätten Sie gedacht, dass es den praktischen Swimfeeder schon seit 333 Jahren gibt? Von THOMAS KALWEIT
Wir benutzten eine kleine Dose, in die wir mit einem Handbohrer Löcher gebohrt hatten. Darin füllten wir einige Würmer, als Beschwerung fügten wir einen Stein hinzu. Um nicht zu ertrinken, verlassen die Würmer die Dose und krabbeln durch die Löcher. So lassen sich alle Fische in der Nachbarschaft an den Platz locken – uns ist der Fang sicher, den Würmern der Tod“, so beschreibt William Hughes 1842 in seinem Buch „The Practical Angler“ seine ersten Gehversuche mit dem Futterkörbchen. Mit seinem Cousin experimentierte er bereits 1815 mit der zielgenauen Anfütterhilfe. Aber Hughes kann sich nur die Wiederentdeckung des „Swimfeeders“ (auf deutsch: Angelplatzfütterer) ins Stammbuch schreiben… Die allererste Erwähnung über eine Art Futterkorb finden wir in „The Gentlemen’s Recreation“ von Nicholas Cox. Schon 1674 erklärt er die revolutionäre Methode: „Wenn Du im Fluss anfüttern willst, besorge Dir einige Blechdosen, in die viele Löcher gebohrt wurden. Nur so große Löcher, dass gerade ein Wurm hindurchschlüpfen kann. Dann fülle diese Dosen mit solchen und befestige ein Gewicht, um sie zum Sinken zu bringen. Werfe sie mit einem Seil daran in den Fluss, so dass Du sie wieder einholen kannst. Durch die besagten kleinen Löcher kriechen gemächlich die Würmer, und die Fische werden sich daran vergreifen.“ Offensichtlich hatte der gute William Hughes beim Klassiker Cox abgeschrieben.
Die rustikal-deutsche Version des „Futterkörbchen“ beschreibt Baron von Ehrenkreuz Mitte des 19. Jahrhunderts: „Man kocht in einem Topfe Erbsen bis zum Zerplatzen und binde hierauf, ohne Brühe von den Erbsen abzugießen, den Topf mit einem Stück alten Trommelfell fest zu. In das Fell werden mit einer Packnadel hin und wieder so große Löcher gestochen, dass durch solche wohl die Erbsen gesehen werden, sie aber durch dieselben nicht durchschlüpfen können. Ist das geschehen, so versenkt man den Topf in die Grundköderungstiefe so, dass dessen Öffnung mit dem Strome zu liegen kommt. Der Ausfluss aus dem Topfe lockt aus weiter Ferne die Fische zu dem Topfe selbst.“ Auch der deutsche Anglerpapst Dr. Karl Heintz berichtet zu Beginn des 20. Jahrhunderts über vergleichbare Anfütterhilfen. So erläutert er in seinem Werk „Der Angelsport im Süßwasser“ einen mit Steinen beschwerten und mit Futter gefüllten Netzbeutel. Besonders interessant ist aber eine durchlöcherte Blechkanne, die sich, am Grund angekommen, automatisch öffnet. Vergleichbar mit dem heutigen Baitdropper der Engländer.
Nach Heintz waren die Holländer damals besonders kreativ – sie füllten lebende Insekten in Glasflaschen, welche dann zum Anlocken von Fischen am Angelplatz versenkt wurden. Einen ähnlichen Kniff kennen ältere Welsangler: die zirpende Maulwurfsgrille im verkorkten Reagenzglas. Ihr verzweifelter Sterbegesang soll neugierige Waller an den Köder locken.
Erster Futterkorb
Zweifellos kneteten Angler schon seit Urzeiten Futterbrei um Köder oder Bleigewicht, um die Lockspeise punktgenau der hungrigen Beute präsentieren zu können. Doch die ersten Futterkörbchen, die unmittelbar in Hakennähe an die Hauptschnur montiert wurden, kamen wohl erst nach dem zweiten Weltkrieg auf. Die Quellenlage ist uneinheitlich: Angeblich sollen zwei Gentlemen der London Anglers Association (LAA) 1948 das erste geschlossene Futterkörbchen in den Handel gebracht haben – ein durchlöchertes Zellophan-Röhrchen, beschwert mit einem Streifen Blei. Dieser Swimfeeder wurde aufliegend an der unberingten Stipprute mit einer Pose als Bissanzeiger gefischt. Mitglieder der LAA montierten zur gleichen Zeit auch beidseitig geschlossene, mit Futterbrei gefüllte Lockenwickler an ihre Grundmontagen und fischten damit in der Themse.
Perfektioniert wurde die Feeder-Fischerei in den 50er und 60er Jahren von Bob Church und Benny Ashurst. Der Gerätehersteller Church aus Northhampton machte eine im Grunde einfache Entdeckung: Er entwickelte das an beiden Seiten geöffnete Futterkörbchen und erzielte damit traumhafte Ergebnisse. Nach dem Einwurf entleerte sich das Körbchen explosionsartig. Church lockte so Massen von Fischen zielgenau an seinen Futterplatz – mit 100 Pfund Schleien an nur einem Angeltag sorgte er damals für Furore.
Der berühmte Matchangler Benny Ashurst machte das Körbchen unter den Wettfischern populär. Am Fluss Trent wurde jahrelang fast nur noch damit gefischt. Der Vater des späteren Stipp-Weltmeisters Kevin Ashurst feierte mit der Erfindung von Nicholas Cox Aufsehen erregende Erfolge. Bis heute ist das Futterkörbchen aus der Gerätebox des erfolgreichen Friedfischanglers nicht mehr wegzudenken – ein kleines, unschlagbares Angelgerät mit 333-jähriger Geschichte.
Im April-Heft 2007 stellt Ihnen Thomas Kalweit die Erfinder des Leuchtschwimmers vor.
Fotos: Thomas Kalweit