Sicher ist es dem einen oder anderen schon einmal aufgefallen, dass die Nachkriegsrollen Silent und Atlantis einander extrem ähnlich sind.
Die Silent (englisch „silent“ = geräuscharm, leise) wurde in der frühen Nachkriegszeit von der Firma Graf Hagenburg in Sonthofen im Allgäu hergestellt. Graf Hagenburg war im 3. Reich ein bekannter Kunstflieger und Autorennfahrer, zudem ein Pionier im Flugzeugbau und in der Glasfaser-Technologie. Er entwickelte sogar zusammen mit Felix Wankel den bekannten Kreiskolbenmotor. Seine 1942 gegründete Zulieferfirma für die Flugzeugindustrie experimentierte aber vor allem mit dem Werkstoff Glasfaser, 1948 wurde daraus die Hagenburg Fiberglas KG, die Deutschlands erste Glasfaserruten baute, aber auch Boote und Gewächshäuser. Die Silent-Angelrolle wurde in der Endphase ihrer Produktion mit dem Zusatz „Spin-Flyte“ versehen, was „Flyte“ bedeuten soll, ist fraglich. Dieses Wort gibt es eigentlich nur im Norwegischen und bedeutet dort „Schwimmer“.
Die „Silent“ wurde nur wenige Jahre von Hagenburg hergestellt. Im Rutenbau kooperierte die im Angelbereich unerfahrene Firma schnell mit Sportex, die den Vertrieb übernommen hatten. Die Silent-Rolle wurde von Plate Bonn vertrieben, auch in den USA (siehe Aufschrift US-Karton). Mitte der 1950er Jahre wurde die „Silent“ dann von der „Plate Atlantis“ abgelöst, die äußerlich sehr ähnlich ist.
Die „Silent“ besitz eine sehr komplizierte Rücklaufsperre, die durch Herausziehen der Kurbelachse ein- und ausgeschaltet werden kann. Offenbar gab es auch ein unlackiertes Modell mit Finger-Pickup. Pickup-Umbauten waren damals nötig, wenn weit geworfen werden musste, etwa beim Brandungsangeln oder Casting. Die Rollen waren damals so leichtgängig, die Kurbeln so schwer, dass es bei heftigen Würfen immer wieder zum Umschlagen des Bügels kam, was einen kompletten Abriss der Montage zur Folge hatte. Das sollte der Finger-Pickup verhindern.
Wer weiß mehr über die „Silent“? Infos an thomas.kalweit@paulparey.de