Er ist ein abwechslungsreiches Angelrevier, der Elbe-Lübeck-Kanal. Äußerst interessant zum Beispiel sind die Bereiche vor Brücken und Schleusen. Hier gehören Schneidertage zu den Seltenheiten. |
Wer mit Kunstködern oder toten Köderfischen den Räubern nachstellt, wird in erster Linie Zander erbeuten. Aber auch so schöne Hechte wie auf dem Foto kommen vor und lassen sich hin und wieder überlisten. |
Beim Stichwort „Kanalangeln“ denken viele Petrijünger an Betonböschungen und ungastliche, schnurgerade Ufer. Der Elbe-Lübeck-Kanal unterscheidet sich angenehm von diesem Klischee: Ein Naturrefugium der Sonderklasse, und Angler haben auf beiden Seiten des Gewässers jeweils 60 Kilometer Platz, ihrem Hobby zu frönen.
By Dieter Roth
Mein alter Angelfreund Heinz und ich waren wieder einmal auf Tour. Unser Ziel: der Elbe-Lübeck-Kanal. Schlappe zwölf Mark kostete die Gastkarte für 14 Tage. Nicht zuviel für ein Gewässer, in dem es außer der breiten Weißfischpalette stattliche Karpfen in Gewichten von weit mehr als 20 Pfund, schöne, zum Teil zweistellige Zander, armdicke Aale, natürlich Barsche und auch den einen oder anderen Hecht gibt.
Es war Mai, und wir wollten es auf Karpfen versuchen. Südlich von Mölln schlugen wir uns „in die Büsche“ und bauten das Gerät am Schilfufer zusammen. Die Luft war geschwängert vom Waldmeisterduft, das Wiesenschaumkraut begann gerade zu blühen, und der Kuckuck rief durch den Erlenbrook. Teichrohrsänger und Nachtigall sollten wir noch hören, Weißstörche, Stock- und Schellenten beobachten. „Hier ist die Natur in Ordnung“, meinte Heinz beeindruckt, denn er war zum ersten Mal an „meinem“ Kanal.
Schnell waren die Köder sowie ein paar Hände voll Mais ausgebracht, und wir harrten der Dinge, die da kommen sollten. Kaum hatte sich das Wasser nach dem Einwerfen beruhigt, zog meine Pose auch schon ab. Ich schlug an. Rotauge. Minuten später hatte auch Heinz einen Fisch gehakt, einen mittleren Schuppenkarpfen. Der nächste Fisch an meiner Rute war ein „Klodeckel“ von Brassen…
Der Elbe-Lübeck-Kanal verbindet die Elbe bei Lauenburg mit der Trave bei Lübeck. Dabei schlängelt er sich durch eine abwechslungsreiche Wiesen- und Waldlandschaft, vorbei an der Eulenspiegelstadt Mölln, bis schließlich die Hansestadt Lübeck und damit das Tor zur Ostsee erreicht ist.
Ruhe und Beschaulichkeit
Bereits im Jahre 1900 wurde dieser Kanal erbaut und stellte früher eine wichtige Verkehrsverbindung für Schiffe zwischen der Elbe und der Ostsee dar. Heute ist die Bedeutung für die Binnenschifffahrt stark zurückgegangen denn die immer größer werdenden Pötte passen nicht mehr in die uralten und schmalen Schleusenanlagen.
Mit seinen 65 Metern Breite und zirka 180 Meter Tiefe wird dieser Methusalem unter den Kanälen heute hauptsächlich von Sportbooten befahren. Und das kommt eindeutig uns Petrijüngern zugute. Kein ständiges Einholen des Angelgeschirrs weil nahe am Ufer entlangfahrende Schiffe die Schnüre zu „rasieren“ drohen und kaum Motorenlärm von größeren Schiffen. Nur ab und zu einmal Segelboote und Motoryachten sowie freundlich winkende Wassersportler die in Kanus oder Wanderkajaks den Kanal befahren. Ja hier kann man noch idyllische Angelplätze finden hier können stressgeplagte Angler ihre Seele baumeln lassen.
Natürlich fängt man auch im Elbe-Lübeck-Kanal nicht pausenlos aber an guten Tagen können die erlaubten drei Ruten eindeutig zuviel sein. Man kann sie während der Fress-Phasen der Schuppenträger einfach nicht mehr bedienen. Der Weißfischbestand ist wirklich sehr gut und wer Freude am Rotaugen- und Brassenfang hat kommt hier ganz sicher auf seine Kosten.
Auf eine Besonderheit muß ich an dieser Stelle hinweisen die vor allem ortsunkundige Posenangler manchmal irritiert: Wenn ein paar Kilometer von Ihrem Angelplatz entfernt eine Schleuse geöffnet wird kann das die Posen zum Wandern bringen. Also nicht sofort anschlagen sondern das Abziehen des Schwimmers genau beobachten. Es muß nicht immer ein Biss sein…
Aale über vier Pfund
Aale gelangen sowohl durch die Elbe als auch von der Ostsee kommend in den Kanal. Pfündige Schlängler sind normal und auch Zweipfünder bringen hier kaum jemanden aus der Ruhe. Erst wenn die Schlängler vier Pfund und mehr wiegen sorgt das für Gesprächsstoff.
Die Aale werden auf zwei verschiedene Arten gefangen. Bei Methode I steckt man einen aalverdächtigen Uferabschnitt mit seinen Ruten ab und macht es sich im Angelstuhl gemütlich. Irgendwann – und sehr oft auch bei prallem Sonnenschein – beißt ein Aal. Dabei gibt es einen Zusammenhang zwischen den Bissen und vorbeifahrenden Schiffen. Der Sog wirbelt Nahrung auf die Aale kommen aus ihren Verstecken und beginnen zu fressen. Immer wenn ein Schiff vorbeikommt herrscht also höchste „Alarmstufe“. Gute Aalköder sind Mistwürmer und dicke Tauwürmer. Der absolute Köder-Hit jedoch sind Kaulbarsche!
Aalfangmethode II erfordert vom Angler mehr Bewegung und ist aus meiner Sicht erfolgreicher. Dazu werfen Sie Ihre drei Köder aus warten etwa eine Viertelstunde oder das nächste vorbeifahrende Schiff ab um dann eine der äußeren Ruten über die beiden anderen zu verlegen. Auf diese Weise arbeiten Sie sich langsam vorwärts. So findet man immer neue Aalgründe.
Beim Zanderangeln wandere ich mit der Spinnrute den Kanal entlang. Das macht mir viel mehr Spaß als irgendwo einen toten Köderfisch zu versenken. Außerdem glaube ich mit dieser Methode erfolgreicher zu sein. Man findet einfach mehr Standplätze der Zander und kann eine viel größere Gewässerstrecke abblinkern. Weite Schilfsäume Pfahlreihen und Duckdalben die vor den Schleusen stehen sind absolute Top-Stellen für Zander die man unbedingt „beharken“ sollte. Da der Hechtbestand eindeutig schlechter ist als das Zandervorkommen wird man am Ende eines Angeltages wahrscheinlich weit mehr Kammschupper gefangen haben als Hechte. Aber das ist ja kein Nachteil.
Interessante Angelreviere
Der Elbe-Lübeck-Kanal ist ein abwechslungsreiches Angelrevier. Gut zugängliche Böschungen und verschwiegene Plätze wechseln einander ab. Schilfgesäumte Ufer sind ebenso anzutreffen wie gemauerte Bereiche an den Schleusen. Immer Top für einen guten Karpfen sind die Wendestellen für die Schifffahrt in denen sogar Seerosen zu finden sind. Ebenfalls einen Versuch wert sind die Entwässerungskanäle die in den Kanal münden. Im klaren Wiesenwasser sieht man die Fischbrut spielen und im trüben Kanalwasser lauern Barsch Hecht und Zander. Hier hat das Rotauge am System der Blinker oder Wobbler schon so manchen guten Raubfisch betört.
Obwohl trübe ist das Kanalwasser absolut in Ordnung mit einem pH-Wert von 68 sogar nahezu neutral. Da es entlang des Kanals keine chemische Industrie oder andere Fabriken gibt die ihre Abwässer einleiten sind alle gefangenen Fische bedenkenlos zu verzehren.
Für mich ist der Elbe-Lübeck-Kanal ein traumhaftes fischreiches Kleinod und wer die relativ flache Wiesenlandschaft Schleswig-Holsteins mag wird hier herrliche Angeltage verleben.
Informationen
Gastkarten zum Angeln im Elbe-Lübeck-Kanal kosten für 14 Tage 12,- DM. Erhältlich sind sie zum Beispiel beim Landessportfischerverband Schleswig-Holstein Papenkamp 52 24114 Kiel Tel. 0431/676818 Fax 0431/676810 der außerdem Auskünfte aller Art erteilt.
Weitere Ausgabestellen: Fritz Brembach Hamburger Str. 1 23843 Bad Oldesloe Tel. 04531/2889; ASV Trave Hüxterdamm 2 23552 Lübeck Tel. 0451/76742; SAV Lauenburg Palmschleuse 21481 Lauenburg Tel. 04153/2974; ASV Büchen Pommernweg 21514 Büchen Tel. 04155/3965; Zoohaus Habeck Herrenstr. 5-7 23909 Ratzeburg Tel. 04541/3771; Angelshop Cleophas Mühlenstr. 66 23552 Lübeck Tel. 0451/76502; Schulz-Angelgeräte Große Str. 14 22926 Ahrensburg Tel. 04102/81618; Angelsorium Hansering 16a 23558 Lübeck Tel. 0451/865666.
Bedingungen: Das Angeln im Elbe-Lübeck-Kanal ist mit maximal drei Handangeln gestattet. Pro Tag dürfen nicht mehr als zwei maßige Hechte oder Zander sowie höchstens drei Karpfen entnommen werden. Die Schonzeit für Hechte und Zander beginnt am 1.1. und endet am 30.4. Mindestmaße: Hecht 50 Zander und Karpfen 40 Aal 35 Zentimeter. Gastangler finden problemlos preiswerte Unterkünfte in verschiedenen Gasthöfen und Pensionen. Das Angeln ist selbst an entlegenen Stellen des Kanals möglich weil es auf fast ganzer Strecke Wald- Wander- und Radfahrwege gibt.
Stand 1998
Foto: Verfasser