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Jan Eggers erzählt, Teil 13

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Jan Eggers mit einem seiner vielen kanadischen Meterhechte. Bilder: Jan Eggers

100 Meterhechte in nur einer Woche! Das ist eine Geschichte, die nur Hechtpapst Jan Eggers erlebt haben kann.

Reaktionen, Trubel und nun endlich wieder kreativ

Als diese Wörter auf meinem Bildschirm erscheinen, realisiere ich, dass es inzwischen schon fünf Monate her ist, als ich einen sehr speziellen Beitrag für diese Serie geschrieben habe. Das war ein ganz besonderer Artikel, in dem ich den Großteil meiner Angelgeräte den Lesern angeboten habe. Damals konnte ich nicht ahnen, dass mehr als 80 FISCH & FANG-Leser darauf reagieren werden und viele meiner Angelgeräte daraufhin den Weg Richtung Deutschland angetreten haben. Ehrlich gesagt, gab es einiges an Rummel, durch das Beantworten von Mails und Telefonaten, dem Zusammenstellen von Paketen und dem Empfangen von Lesern aus allen Teilen Deutschlands. In den Sommermonaten ging das noch, aber jetzt, Mitte November 2020, sind die Grenzen Richtung Niederlande dicht. Die acht Leser, die noch bei mir vorbeischauen wollten, müssen jetzt auf bessere Corona-Zeiten warten.

Am ersten Abend in der Little Churchill Lodge ging die Sonne besonders beeindruckend unter.

Durch alle Einschränkungen, die das Corona-Virus verursacht, in Kombination mit meinen eigenen Parkinson-Problemen, bin ich nun zu 99 Prozent ans Haus gebunden. Da kommt einem das Verlangen, kreativ tätig zu werden. Zuerst habe ich versucht, mein Foto-Archiv, vor allem die Tausende von Großhechte, in Ordnung zu bringen, aber nach einer Woche konnte ich keine kapitalen Hechte mehr sehen. Dieses Projekt werde ich später wieder in Angriff nehmen.

Ich bemerkte auch, dass ich immer mehr Probleme mit dem Tippen von E-Mails hatte. Mein Neurologe und auch mein Ergotherapeut, sie helfen mir vor allem bei praktischen Sachen, rieten mir, an der Tastatur weiter zu üben. Damit habe ich dann diese Woche begonnen und das gibt mir ein zufriedenes Gefühl! Nicht nur meine Finger werden jetzt mehr gefordert, auch mein Gehirn wird beim Nachdenken über den Text und beim Erinnern an frühere Zeiten trainiert. In diesem und hoffentlich noch vielen weiteren Teilen will ich schöne Erlebnisse vorstellen, von den vielen Reisen, die ich in den Norden Kanadas machen durfte, vor allem an den Großen Sklavensee und den Taltson River.

Raubfisch-Spezi Bill Tenney hat Jan Eggers mit dem "kanadischen Hecht-Virus" infiziert.

Schritt für Schritt zum jährlichen Kanada-Trip

Meine ganze Kanada-Vergangenheit habe ich einem Brief zu verdanken, den ich Ende 1984 vom amerikanischen Hecht-Spezi William “Bill” L. Tenney erhielt. Bill hatte meinen Artikel über die größten Hechte Europas in “The In-Fisherman” gelesen und bat mich um Hilfe bei der Organisation einer Hechtreise nach Schweden. Der Trip in die Scherengärten  bei Trosa wurde ein Erfolg. Bill fing endlich einen 30-Pfund-Hecht! Viele Briefe, Telefonate und Faxe gingen hin und her zwischen Crystal Bay bei Minneapolis und Bovenkarspel und ich erfuhr so einiges über Hecht-Lodges in Kanada.

Bill machte pro Jahr minimal fünf Hechttouren zu Lodges im Norden von Kanada. Wenn ich über so einen Trip in europäischen Angelzeitschriften schreiben würde, könnte so eine Reise durch den Preisnachlass erschwinglich werden. Nach einem Besuch auf der AFTMA-Messe, ich glaube in Dallas, ging es in die Redaktion des “In-Fisherman” in Brainerd, Minnesota. Bill wollte mich am Flughafen von Minneapolis einsammeln und das klappte auch. Er erzählte mir, dass mein Flug nach Brainerd annulliert wurde, bei ihm daheim verriet er mir auch warum. Er gab mir Flugtickets und einen Gutschein für eine Woche Hechtangeln in der Little Churchill Lodge. Noch am gleichen Abend habe ich Angelzeug eingepackt, vor allem Kunstköder und starke Baitcaster-Ruten. Schon am Folgeabend ging mein erster kanadischer Hecht auf einen 30g Dardevle-Blinker.

Es wurde bis in die Dunkelheit hinein gefischt und schnell fing Jan seinen ersten kanadischen "Meter".

Auf dieser Reise lernte ich viel von Bill, von unseren indianischen Guides und durch meine eigenen Fehler. Seit diesem ersten Trip bin ich vom kanadischen Northern-Pike-Virus befallen, der zum Glück nicht so lebensbedrohlich wie der Corona-Virus ist. Durch Freunde und Angelkumpel Bill erhielt ich nun Einladungen, um einige andere Lodges zu besuchen, ich möchte nur einige nennen: Brabant Lodge am Mackenzie River; Nueltin Lodge mit Superguide Napoleon; North of Sixties Lodge, wo sich unser Wasserflugzeug verflogen hatte und das Benzin ausging, und die Silsby Lodge, wo wir mit Oberflächenködern viel Spaß hatten. Ich fand auch noch Fotos von Reisen in die Gebiete Wholdaia, Lake Athabasca, Dubawnt und von einem Winter-Trip zum Whitesell Lake bei Winnipeg.

Mit diesem Wasserflugzeug ging es zur Silsby Lodge.

Hechte als Hundefutter

Neben vielen schönen Hechten fingen Bill, unsere Angelkumpel und auch meine Wenigkeit viele schöne Hechte, Amerikanische Seesaiblinge (“lake trout”), Walleyes und Arktische Saiblinge über der 50-cm-Marke. Von den eben genannten Lodges war Nueltin mein Favorit, weil wir dort deutlich größere Hechte fingen, Angelguide Napoleon uns immer an neue Stellen brachte und man dort zudem auf Catch & Release setzte. Ende der 1980er Jahre bekam Bill von einem Trapper den Tipp für dieses Gebiet. Er hatte dort mit Netzen viele große Hechte als Futter für seine Schlittenhunde gefangen.

Vor dieser Landspitze auf Hook Island biss in endloser Folge ein Hecht nach dem anderen.
Jans Frau Tine mit Angelguide Napoleon und ihrem größten Namaycush-Saibling ("Lake trout").

Wo der Taltson River in den Großen Sklavensee strömt

Mit einige Mühe konnte Bill den Trapper Ray Beck kontaktieren, der im Dörfchen Fort Resolution wohnte, weit weg von der bewohnten Welt. Übers Telefon wurde eine Absprache getroffen und Bill flog zuerst nach Hay River. Von dort aus ging es 12 Stunden lang mit dem Truck nach Fort Resolution, wo Ray, seine Frau Doris und die Söhne Arthur, Eric und Raymond ihn schon erwarteten. Am folgenden Tag wurde Rays kleines Boot mit Proviant vollgeladen, dazu ein Zelt für Bill und noch zehn Schlittenhunde… Die Überfahrt nach Hook Island in der offenen Holz-Kabine dauerte 14 Stunden, zum Glück bei schönem Herbstwetter. Die Fänge waren außerordentlich, vom Ufer aus und auch vom Boot. Noch nie fing mein amerikanischer Hechtfreund so viele Meterhechte an nur einem Tag. Er sah die ungekannten Möglichkeiten, um dort eine moderne Lodge aufzubauen und begann mit Ray und seiner Familie darüber zu diskutieren. Mit dem Resultat, dass schon neun Monate später die erste Gruppe aus sechs fanatischen Hechtangler das zu dieser Zeit noch sehr primitive Camp besuchten und sich die Sterne aus dem Himmel fischten. Beinahe jeder Wurf war ein Treffer und die Guides hatten mit Landen und Abhaken richtig Arbeit.

Dieser besonders verfressene Hecht nahm gleichzeitig Bills und Jans Blinker.

In einem eigenen Kapitel werde ich später darauf zurückkommen, wie wichtig ein guter Guide ist und auch darüber berichten, wie ich mit verschiedenen Angelführern tolle Angeltage in Kanada erlebt habe. Ich traf Bill und die Angelkumpel John Barzen, Mike Ellis, Jim Sowers und Steve Dusek in einem Hotel in Edmonton, an diesem Abend hörte ich viele Hechtgeschichten. Nicht weiter verwunderlich, denn meine neuen Angelkollegen hatten zusammen etwa 250 Jahre Angelerfahrungen in Kanada, ich war mit meinen 45 Jahren damals der Jüngste.

Bill Tenney mit einer großen Arktischen Äsche mit beeindruckender "Fahne" vor der Brabant Lodge.

Massenfänge an jeder Stelle

Zuerst ging es per Linienflug nach Hay River, dann mit dem Wasserflugzeug zu Rays Camp auf Hook Island. Leider konnten wir wegen dichtem Nebel nicht starten, deshalb blieben wir noch 24 Stunden in einem kleinen Hotel in Hay River. Das Warten hat sich aber mehr als gelohnt. Die ersten großen Hechte, die wir sahen, waren tote Exemplare, die rund um Rays hölzerne Kabine, Küche, Schlafzimmer und Büro verteilt lagen. Sie dienten als Futter für die Huskys. Nachdem wir unsere kleinen Zelte mit vielen Mäuselöchern in der Plane aufgebaut hatten, konnten wir endlich die Angelgeräte auspacken. Schon beim zweiten Wurf hakte ich einen Hecht, der knapp die magische Metermarke verpasste. Wir fingen und verloren viele schöne Hechte, sie schienen geradezu auf unsere Blinker zu warten. Die größten Exemplare gingen Richtung 120 cm und Steve Dusek fing den schwersten Hecht mit 25lbs. Die ersten beiden Tage fischten wir vom Ufer. Man konnte den ganzen Tag auf der gleichen Stelle stehen bleiben und dort immer weiter fangen, unglaublich.

Die Wasserfälle mit Pelikanen und Whitefish-Aufstieg, aus dem Wasserflugzeug aufgenommen.

Der Große Sklavensee hat eine Fläche, die mit den ganzen Niederlanden vergleichbar ist. Im Frühling, in Kanada ist das im Juni, ziehen enorme Schwärme “Whitefish”, eine Coregonen-Art, aus dem See in den Taltson River, um im Oberlauf zu laichen. Die Hechte folgen ihrer Beute. Wir fingen sogar einige Hechte, denen ein Whitefish-Schwanz noch aus dem Maul schaute. Ray und seine Söhne gefiel das ständige Abhaken der Hechte nicht so gut, sie fuhren viel lieber mit dem Boot, und das möglichst schnell. Beschlossen wurde deshalb, mit den drei Booten den Fluss hinauf zu fahren, bis wir wegen der Wasserfälle und Felsen nicht mehr weiter konnten.

Zwischen den Wasserpflanzen des Rat Rivers standen massenweise gute Hechte.

Pelikane, Biber, Adler, Bären, Elche – und noch mehr Großhechte

Der allererste Bootstrip von Hook Island zu den Wasserfällen des Taltson River mit ihren vielen Pelikanen hat enormen Eindruck auf mich gemacht. Man begreift dann, wie klein, dicht bevölkert und voller ungesunder Sachen die Niederlande und der Rest von Europa sind. Ray Beck zeigte uns einen Biberdamm im Nebenfluss Rat River und am Ufer des Zuflusses Snuff Channel stand ein Elch, der saftig grüne Pflanzen fraß. Ray konnte nicht schnell genug sein Gewehr greifen. Der Elch hatte Glück und verschwand schnell zwischen Bäumen und Sträuchern. Direkt bei den großen Wasserfällen hatten Ray und seine Söhne zwei ziemlich große Blockhütten gebaut. Hier verwahrten sie die Häute von verschiedenen Tieren, die sie mit Fallen und Schlingen gefangen hatten. Wir konnten dort übernachten. Weil es in der Gegend im Juni nachts fast nicht dunkel wird, konnten wir bis Mitternacht vom Ufer aus fischen und dabei prima fangen. Es gab dort zwei Nester des Weißkopfseeadlers. Wie auch die Pelikane fingen sie Coregonen, die versuchten, den Wasserfall gegen die Strömung hinauf zu schwimmen. Interessant war auch, dass wir vor allem an den Stellen, an denen das Wasser mit größter Gewalt über die Felsen strömte, die größten Hechte fingen. Ich erwischte während der 4,5 Tage, die wir auf dem Fluss und vom Ufer auf Hook Island fischten, insgesamt 66 Meterhechte. Alle Angler waren sich einig: Das ist das beste Gewässer für große Hechte und alle wollten auf jeden Fall wieder zurückkommen.

"Shore Lunch" mit frischem Hechtfilet, Zwiebeln, Kartoffeln und Baked Beans aus der Dose.

Bessere Unterkunft und dadurch mehr Gäste

Während des ersten Trips zum Taltson River haben Bill und ich viele Gespräche mit Ray, Eric und vor allem Arthur geführt. Es ging dabei um den Aufbau einer professionelleren Lodge für Hechtangler, die vor allem an großen Fischen interessiert waren. Beschlossen wurde, einige neue Blockhütten und eine neue Küche auf Hook Island zu bauen. Bei den Wasserfällen mit den Pelikanen sollten dann einige große Zelte aufgebaut werden. Rays Frau Doris wollte fürs Catering sorgen, sie machte trotz der beschränkten Möglichkeiten leckere Mahlzeiten. Die Boote und Außenborder wurden erneuert, auch wurden gute Schlafsäcke für acht Gäste angeschafft. Ich selbst sollte für die Werbung in allerlei Angelzeitschriften sorgen und schnell gab es eine Warteliste mit Anglern aus Deutschland, Italien, Frankreich, den USA und den Niederlanden.

Wir hatten abgesprochen, dass die Gruppe Tenney/Eggers in jedem Jahr die erste Reisegruppe der neuen Saison werden sollte und dass Ray Beck dann unser fester Guide war. Jedes Jahr flog ich rund um die erste Juniwoche zu Bill nach Minneapolis und von dort nach Edmonton, wo wir im Nisku Inn die übrigen Teilnehmer trafen. Ich war inzwischen zum Reiseleiter ernannt worden und habe viele praktische Erfahrungen dabei gemacht. Im Sommer 1993 starb mein bester Angelkumpel Bill Tenney leider mit 78 Jahren an einem Herzinfarkt beim Angeln auf dem Baikal-See in Russland.

Im nächsten Teil werde ich mehr über die Angelmethoden erzählen und von den Reaktionen einiger Gäste. Nur noch etwas Geduld.

Jan Eggers

Jan Eggers erzählt, Teil 12…

Einer der letzten Hechte, den Jan zusammen mit Bill in Kanada fing.
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