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Jan Eggers erzählt, Teil 12

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Jan Eggers liebt vor allem Fische mit Zähnen, ganz besonders haben es ihm die Hechte in Nordhollands Poldern angetan. Bilder: Jan Eggers

Auch diesmal berichtet der Hechtpapst über Fische und Angeltage, die er nie vergessen wird.

Am Ende des 11. Teils habe ich erklärt, warum dessen Inhalt etwas anders geworden ist, als ursprünglich geplant war. In diesem Teil möchte ich das wieder in Ordnung bringen. Ich habe den Zettel mit nur schwer lesebaren Notizen über besondere Fische, die ich in diesem Teil behandeln möchte, zum Glück wieder gefunden. Meine Reise entlang der “memory lane” kann beginnen. Ich mache mich ohne System an die Arbeit, Zeiträume, Fischarten, Länder und Angelmethoden werden bunt gemischt. Auf diese Art hoffe ich vor allem die Freude, die ich mehr als 70 Jahre an der Angelei hatte, dem Leser zu vermitteln. Viel Spaß beim Lesen und vor allem auch beim Anschauen der Bilder.

Schleien in der Hauptrolle

Ich ärgere mich jedes Mal darüber, dass ich aus den ersten 25-30 Jahren meines Lebens nur sehr wenige Fotos besitze, mit schönen Fischen, die ich damals gefangen habe. Zum Glück gibt es hier auch eine Ausnahme von der Regel. Als ich 1964 von meinen 22 Monaten Militärdienst ins bürgerliche Leben zurückkam, lernte ich eine hübsche Freundin mit dem Namen Ans kennen. Der Bauernhof ihres Vaters grenzte an das Fort Marken-Binnen mit seinem fischreichen Befestigungsgraben, an dem ich nun fischen durfte. Auf Wurm fing ich dort dicke Aale, feiste Barsche, schöne Rotfedern und zwischen den grünen Wasserpflanzen auch goldgelbe Schleien.

Kapitale Tinca aus einem Festungsgraben. Bis heute die größe Schleie, die Jan jemals fangen konnte.

In dem glasklaren Wasser sah ich die Schleien durch Krautlücken schwimmen. Die Kunst war es, den Köder genau an so einem offenen Platz anzubieten. Das klappte ganz gut und meine Freundin fand Spaß daran, Fotos von mir und meinen Fängen zu machen. Auf einem dieser Fotos vom Juni 1964 bin ich abgebildet mit sechs 30cm+ Barschen und einer Schleie von 58 cm, die sieben Pfund wog. Auf diesem Bild ist auch meine Eigenbau-Conolon-Hohlglasrute mit einer Abu 505-Rolle zu sehen und das macht diese Schleie ganz besonders interessant. Die Artikel in den Abu-Katalogen und meine Korrespondenz mit Ingegerd Borgström, ihr Onkel Göte war damals der große Boss von Abu, führten dazu, dass ich diese Schleie für einen goldenen Abu-Anstecker für meine Kappe bei den Schweden einreichte. Ich erhielt die goldene Abu-Nadel mit Urkunde. Deshalb vergesse ich diese Schleie, die auch wirklich kapital war, nie mehr.

Hechte fressen doch Schleien! Dieser Esox nahm eine versehentlich gehakte Tinca in einem dunklen Düker.

Wie große die weitere Schleie war, die jetzt folgt, kann ich nicht wissen, denn ich habe sie nie gefangen. Bevor ich mehr zu den beiden Fotos von dieser Begebenheit erzähle, muss ich mit einem Märchen aufräumen. Nach alten Erzählungen soll die Schleie der Arzt unter den Fischen sein. Kranke Fische sollen sich an der Schleimhaut der Schleie reiben und so wieder gesund werden. Deshalb sollen Hechte angeblich auch keine Schleien fressen. Man frisst doch seinen eigenen Hausarzt nicht auf!? Bei der Analyse der Köder, mit denen Großhechte auf Fred Bullers Liste gefangen wurden, entdeckte ich auch einige Schleien. Den richtigen Beweis, dass Hechte auch Schleien zwischen ihre Kiefer nehmen, erlebte ich im Herbst 1995. Ich fischte mit einem deutschen Gastangler im Drieban Graben bei Venhuizen und warf meinen Tandemspinner unter den Düker des Lakenmanwegs. Beim ersten Wurf fühlte ich einen zarten Anfasser, wohl ein kleiner Hecht oder schöner Barsch. Plötzlich bekam ich richtig viel Widerstand, es wurde sogar Schnur von der Rolle gezogen. Vorsichtig zog ich das Ganze nach oben und sah, was da los war: Ich hatte eine etwa 30 cm lange Schleie am Kopf gehakt und während des “Drills” wurde sie durch einen forschen Hecht gepackt. Ich reichte meine Rute dem Gastangler Karl. Packte meine Kamera und machte das besondere Foto, auf dem der Hecht mit seinem Kopf schüttelt und die Schleie so wieder frei kommt. Dieser Vorfall sollte noch eine Fortsetzung bekommen. Ich nahm an, dass der Hecht an dieser Stelle ziemlich standorttreu war. Drei Tage später fing ich den 110cm Esox mit einem Rapala Jointed 11 SFC.

Diesen 110cm-Hecht fing Jan ein paar Tage später im gleichen Düker.

Fische mit messerscharfen Zähnen

Wenn man mich fragen würde, in welchen Gegenden ich am liebsten meine Angelurlaube zubringen möchte, dann wäre die Antwort: in kühlen Gefilden. Seit ich bei Temperaturen von mehr als 40 Grad Celsius im Golf von Mexiko, im Binnenland von Surinam und im Deltagebiet des Mississippi gefischt habe, vor allem geschwitzt habe, bevorzuge ich lieber kühlere Angelgebiete. Es gibt aber trotzdem tropische Gegenden, an die ich gute Erinnerungen habe, weil ich dort sehr spezielle Fische fing.

Ich war bereits gewarnt durch die scharfen Zähne der Piranhas aus dem Amazonasgebiet von Brasilien. Vor den aus dem Unterkiefer herausragenden Zähnen des Cachorra hatte ich aber noch mehr Respekt. Was mich auch erstaunte, war die Kampflust dieser vergleichsweise kleinen Raubfische in dem doch sehr warmen Wasser. Das bemerkte ich vor allem im Okavango-Delta in Botswana beim Angeln auf Tigerfish. Von den ersten 15 Bissen konnte ich nur einen verwerten und das war dann auch noch ein kleines Exemplar. Gleich abends habe ich dann die Originaldrillinge der Kunstköder durch Gamakatsu “Treble 13” Drillinge ersetzt, die auch noch eine Größe größer waren als der Standard. Der Erfolg dieser Maßnahme war verblüffend, ich verlor fast keinen gehakten “Tiger” mehr und denke mit viel Vergnügen an diese tropischen Kämpfer mit ihren scharfen Zähnen zurück.

Mehr Zähne geht nicht! Ein schöner Cachorra oder Hundszahnsalmer aus Südamerika.
Dieser Tigerfish aus Afrika ist in guter Gesellschaft. Rechts Sirpa Glad-Staf von Rapala, links Jan Eggers' Frau Tine.

Eiskalte Spannung auf meterdickem Eis

Hechte lieben kaltes Wasser, deshalb sind sie auch im Winter gut zu fangen. Zum Ende des Winters sind die großen Hechtdamen prall gefüllt mit fast reifem Fischlaich. Sie suchen jetzt flachere Bereiche auf, die in der Nähe ihrer angestammten Laichgebiete liegen.

Al Lindner und Doug Stange von der amerikanischen Angelzeitschrift “The In-Fisherman” hatten lange Jahre den Plan, einen Film und einen Artikel über das Eisangeln auf große Hechte zu machen. Ende der 1980er Jahre fragten sie mich, ob ich an so einem Film mitarbeiten möchte. Meine Antwort war natürlich positiv. Zuerst ging es per Flugzeug nach Minneapolis und Brainerd, danach mit dem Minibus zum Whitesell Lake bei Winnipeg in Kanada. Hier wartete schon der örtliche Guide Ted Jowett auf uns, wir durften sogar mit den Autos aufs Eis fahren. Ted hatte schon über den bekannten Hotspots Löcher ins Eis gebohrt, dort sollten wir es mit “tip ups”, den üblichen Fähnchen-Bissanzeigern, und toten Köderfischen probieren. Von einer Kabine aus konnten wir die kleinen Flaggen beobachten, klappte eine nach oben, dann hatten wir Biss. Die Schnur wurde gestrafft, der Anhieb gesetzt und per Handleine der Hecht nach oben gezogen. Wir fingen so einige schöne Hechte, aber meiner Meinung nach war das keine wirklich spannende Angelei. Im Kofferraum lag noch ein Rütchen, um Barsche oder Forellen zu fangen. Schnell montierte ich ein Stahlvorfach mit Köderfisch an die 22er Mono, den Köder ließ ich in einem freien Eisloch absinken. Schon beim Absinken spürte ich, wie ein Hecht meinen Köderfisch packte und damit davonschwamm. Ich ließ ihm etwas Schnur, damit der den Köder schlucken konnte. An dem leichten Material kämpfte der Hecht ordentlich, zu allem Überfluss verfing er sich dann auch noch in einer benachbarten Tip-up-Schnur. Fragt mich nicht, wie ich es genau gemacht habe, aber schlussendlich kam der forsche Hecht mit dem Schwanz zuerst aus dem Loch. Das ganze Geschehen wurde auch noch gefilmt und trotz der Eiseskälte habe ich während des Drills keine Sekunde gefroren.

Mit dieser etwas zu leichten Barschpimpel hat Jan Eggers es in Kanada auf Hecht versucht.
Eiskalte Überraschnung. Schon im Absinken nahm der Hecht das tote Rotauge.

Lachs steht auf der Liste

Es gab einmal eine Zeit, da konnte in den niederländischen Flüssen wie Rhein, Maas und Ijssel auch auf Atlantischen Lachs gefischt werden, mit Netzen und auch mit der Handangel. Meinen allerersten Lachs fing ich mehr oder weniger aus Zufall in einem kleinen irischen Fluss, der durch das Städtchen Clifden in der Region Connemara fließt. Voller Stolz gab ich meinen Fang Graeme Allen vom Celtic Hotel, abends gab es dann frischen Lachs.

Ich fischte dort mit meiner leichten Zanderrute und Wurm als Köder auf Forellen, als ein junger Lachs, der frisch aus dem Meer aufgestiegen war, meinen Wurm packte und den Schwimmer runterzog. Dieser mehr oder weniger zufällige Lachsfang spielte sich Anfang der 1970er Jahre ab. Es sollte danach noch 25 Jahre dauern bis ich erneut Freund Salmo salar auf die Schuppen legen konnte. In den 25 Jahren ohne Lachs habe ich immer wieder probiert einen zu fangen, in Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark, Island, Irland und Schottland – ohne Erfolg. Meistens war ich zur verkehrten Zeit dort, der Wasserstand stimmte nicht, es gab keinen Lachsaufstieg… und noch weitere widrige Umstände. Doch dann erhielt ich die Einladung mit einem finnischen Filmteam von Rapala auf die russische Halbinsel Kola zu reisen, wo auf Hecht, Forelle und… auch Lachs gefischt werden sollte.

Einer von 49 Lachsen, den Jan im Fluss Ponoi auf der Kola-Halbinsel fing.

Eine großartige Reise, richtig abenteuerlich, wir wurden einfach am Ufer des Flusses Ponoi abgesetzt. Um an die tieferen Stellen in der Mitte dieses sehr breiten Flusses zu kommen, probierte ich es mit 25-40g schweren Blinkern. Schnell erwischte ich so meinen ersten Lachs, in den folgenden drei Tagen sollte ich noch 48 weitere fangen. Dabei war ein Exemplar von 10 kg, weclhes ich mit dem Inköö-Blinker fing, einem Prototyp von Rapala. Ich werde vor allem die drei Lachse nicht vergessen, die ich in drei aufeinander folgenden Würfen fangen konnte. Ich wähnte mich dort wirklich im Lachshimmel, ich gelobe noch einen Artikel darüber zu schreiben!

Jan Eggers zusammen mit seinem Idol Jan Schreiner (links) beim Polderfischen.

In den Poldern mit meinem großen Vorbild

Meine ersten Angelbücher, die ich gelesen habe, waren kleine Taschenbücher zum Thema Polderangeln. Der Verfasser war Jan Schreiner, der heute immer noch mein Lieblingsautor ist. Ich verehre diesen anderen Jan, weil ich mich selbst in seinen Büchern wiedererkannt habe und durch all seine Praxistipps auch mehr fangen konnte. Durch seinen Klassiker “Flitsend Nylon” lernte ich die Angelei mit Spinnrute und Kunstköder kennen. Damals konnte ich noch nicht einmal davon träumen, dass ich als Chefredakteur Niederlande von DE VISSER mit Jan Schreiner zusammenarbeiten durfte. Wir tauschten Ideen aus und ich lud ihn zu einem Tag Kunstköderangeln in meinen westfriesischen Lehmpoldern ein, eine Abwechslung zu seinen klaren Torfpoldern rund um Vinkeveen und Nieuwkoop. Mein Lehrmeister fand die milchig trüben, kahlen Poldergräben nicht ideal, er sah aber wohl, wie ich mit großen Tandemspinnern und 13cm+ Wobblern an diesem Tag regelmäßig Hechte fing. Seine leichten Spinner und Blinker wurden von den Fischen ignoriert, ein Jammer für Jan S. Plötzlich stand es 8:0 für mich und ich beschloss, es noch an einer besonders schwierigen Stelle zu probieren. Ich hatte meinen Tandemspinner mit einem zusätzlichen Vorschaltblei von 12g montiert, um unter einen Beton-Düker werfen zu können. Schreiner schaute sehr erstaunt zu. Dort steht doch kein Hecht, las ich in seinem Gesicht. Noch erstaunter schaute er, als ich einen schönen Hecht am Haken hatte. Es war ein Exemplar von 107cm, das zusammen mit meinem verwunderten Angelkollegen auf ein Foto kam. Der Hecht, den ich danach noch fing, brachte mich auf einen Endstand von 10:0 und entlockte Jan Schreiner die Bemerkung, dass Polder nicht gleich Polder ist. Das stimmt!

Jan Eggers

Jan Schreiner konnte kaum glauben, als dieser Hecht aus einem dunklen Beton-Düker ans Tageslicht kam.
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