Die Invasion erfolgt offensichtlich über den Rhein! Nachdem 2017 bereits eine Krebsschere des Kalikokrebses (Faxonius immunis) am Ufer des Rheins bei Düsseldorf gefunden wurde, konnte das erste Vorkommen für Nordrhein-Westfalen schon 2018 in der nördlichen Düssel nachgewiesen werden.
Jetzt wurden Kalikokrebse zweifelsfrei auch in einem kleinen Nebenbach der Sieg bei Hennef entdeckt. Anwohner des Baches entdeckten die Tiere und schickten Fotos (Abbildung) an das Edelkrebsprojekt NRW. Um die Bestimmung des Kalikokrebses abzusichern, wurden die Fotos an Kollegen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mit größerer „Kalikokrebs-Erfahrung“ geschickt, die die Bestimmung bestätigten. Da ein Aussetzen der Tiere in Düssel- und Siegsystem eher unwahrscheinlich ist, erfolgt die Ausbreitung des Kalikokrebses mit hoher Wahrscheinlichkeit und wie erwartet über den Rhein.
Sechste nicht-heimische Flusskrebsart in NRW
Auf dem Gebiet von NRW wurde die Art aber im Rhein noch nicht nachgewiesen und bildet hier offensichtlich bisher nur geringe Bestandsdichten. Damit stehen dieser sechsten in NRW lebenden nicht-heimischen Flusskrebsart grundsätzlich alle Gewässer mit Rheinanschluss offen.
Der Kalikokrebs ist in seiner nordamerikanischen Heimat häufig in Flüssen mit teilweise sehr trübem Wasser und schlammigem Grund anzutreffen. Schnell fließende Bereiche entsprechen nicht seinem idealen Lebensraum, er durchwandert sie aber. In der Oberrheinebene, wo er schon länger vorhanden ist, besiedelt er neben dem Hauptstrom v.a. Auengewässer, in denen er sich besonders wohlfühlt, ist aber auch in Bäche, Kanäle und Baggerseen zu finden. Da die Art sehr anspruchslos ist, kann sie derart unterschiedliche Lebensräume nutzen.
Überträger der Krebspest
Der Kalikokrebs hat eine sehr starke Ausbreitungstendenz und geht dabei auch häufig über Land oder nutzt Hochwasserereignisse, um Gewässer zu erreichen, die eigentlich keinen direkten Kontakt zum Ursprungsgewässer haben. Als amerikanische Art überträgt der Kalikokrebs die Krebspest, wodurch seine Ausbreitung die Gefahr einer Übertragung auf heimische Flusskrebsbestände erhöht. Eine deutlich weitreichendere Gefahr ist aber der negative Einfluss des Kalikokrebses auf Gewässerlebensräume. Können schon die Auswirkungen des Signalkrebses auf Fließgewässer und des Roten Amerikanischen Sumpfkrebses auf stehende Gewässer sehr erheblich sein, sind die Auswirkungen des schnell wachsenden und sich stark vermehrenden Kalikokrebses v.a. auf kleine Auengewässer verheerend! Das bereits in Süddeutschland beobachtete vollkommene Verschwinden von teilweise stark gefährdeten heimischen Pflanzen- und Tierarten in diesen Gewässern ist eine ökologische Katastrophe. Erfolgreiche Anstrengungen im Artenschutz werden so in kürzester Zeit zerstört. Die erheblichen ökologischen Auswirkungen ergeben sich vor allem aus der Tatsache, dass diese Flusskrebsart ein Allesfresser ist und Nahrungsquelle nahezu vollkommen ausschöpft. Ist eine Nahrungsquelle erschöpft, wird eine andere genutzt. Bei fehlender Nahrung kommt es zu Kannibalismus, wobei diese Verluste bei sich verbessernder Nahrungsgrundlage schnell ausgeglichen werden. Der Kalikokrebs kann darüber hinaus auch extreme Umweltsituationen und Nahrungsmangel besser verkraften als die bisher bei uns bekannten Flusskrebsarten. Alle Auswirkungen dieses Flusskrebses auf die verschiedenen Lebensräume und Arten sind noch nicht bekannt.
Schnelles Handeln erforderlich
Im Bereich der Sieg sind daher die Auengewässer durch den Kalikokrebs potentiell bedroht, in die er möglicherweise schon eingewandert ist. Den invasiven Flusskrebsarten effektiv zu begegnen ist nicht leicht, wobei schnelles und massives Handeln ein entscheidender Faktor ist. Leider stehen dazu derzeit nur die althergebrachten Fangmethoden zur Verfügung, die eigentlich zur nachhaltigen Nutzung von Flusskrebsen entwickelt wurden. Daher wäre die Entwicklung neuer, innovativer und effizienterer Methoden ein wichtiger Schritt, um diesen nicht heimischen Flusskrebsarten zu begegnen und so die negativen Auswirkungen zu verhindern oder zumindest abzumildern. Es bleibt zu hoffen, dass diesem Problem schnell die notwendige Beachtung zukommt und zumindest ein ernsthafter Versuch unternommen wird, den invasiven Flusskrebsen zu begegnen und so einen erheblichen Verlust an Biodiversität in unseren Gewässern zu verhindern.
Info: www.edelkrebsprojektnrw.de
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