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Köder-Geheimnisse

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Köder-Geheimnisse
Heutzutage vergessen: Über Jahrhunderte galt fetter Speck als unschlagbarer Forellenköder.

 

Ein Teig mit Menschenblut oder doch lieber eine Mischung aus Kälberhirn und dem Fuß eines Wiesels? Thomas Kalweit über abenteuerliche Rezepte.

Seit je her schwören Angler auf geheime Witterungen und Lockstoffe. Baron von Ehrenkreutz, der bekannteste deutsche Angler im 19. Jahrhundert, besaß sogar eigens eine kleine Angler-Apotheke: „Es gibt auch Witterungen, die beinahe alle Fische lieben, als zum Beispiel Moschus, Bisam oder Zibet, Anisöl, Honig, Steinöl, Lorbeeröl, Biberöl, Gewürznelken, Safran, Peru-Balsam, Kampfer und andere mehr. Von all diesen Dingen sollte sich ein Angler immer einen kleinen Vorrat halten, denn sie verzinsen sich reichlich“, verriet er 1872. Hier weitere Köder-Rezepte, die vielleicht noch heute einen Versuch wert sind: Kandierte Egel als Geheimtipp auf Barben in trübem Wasser aus dem Straßburger Fischbüchlein von 1498: „Ebenso nimm Egel und tue sie in ein Haffen (Gefäß) und Honig dazu, so viel bis es genug ist. So essen sie den Honig und sterben daran. Danach nehme die toten Egel und mache sie dürre, und behalte sie und wenn du sie brauchen willst, so schneide sie mitten durch. Danach lege sie in lauwarmes Wasser über Nacht, so werden sie wieder weich. Danach stecke sie and die Angel, im Sommer und im Winter.“ Das Fischbüchlein kennt auch einen Sprock-Teig aus Köcherfliegenlarven auf Karpfen, Barben und Aale: „Ebenso nimm Käse und der Würmlein, die am Wasser wohnen und ihre Häuslein selbst tragen. Du findest die Würmlein auf Holz. Danach nehme das Gelbe von drei Eiern. Mische alles untereinander zu einem Teig. Dann nehme Kampfer, bereitet zu einem bohnengroßen Stück, und mische alles untereinander und wenn Du angeln willst, dann stecke ein erbsengroßes Stück in einem sauberen Tüchlein an den Haken.“

Euter im Schuh

Um 1500 verriet der Autor des Tegernseer Fischbüchleins seine Lesern einen Käseteig: „Also nehme Kichererbsen und faulen Schafskäse, schönes Griesmehl und Honig, verkoche alles miteinander und forme Teigkugeln daraus und ziehe sie durchs Öl (Lorbeeröl) und stecke sie auf den Haken.“ Zum Anfüttern dazu einen Hanf-Lockteig: „Also nehme Hanfsamen, schneide die Knöpflein schon, wenn sie noch in der Milchreife sind, und mache sie dürr, und zerstoße sie zu feinem Pulver, und fülle alles in ein Glas, das mit Harz und Wachs verschlossen wird, damit der Inhalt nicht austrocknet. Danach nehme ein halbes Pfund alten Rogen von einer getrockneten Schleie und stoße alles klein, füge ein Pfund rohen Speck hinzu und vermische alles gut. Dann gebe eine Handvoll vom Hanfpulver hinzu und menge alles durcheinander bis der Teig dick wird.“
Im Tegernseer Fischbüchlein finden sich auch zahlreiche Köder-Rezepte, die für uns heute ziemlich unappetitlich sind. Zum Beispiel den Albertus-Magnus-Teig: „Nehme etwas von einer Rose, ein wenig Senf und den Fuß eines Wiesels“. Oder dieses abenteuerliche Teigrezept: „Nehme Reiherschmalz, Kampfer, Blut einer schwarzen Henne und das Hirn eines Kalbes.“ Oder noch besser: „Nehme einen Kuh-Euter oder Bockfleisch vom Hals und schneide ein Stück so breit wie du magst von der halben Dicke eines kleinen Fingers, und trage es 15 Tage lang unter Deinen nackten Füßen, doch achte darauf, dass dein Schuh sauber ist, so nimmt es vom Menschen den Geschmack an. Danach schneide es zu einem Köder.“

1756 erwähnte Georg Bauer in seinen „Wohlbewährten Fischgeheimnüssen“ einen Vorläufer des Boilies: „Ebenso nimm gemahlen Malz klein geröstet, Baldrianwurzel und das Weiße von Eiern ganz wohl gebraten, alles gepulvert. Dieses Pulver menge mit Menschenblut, bis dass es hart wird. Darnach mache Küchlein, die lege in Lorbeeröl, und lass die darnach braten, doch so, dass sie nicht anbrennen. Lege sie darnach auf ein Brett, dass sie dröge werden, darnach steck sie auf die Angel.“ Valentin Friedrich Fischers plauderte 1813 in „Der neue deutsche Angelfischer“ sein Geheim-Rezept aus: „Eine Komposition von zwei Teilen zerriebenem Ölkuchen, die aus Mohn- oder Hanfsamen auf einer gänzlich reinen Ölmühle gepresst worden sind, und einem Teil neu gebackenen Schwarzbrot oder Semmeln, welche Teile mit einigen Tropfen Rosmarin- oder Bergamottenöl, am besten Safranöl, wohl vermengt zu kleinen Kugeln von der Größe einer Büchsenkugel gedreht, und etwas abgetrocknet an die Angel gemacht werden.“

Käfer im Glas

Aber auch Baron von Ehrenkreutz hatte noch weitere Spezialköder in petto. Hier sein Forellenspeck: „Man nehme die ganze Pflanze des Liebstöckels, koche sie und drücke sie dann aus. Mit diesem werden die Würmer und auch geräucherter Speck bestrichen. Diese Witterung soll beim Forellenfange von ausgezeichnetem Erfolge sein, und stammt von einem Klosterbruder.“
Ernst Friedrich Steinbock erwähnte diesen Geheimköder schon 1724, nach seinen Angaben stammt das „Secretum“ von einem Herr von Ranzau. Und wenn gar nichts geht, empfiehlt Ehrenkreutz sein Maikäferöl: „Man fange sich eine Anzahl Maikäfer, tue solche ganz wie sie sind in ein Glas mit ziemlich großer Öffnung und gieße auf sie auf so viel Provenceöl (Olivenöl), dass sie damit eben bedeckt sind; dann binde man das Glas mit einer Blase fest zu und lasse es einige Wochen ruhig stehen.“ Der englische Karpfenangel-Pionier Otto Overbeck hatte um 1900 ebenfalls einige Teigrezepte ausgetüftelt: „Zerstampfe ohne Wasser einen Viertelliter saubere Maden zusammen mit weißen Brotkrümeln. Die so entstandene Paste riecht stark nach reifem Käse.“ Auch schwor er auf Teige aus „weißen Brotkrümeln, Erdbeeren und Zucker“ oder aus „braunen Brotkrümeln, Zucker und wilder Pfefferminze.“

1928 plauderte die deutsche Karpfenangler-Legende Alfred Esch sein Malzerbsen-Rezept in der Angelpresse aus. Diesen Köder zum Karpfenfang hatte er sich von amerikanischen Anglern abgeschaut. Dort kochte man getrocknete Erbsen mit Biomalz und Baldrian. Das Malzextrakt „Biomalz“ wird seit über 100 Jahren als Stärkungsmittel für Alte, Kranke und Kinder in Teltow hergestellt, heute ist es immer noch als „Teltowmalz“ erhältlich. Selbst noch Boilie-Spezialist Kevin Maddocks experimentierte mit Karpfenteigen, die den 500 Jahre alten Rezepten in nichts nachstehen: „Katzenfutter aus der Dose und Paniermehl“, „Ölsardinen mit Weizenmehl“, „Leberwurst mit Zwieback“ oder „Wurstbrät mit Paniermehl und Currypulver“ hießen seine Rezepturen.

Noch mehr Rezepte!

Der Schweizer Andreas Mächler hat einige Klassiker der deutschen Angelliteratur als Reprints wieder auferstehen lassen. Auf www.fischueberalles.ch finden Sie zahlreiche Nachdrucke historischer Angelbücher. Gerade neu erschienen: Ernst Friedrich Steinbocks „Gründlicher Unterricht von der Nutzbarkeit der Fischerey“ von 1724 als Faksimile-Ausgabe in altdeutscher Schrift für 66 Euro.
Kontakt: Verlag Fischueberalles.ch, Supperstraße 41, CH-4125 Riehen, Schweiz, Telefon 0041 (0)616013611, E-Mail: info@fischueberalles.ch

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