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In der Beweispflicht

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In der Beweispflicht

31.07.2013 15:28 von Matze Koch

Bild: Matze Koch

Auch beim Karauschenangeln halte ich mich an meinen Wahlspruch: Augen auf und flexibel bleiben!

 

 

Es ist nicht so leicht festzustellen, ob eine neue Methode wirklich besser ist, ob ein neuer Köder besser fängt und ob ein neues Rig besser hakt.

 

 

Gestern erlebte ich eine zuckersüße Szene, die ich leider nicht mit der Kamera einfangen konnte. Ein Junge von etwa 10 Jahren stand mit einer Angel am Wasser, besucht von einem weiteren auf dem Fahrrad. Der zeigte mit seinen Armen die größtmögliche Fischpräsentation darzustellen, denn viel weiter hätte er seine Hände nur mit dem Risiko einer Bänderdehnung auseinander bekommen. Zur großen Belustigung von mir und meiner Frau, wir fuhren nur an der Szenerie vorbei.

 

 

Eine der Hauptbeschäftigungen von Anglern besteht darin zu vergleichen und zu übertreiben. Das hatten diese Jungs schon übernommen. Lassen wir das Anglerlatein, und die Tatsache, dass es 99 Zentimeter Hechte genauso wenig zu geben scheint wie 29 Pfund schweren Karpfen, mal außen vor. Vergleichen wollen uns müssen wir immer, allein um unsere Techniken zu vervollkommnen. Doch wie viel genau bringt der Vergleich von zwei Methoden, Rigs oder Taktiken? Wie schnell kann man Urteile fällen, wie schnell Aussagen in Artikeln machen die auch überzeugen? Fakt ist, bevor ein aussagekräftiger Text verfasst werden kann, müssen lange Tests am Wasser her. Bei jedem Wetter, und zu jeder Jahreszeit. Dass die Werbung es oft gerne etwas schneller hätte, beweist ihre Vollmundigkeit wenn sie ein neues Produkt anpreist. Doch sicher hundert mal so viel, wie „revolutionäre“ Produkte die es wirklich gab, gibt es solche, die nach dem Werbefeldzug klammheimlich still und leise für alle Zeiten wieder von der Bildfläche verschwunden sind. Es ist eben nicht damit getan eine Idee zu haben. Funktionieren muss sie. Und zwar nicht einmalig, sondern dauerhaft. Aber gibt’s das überhaupt? Eine Erfindung für alle anglerischen Eventualitäten?

 

 

 

Langwierige Testreihen

 

Karpfenangler sind Spezialisten sind wahre Meister in der Kunst um winzige Details zu feilschen. Das ist nicht unbedingt verkehrt, doch wie lange benötigt man, um herauszufinden welches Detail besser fängt? Nehmen wir als Beispiel eine Boiliesorte, der sie vertrauen. Jetzt will ihnen jemand eine neue, angeblich bessere verkaufen und sie wollen diese testen. Logischerweise verwendet man beide Sorten gleichzeitig. Oder ist das doch nicht logisch? Um einen genauen Beweis zu bekommen welcher Köder besser fängt, müssen sie theoretisch beiden Sorten mit dem gleichen Rig, am gleichen Platz unter gleichen Bedingungen und gleich lange auslegen. Entweder ohne zu vorzufüttern, oder zu gleichen Teilen, gleichmäßig verteilt angefüttert. Doch auch das reicht noch nicht. Es gibt Gewässer in denen bevorzugen Karpfen herbe Richtungen und andere wo die Fische eher auf süß stehen.

 

 

Wenn schon die Köderwahl so schwer beweisbar ist, wird einleuchten, dass es noch sehr viel schwerer ist, ein Detail am Rig, wie zum Beispiel die Haarlänge oder die Steife des Vorfaches auf seine Fängigkeit zu beurteilen. Endlose Testserien wären nötig um wirklich zu belegen was gut und was besser ist.

 

 

Bei Raubfischanglern ist es nicht anders. Sicher ist die Farbauswahl durchaus manchmal von Bedeutung. Aber besonders in trüben Gewässern wird der Farbton meiner Ansicht nach zu hoch bewertet. Auch hier wären endlose Testserien nötig um sicher zu belegen, dass ein Angler tatsächlich besser fängt, weil sein Köder nicht weiß, sondern gelb ist. Denn wenn der gleiche Köder verwendet wird, gibt nicht selten die Führung den Ausschlag über Erfolg oder Misserfolg. Sie wenden ein, jetzt könne man doch einfach die meistverkauften Farben heranziehen, und daraus schließen, dass müssten auch die erfolgreichsten sein. Irrtum. 90 Prozent der Entscheidung für eine Farbe wird vom Angler, und keineswegs vom Fisch gefällt. Allein die Entscheidung für eine Boiliefarbe beweist das, denn die Farbe ändert sich nach kurzer Zeit im Wasser enorm. Würde man so blass gefärbte Boilies verkaufen, wie sie nach zwei Stunden im Wasser aussehen, würden sie vermutlich im Regal verschimmeln. Die Fische dagegen stört es überhaupt nicht, dass die Farbe herausgewaschen wird.

 

 

 

Fischcharaktere

 

Übrigens kommt noch ein unglaublich erschwerender Umstand hinzu. Fische sind nicht gleich Fische. Nicht nur, dass sich die Arten nur schwer miteinander vergleichen lassen, auch handelt ein Hecht keineswegs wie der andere. Früher galten Hechte grundsätzlich als standorttreu. Heute weiß man, dass es auch viele vagabundierende Hechte gibt, die selten lange an einem Platz bleiben, und die keineswegs weniger erfolgreich sind als ihre sesshaften Brüder.

 

 

Mit Karpfen ist es nicht anders. Von Gewässer zu Gewässer unterscheiden sich Karpfen in der Nahrungsaufnahme enorm. Man kann Techniken, die in einem See gut funktionieren also längst nicht immer vergleichen mit einem Fluss, denn nicht nur die Nahrungsaufnahme, auch die jahreszeitlichen Gewohnheiten der Fische unterscheiden sich grundlegend, so dass es fast unmöglich ist eine Regel aufzustellen.

 

 

 

Jetzt verstehen Sie sicher, warum mein liebster Spruch lautet: Augen auf und flexibel bleiben!

 

Fortsetzung folgt…

 

 

Euer Matze Koch

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