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Historische Hexenküche

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Historische Hexenküche

In den vergangenen fünf Jahrhunderten tüftelten Friedfischangler zahllose Zaubermittelchen aus. So wurde schnöder Brotteig mit Blut, Branntwein, Zwiebelsaft, Bier, Fischschleim, dünnem Tee oder echtem Terpentin versetzt…

Jeder träumt von der Wunderrezeptur, die Fische willenlos macht und zielgenau an den Haken lockt. Bis in die jüngste Zeit hat sich daran nicht viel verändert. Angelautor Max Piper brachte es schon 1954 auf den Punkt: „Nicht wenige Angler lehnen jede Mixerei ab, stippen eine Scheibe Schwarzbrot ins Wasser, drücken aus und kneten sich eine Paste. Andere haben daraus einen ganzen Geheimkult entwickelt, sie färben, süßen, salzen, odorieren, verwittern, fetten und es fehlt eigentlich nur noch, dass die Herstellung um Mitternacht von einer Kräuterhexe an einem Kreuzweg und bei zunehmendem Mond vorgenommen werden muss.“ Hier die Highlights eines halben Jahrtausends:

1496, Barbenteig nach Dame Juliana Berners: „Nehme Schafsfett und weichen Käse, ein jedes in gleichen Teilen, ein wenig Honig, und vermahle oder stampfe alles eine lange Zeit, knete die Masse bis sie zäh ist. Füge ein wenig Mehl hinzu, und forme alles zu kleinen Pellets.“

1498, Hühnerpaste aus dem Straßburger Fischbüchlein: „Also nimm ein junges schwarzes Huhn, das nie gelegt hat und töte das, dass es nicht blute und siede das Huhn fast wohl und tue zwei rote Schnecken auch in den Topf. Und wenn das Huhn gesiedet, so tue die Knochen alle davon und tue die Materie in einen neuen Topf und verschließe ihn sehr wohl und stelle den 7 oder 8 Tage an die Sonne. Danach mache den Topf auf und stelle ihn an die Luft eine halbe Stunde. Danach nimm eine gute Hand voll Gerste, die wohl gesotten und geschäumt sei und tue die auch in den Topf. So verzehret sich die Gerste und wird ein Teig daraus. Von dem Teig steck allerwegen ein wenig an die Angel. Du magst es auch an die Hände streichen, wenn Du fischen willst.“

1653, Izaak Waltons Karpfenteig: „Nehme das kleingeschnittene Fleisch eines Kaninchens oder einer Katze und Bohnenmehl. Wenn Du letzteres nicht einfach beschaffen kannst, nehme ein anderes Mehl. Und dann mische alles zusammen und füge Zucker oder Honig hinzu, letzteres ist meines Erachtens besser. Und dann zerreibe alles in einem Mörser und knete es mit den Händen (nur wenn diese sehr sauber sind), dann forme eine Kugel.“
1778, Kampfer-Olivenöl-Teig aus der Enzyklopädie des Johann Krünitz: „Man nimmt eine Quantität alten verfaulten, nicht salzigen Käse, reibet ihn klein, und gießt von dem trüben braunen Öl, welches sich als Hefen von dem Provencer Baumöl auf dem Boden der Gefäße absondert, so viel hinzu, dass es ganz flüssig wird. Wenn von den beiden die Hälfte, etwa ½ Pfund, genommen wird, tut man 2 Gran Kampfer hinzu, rührt es stark durcheinander, und vermischt es mit so vieler Weizenkleie, dass man daraus kleine Kugeln formieren kann.“

1872, Angelteige nach Baron von Ehrenkreutz: „1. Man nimmt ungesalzenen Käse und Regenwürmer, oder kleine Wasserschnecken, die sich im Wasser finden und Häuschen tragen, desgleichen das gelbe von drei Eiern; diese Stücke stößt man untereinander zu einem Teig und mischt noch etwas Safran darunter. Wenn man angeln will, steckt man davon so viel als eine Erbse groß in ein reines Läppchen und hakt es am Haken an. 2. Eine Mischung aus Gerstenmehl, Rindsblut, Kuhkot, Rosmarin und Honig wird zubereitet, daraus Kügelchen gemacht und damit geangelt.“

1892, Max von dem Bornes Brotteig: „Man hüllt die Krume von Weißbrot in ein Tuch, taucht dieses in Wasser, drückt das überflüssige Wasser aus und knetet das Brot im Tuche zu Teig. Sehr gut ist es, wenn man den Mageninhalt gefangener Fische dazu knetet. Manche Angler mischen Honig oder Sirup dazu und färben mit Karmin oder Safran.“

1904, Gustav Fellner, Lebkuchenteig: „Semmel, Weißbrot und sonstiges Gebäck kann im Wasser erweicht und dann ausgedrückt mit anderen Produkten, wie geriebenem Lebkuchen oder Käse, zu einem Teig geknetet werden, welcher ein guter Köder auf Karpfen und Döbel ist. Ein unfehlbarer Karpfenköder wird in der Art bereitet, dass man gewöhnlichen Lebkuchen für Küchenzwecke, ungefähr 2 bis 3 Stück, an einem Reibeisen verreibt und ihn dann mit im Wasser erweichten Weißbrot (Semmel), welchem vorher das Wasser ausgedrückt wurde, knetet und während dieser Prozedur je nach Bedarf von der einen oder anderen Materie so viel zusetzt, bis ein dem Glaserkitt ähnlicher, dichter brauner Teig daraus entsteht, welcher sich gut an der Angel anbringen lässt. Mit diesem Köder fing ich zur Zeit die Karpfen der Reihe nach, weshalb ich ihn hiermit wärmstens empfehle.“

1922, Käse-Honigteig nach Dr. Heintz: „Man zerreibt zähen alten Käse, tut Honig und Wasser dazu und setzt so viel Mehl bei, dass man einen weichen Teig bekommt. Dann knetet man noch ein Stückchen Butter darunter. Es empfiehlt sich etwas Baumwolle mit hinein zu kneten, um dem Köder mehr Halt an der Angel zu geben. Soll nach v.d. Borne sehr gut sein für Karpfen und Brachsen.“

Altmeister der deutschen Angler – Dr. Karl Heintz.

1929, Kartoffelteig in der Art nach Dr. Winter: „Kartoffelteig stellt man her, indem man 2-3 kleinfaustgroße Kartoffeln geschält mit kaltem Wasser zustellt und zum Sieden bringt. Wenn sie weich sind, gießt man das Wasser rasch ab und verrührt die heißen Kartoffeln zusammen mit Weizenmehl zu einem steifen Teig; man rührt so lange löffelweise das Mehl zu, bis der Teig nicht mehr an den Händen haftet.“

1959, Alfred Eschs Döbel-Kirschteig: „250 g Quark, 150 g Margarine, 375 g Mehl, 2 Eigelb, 1 Esslöffel saure Sahne, 2 Eiweiß, 500 g entsteinte Kirsche, 50 g Zucker. Man streicht den Quark durch ein Sieb, vermischt ihn mit Eigelb und Butter oder Margarine, rührt Mehl, Salz und saure Sahne, fügt die Kirschen hinzu und zuletzt den steifen Eischnee darunter, formt oder schneidet kleine Würfelstückchen und lässt den gewürfelten Knödelteig in kochendem Salzwasser 15-20 Minuten garziehen.“

Auf Barben empfiehlt Esch: „100 Gramm frisches Persipan, einige Tropfen frisches Leinöl, eine Messerspitze Zimt. Alle drei Teile durchkneten und für den Haken abstimmen.“

Alfred Esch, Karpfenangler-Legende aus Berlin: Mit seinen gekochten Teigknödeln nahm er in den 50ern die Erfindung des Boilies vorweg.

1977, der Nikotin-Teig von Rudolf Sack: „Eine halbe Zigarette zerpflückte ich in ihre Bestandteile, gab alles in einen kleinen Behälter mit Wasser und ließ das Gebräu eine Weile ziehen. Nachdem sich das Wasser bräunlich verfärbt hatte, nahm ich eine Scheibe Weißbrot und ließ sie sich mit der Tabakbrühe voll saugen. Damit auch nichts an Aromastoffen verloren gehen möge, gab ich die Tabakfasern ebenfalls hinzu und verarbeitete alles zu einem geschmeidigen Teig. Wenn Fische ihn dennoch fressen wollten, dann war das Märchen von den Raucherfingern, die den Angler meist als Schneider nach Hause gehen lassen, ausgeträumt. Als ich um 12 Uhr meine Ruten zusammenpackte, da hatten sich 22 Rotaugen und 4 kleine Karpfen für diesen Köder interessiert.“

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