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Fingerabdruck der Flüsse

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Das Wasser des Amazonas ist an der Mündung in den Atlantik braun gefärbt. Der riesige Fluss schwemmt Massen von Sedimenten und gelösten Elementen aus den Anden ins Meer. Foto: Christian Rohleder/DWD

Flüsse tragen lebenswichtige Nähr- und Spurenstoffe in den Ozean. Dabei führen sie Elemente mit charakteristischen isotopischen Signaturen mit sich, anhand derer Fachleute erkennen können, woher das Wasser im Ozean stammt.

Im Rahmen des internationalen Projekts GEOTRACES, das eine Kartierung von Spurenmetallen im Ozean anhand solcher Signaturen zum Ziel hat, haben Forschende des GEOMAR die Gewässer der Amazonasmündung untersucht. Dabei haben sie herausgefunden, dass das bislang unbeachtete Flusssystem des Pará einen großen Einfluss auf die Zusammensetzung der dortigen Wassermassen hat. Ihre Studie ist jetzt im Fachmagazin Nature Communications erschienen.

Jeder Fluss hat seine eigene Isoptopen-Signatur

Der Amazonas ist der längste Fluss der Erde, verantwortlich für rund ein Fünftel des globalen Süßwassereintrags. Er trägt Sedimente und gelöste Elemente aus den Anden quer durch den südamerikanischen Subkontinent bis in den Atlantik – lebenswichtige Nährstoffe und Spurenelemente. Bislang ging man davon aus, dass sich die Schwebstoffe in der Wasserfahne der Mündung teilweise auflösen und dadurch eine wichtige Quelle für Spurenmetalle darstellen, doch neueste Ergebnisse widerlegen diese Theorie. Betrachtet wurden dafür Isotope der Elemente Neodym (Nd) und Hafnium (Hf). Diese können als Herkunftstracer dienen, das heißt, anhand ihrer Analyse kann abgelesen werden, woher Wassermassen stammen. Jeder Fluss hat seine eigene Isotopen-Signatur, die das Muttergestein im Hinterland repräsentiert.

Um die Konzentration von Spurenmetallen messen zu können, muss die eingesetzte Technik selbst spurenmetallfrei sein, wie dieser Kranzwasserschöpfer aus Kunststoff. Foto: Christian Rohleder/DWD

Rio Pará weist hohe Neodym- und Hafnium-Konzentrationen auf

„Eine frühere Studie hatte im Amazonasausstrom einen Anstieg der gelösten Konzentration und eine erhöhte Variabilität von Neodym-Isotopen festgestellt und daraus geschlossen, dass diese aus Partikeln, die der Fluss mit sich trägt, auf dem Weg in den offenen Ozean herausgelöst werden“, sagt der Erstautor der Studie Antao Xu. Er ist Doktorand in der Arbeitsgruppe Chemische Paläoozeanographie unter Leitung von Professor Dr. Martin Frank am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. „Diese Schlussfolgerung haben wir jetzt widerlegt“, so Martin Frank. „Unsere Messungen zeigen, dass die Veränderungen in der Isotopen-Zusammensetzung von der Beimischung des Süßwassers aus dem nahe gelegenen Pará-Fluss herrühren.“

Der Eintrag des Rio Pará, der südlich des Amazonas in den Atlantik mündet, zeigt außergewöhnlich hohe gelöste Neodym- und Hafnium-Konzentrationen. Gleichzeitig hat er einen niedrigen pH-Wert. Das brachte die Forscher zu einer weiteren wichtigen Erkenntnis. Co-Autor Ed Hathorne: „Wir haben uns angeschaut, welche Beziehung zwischen der Neodym-Konzentration und dem pH-Wert in den Flüssen weltweit besteht.“ Es zeigte sich, dass die Neodymkonzentration aus dem pH-Wert direkt abgeleitet werden kann. Nach darauf basierenden neuen Berechnungen der Studie muss der Beitrag von gelöstem Neodym aus den Flüssen mindestens dreimal so hoch sein wie bislang angenommen, so Co-Autor Georgi Laukert von der Dalhousie University, Halifax, Canada und der Woods Hole Oceanographic Institution, Woods Hole, USA.

Mehr Wissen über Metalle im Meer

Die Studie fand im Rahmen des internationalen Langzeitprojekts GEOTRACES statt, das zum Ziel hat, die globale Verteilung der im Meerwasser gelösten Spurenmetalle und deren Isotopen zu kartieren, um ein besseres Verständnis über deren Quellen, Senken und Verbreitungswege zu gewinnen. Als Paläo-Ozeanograph interessieren sich Martin Frank und seine Arbeitsgruppe eigentlich für Spurenmetalle in ihrer Funktion als Indikatoren für die Klimageschichte und Ozeanprozesse der Vergangenheit. „Da dient uns die isotopische Zusammensetzung als Proxy, also als Stellvertreterwert für die Ozeanzirkulation der Vergangenheit“, sagt Frank. „Wir benötigen jedoch noch ein verbessertes Verständnis der steuernden Prozesse im heutigen Ozean, um diese Proxies verlässlicher nutzen zu können.“ Ganz im Sinne des transdisziplinären Ansatzes der integrierenden Forschung am GEOMAR, für die „Metalle im Meer“ ein Themenfokus ist. Frank: „Um verlässliche Modelle für das gesamte System Ozean-Atmosphäre-Klima entwickeln zu können, müssen wir die globale Ozeanzirkulation und die daran gekoppelte Verteilung der Spurenstoffe besser verstehen, und dafür müssen die Einträge der Spurenelemente vom Land bekannt sein.“

-Pressemitteilung GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel-

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