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Auf der Jagd nach Riesenhechten

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Bild: Jan Eggers
Bild aus längst vergangenen Tagen: Jan Eggers fischt seit fast sechs Jahrzehnten mit Kunstködern auf Hecht. Bild: Jan Eggers
Bild: Jan Eggers
Auf der Suche nach Riesenhechten: Diese Bild des „Pike Ferrets“ erschien in einer niederländischen Tageszeitung. Bild: Jan Eggers
Bild: Jan Eggers
Großes Lebenswerk: Fred Buller hat so einige Angelklassiker verfasst. Bild: Jan Eggers

Hecht-Papst Jan Eggers verrät in seiner neuen Serie auf Fischundfang.de, wie er weltweit Jagd auf kapitale Großhechte gemacht hat, und das nicht nur mit der Angel.

Im 1. Teil erklärt Jan Eggers wie er sich als Berufsangler selbständig machte und warum man ihm den Spitznamen „Hecht-Frettchen“ verliehen hat:

Jan Eggers, so wie wir ihn kennen: Weltweit unterwegs auf der Jagd nach großen und außergewöhnlichen Hechten. Bild: Jan Eggers

Der Hecht spielt seit ungefähr 65 Jahren eine wichtige Rolle in meinem Leben. Als Kind verdiente ich mein Taschengeld mit dem Fangen und Verkaufen von Köderfischen. Meine Kunden waren vor allem Hechtangler aus Amsterdam, die an den hechtreichen Poldern nördlich der niederländischen Hauptstadt fischen wollten. Häufig ging ich mit zum Angeln an die Polder. Schnell nahm mich die Spannung beim Abtauchen der Hechtpose, wenn der Hecht das Köderfischchen zwischen seine Kiefer genommen hatte, gefangen. Vor allem der Drill an den fünf bis sechs Meter langen Bambusruten ohne Rolle war spannend und ich träumte davon, einmal selbst meinen ersten Hecht zu fangen. Dazu kam es im Herbst des Jahres 1955, als ich zwölf Jahre jung war. An diesem Tag erwischte ich zwei Hechte von 51 und 53 Zentimetern Länge mit Köderfisch und voller Stolz nahm ich sie mit nach Hause. Schon ein paar Jahre später fischte ich vor allem mit Kunstködern auf Hecht, und schon bald bissen auch die größeren Exemplare.

Lesen bildet – auch Angler

Ein Brief, mit dem alles begann: Jan Eggers erhielt von der englischen Zeitschrift „Angling“ sein erstes Honorar für einen Angelartikel und als Dankeschön Fred Bullers Buch. Bild: Jan Eggers

Als ich am Ende der 1960er Jahre geheiratet und einen guten Job in der Kunststoff-Industrie gefunden hatte, machte ich meine ersten Hecht-Reisen nach Irland, Schweden, Dänemark und Österreich. Vor allem die sehr kampfstarken Hechte aus dem Lough Mask in Irland machten großen Eindruck auf mich. Zu dieser Zeit las ich sehr viele ausländische Angelzeitschriften. Von Kees Bijvoet, der ein Angelsportgeschäft in Alkmaar besaß, bekam ich damals alte Ausgaben der FISCH & FANG, die ich noch heute besitze.

Ein Buch veränderte mein Leben

Im Dezember 1979 entdeckte ich in einer niederländischen Angelzeitung eine Anzeige, in der der Herausgeber der englischen Zeitschrift “Angling” Geschäfte suchte, die sein Blatt vertreiben wollten. Ich schickte eine Liste mit Adressen der bekanntesten Fachhändler zum Chefredakteur Sandy Leventon. Am 27. Januar 1980 erhielt ich ein Dankesschreiben mit der Mitteilung, dass ein Exemplar von Fred Bullers neusten Buch “The Domesday Book of Mammoth Pike” (Das Grundbuch der Riesenhechte) zu mir unterwegs sei. Sandy Leventon, der später Chefredakteur der Zeitschrift “Trout and Salmon” (Forelle und Lachs) werden sollte, schrieb noch, dass das ein “exzellentes Buch” sei. Seine Beschreibung war nicht übertrieben. Als mir eine Woche später der Briefträger das Buch brachte, habe ich es in Rekordzeit in einem Rutsch durchgelesen. In diesem Buch waren die genauen Umstände und Fanggeschichten von 230 Großhechten über 35 englischen Pfund (lb, ungefähr 16,2 Kilo) aus England und vor allem Irland erfasst.

Folgenschwere Lektüre: Dieses Buch war die Initialzündung für Jan Eggers‘ Angler-Karriere. Bild: Jan Eggers

Zur gleichen Zeit gab es schon eine “Northern European Big Pike List” (Nordeuropäische Großhechtliste) mit 50 großen Hechten, die 17,5 Kilo oder mehr gewogen haben. Der schwedische Angelsport-Journalist Arne Broman hatte diese Informationen über Großhechte vor allem aus Abu-Katalogen und deutschsprachigen Angelzeitschriften, etwa der “Petri-Heil” aus der Schweiz, zusammengetragen.

Meine Antwort war „Ja“

An seinem faszinierenden Buch hat Fred Buller 15 Jahre lang gearbeitet, er hat tausende Kilometer zurückgelegt, um Fotos zu machen, Angler oder Informanden zu interviewen. Und doch…, nach dem Lesen dieses Meisterwerkes blieb in mir ein Gefühl der Unzufriedenheit zurück. Buller hatte etwas übersehen. Er hatte nämlich keinen Großhecht aus den deutschsprachigen Ländern, oder auch aus den Niederlanden, Frankreich, Polen oder Tschechien erfasst. Im Buch hatte Fred Buller seine Adresse angegeben, mit der Bitte, dass man ihm Informationen über Großhechte, die über 35 englische Pfund schwer waren, zuschicken möge. Kurzerhand habe ich ein paar lange Winterabende meine Nase in alte Ausgaben von Angelzeitschriften und Katalogen gesteckt. Vor allem in der FISCH & FANG entdeckte ich viele Berichte über Hechte, die groß genug waren für Fred Bullers Liste. Mit einem zufriedenen Gefühl schickte ich mein gesammeltes Material nach Great Missenden in England und erwartete eigentlich keine Antwort. Aber zu meiner großen Freude und Überraschung erhielt ich nach einer Woche einen langen Dankesbrief von Fred, mit der Bitte, ihm bei der Suche nach weiteren Riesenhechten zu helfen. Darauf habe ich natürlich mit “Ja“ geantwortet.

Kettenreaktion

Die ersten Großhecht-Listen wurden von Jan Eggers mit der Hand vorgeschrieben und dann abgetippt. Computer gab es damals noch nicht. Bild: Jan Eggers

In dem Moment, als ich Fred Bullers Frage positiv beantwortet hatte, hatte ich noch keinen blassen Schimmer, welche Folgen diese Entscheidung haben sollte. Ich suchte in weiteren Angelzeitschriften und Katalogen, schrieb Briefe in die Redaktionen in Europa und Nordamerika. Nahm Kontakt mit Herstellern wie Mepps, Rapala, Abu, DAM und Hardy auf. Ich erhielt daraufhin viele Briefe mit positivem Feedback und natürlich auch Fotos von super Hechten. Ich startete den ersten Versuch, einen Artikel über meine Suche nach Großhechten zu schreiben. Ich war sehr überrascht, dass es dafür sogar Honorar gab. Von diesem Geld nahm ich Schreibmaschinen-Unterricht und kaufte mir eine eigene Maschine.

Hobby zum Beruf machen?

Jan Eggers im Arbeitszimmer von Fred Buller (rechts): Aufgenommen 2007 bei der Arbeit am „The Domesday Book of Giant Salmon“. Bild: Jan Eggers

Im Januar 1981 besuchte ich zum ersten Mal Fred Buller, um zusammen mit ihm an der neuen Europäischen Großhecht-Liste für sein neues Buch “Pike and the Pike Angler” (Hecht und der Hechtangler) zu arbeiten. In dieser Liste waren nun beinahe 200 europäische Hechte, die schwerer als 18 Kilo waren, erfasst. Nicht weniger als 74 dieser Esox-Großmütter waren mit der Quelle “FISCH & FANG” vermerkt. Am Ende des Jahres 1981 kam dieser Buch-Klassiker mit fast 300 Seiten auf den Markt und ich war so stolz wie ein Pfau. Buller widmete sein Buch seinen besten Freunden, den Angel-Giganten Richard Walker und Hugh Falkus und… dem damals noch weitegehend unbekannten Jan Eggers. Dieses Buch und die Tatsache, dass ich inzwischen Europa-Korrespondent der besten amerikanischen Angelzeitschrift “The In-Fisherman” geworden war, öffneten mir viele Türen. Ich begann mich in der internationalen Angelsport-Welt immer besser zurechtzufinden. Ich entwickelte immer mehr das Verlangen, mein Hobby zum Beruf zu machen, wusste aber genau, dass man von Honoraren von Angelzeitschriften nicht leben konnte. Immerhin hatte ich eine Frau und drei Kinder zu ernähren.

Ich wurde immer mehr ein Experte auf dem Großhecht-Gebiet. Alles gipfelte in einem Vortrag über große europäische Hechte auf dem “International Musky Symposium” in La Crosse, USA, im April 1984. Neben zahlreichen Wissenschaftlern und Hecht-Professoren wie Dr. Ed Crossman und Dr. John Casselman waren dort auch Firmenvertreter von Berkley, Mepps, Zebco und Lowrance anwesend. Als ich mich mit diesen Hersteller unterhielt, hörte ich immer das gleiche Gejammer: “Der europäische Markt ist viel zu schwierig, um dort Erfolg zu haben.”

Unternehmensberater für Angelfirmen

Ich erklärte ihnen, dass es gar keinen europäischen Angelsportmarkt gibt, sondern nur einen deutschen, englischen, schwedischen oder französischen. Ich erklärte weiter, dass sich diese Märkte stark voneinander unterscheiden, und dass es in jedem Land unterschiedliche Angel-Traditionen und Fischarten gebe. Eigentlich müssten die Hersteller ihre Produkte an jedes einzelne europäische Land anpassen, aber sogar in ihrem eigenen Heimat-Markt, der USA, taten die Firmen das nicht. Meiner Meinung nach machten die Firmen einen sehr großen Fehler: Sie dachten, dass im Rest der Angelwelt nicht so gefischt wird, wie an und auf ihren Hausgewässern in den USA. Diese falsche Annahme war für mich ausschlaggebend, um als freier Angeljournalist und als Unternehmensberater durchzustarten. Ich wählte mir fünf Firmen aus, für jeden Werktag eine, mit Produkten, die sich gegenseitig keine Konkurrenz machten, und versuchte sie in Europa zu vermarkten. Das funktionierte prompt und in der Mitte des Jahres 1984 kündigte ich als Manager in der Kunststoff-Industrie und begann als kleiner Selbstständiger. Ich kann mich noch gut erinnern, der damalige Chefredakteur Georg Peinemann hat mir dringend von diesem Schritt abgeraten. Nun, 30 Jahre später, kann ich vollmundig verkünden, dass mein Entschluss eine prima Idee war, den ich in keinster Weise bereue.

Archiv platzt aus allen Nähten

Nur eine kleine Auswahl: Kapitale Hechte aus den 1980er Jahren. Bild: Jan Eggers

Ich weiß noch genau, wie sehr ich mich gefreut habe, wenn ich Anfang der 1980er Jahre einen Brief mit Fanggeschichte und Foto per Post bekommen habe. Diese glücklichen Angler hatten den Hecht ihres Lebens, schwerer als 18 Kilo, gefangen. Mittlerweile kommen die großen Hechte digital per e-Mail in mein Büro, immer noch bin ich ganz aufgeregt, wenn der Hecht schwerer als 23 Kilo ist. 30 Jahre lange habe ich jede Meldung in einer Angelzeitschrift von einem Esox lucius über 18 Kilo gesammelt. Mit den Jahren bin ich immer kritischer geworden, weiß ich doch, dass oft die angegebenen Längen und Gewichte nicht stimmen können. Im Oktober 2013 standen nicht weniger als 1.100 Hechte über 18 Kilo auf meiner Europäischen Großhecht-Liste. Von den meisten Fischen habe ich auch Fotos, Dias oder jpgs. Die ganze Liste zu veröffentlichen, ist nicht interessant für den Leser, das wäre zu viel des Guten. Ich habe vor, auf Fischundfang.de zukünftig einige besonders interessante Großhechte, bei denen das Gewicht nicht bezweifelt werden kann, vorzustellen. Ich möchte mit Exemplaren der untersten Gewichtsklasse ab 18 Kilo beginnen – bis zum schwersten Hecht von 26,5 Kilo. Auch werde ich Fotos von Hechten präsentieren, die niemals das angegebene Gewicht haben können. Ein aktuelles Beispiel wäre der 20-Kilo-Hecht, den Putin unlängst gefangen haben will. Ich schätze, dass dieser russische Präsidentenhecht noch nicht einmal 20 Pfund hatte. Es gibt Material genug und mein Archiv quillt über. Ehrlich gesagt bin ich froh, dass ich FISCH & FANG für all die Großhecht-Informationen, die mir in den vergangenen 33 Jahren sehr geholfen haben, nun etwas zurückgeben kann. Nun aber der allererste Hecht, der Eingang in meine Großhecht-Liste fand.

Der Abu-Hecht

Der Abu-Hecht: Mit diesem 17,5-Kilo-Esox gewann Ruud van Dort eine Traumreise. Bild: Jan Eggers

Es handelt sich um einen Hecht, der nach gutem niederländischem Brauch zurückgesetzt wurde. Diese Dame wog 17,5 Kilo. Sie wurde danach noch einmal mit 18,5 Kilo gefangen. Zum ersten Mal landete Ruud van Dort diese Hechtgroßmutter mit einer Länge von 128 Zentimetern am 7. Dezember 1979 im See Vechten bei Utrecht. Den ersten Hinweis auf diesen Hecht fand ich in einem Abu-Katalog. Ruud hatte damals mit diesem Fisch die Abu-Traumreise in der Kategorie Hecht gewonnen. Er fischte nämlich mit der legendären Abu-Rolle Cardinal 66 und dem bekannten Atom-Blinker. Über die Firma Abu bekam ich seine Adresse heraus. Ich schickte ihm einen Brief und erhielt ein paar Fotos mit interessanter Fanggeschichte. Er hatte nämlich seinen Landungskescher vergessen und nach einem mehr als halbstündigen Drill konnte er beim vierten Versuch in der Dunkelheit eine dicke Hechtdame ans Ufer ziehen. Das war damals der erste niederländische Großhecht, der schwer genug war, um in die Liste aufgenommen zu werden. Aber damit war die Sache noch nicht zu Ende.

Es war der gleiche Fisch

Thijs Swart mit dem gleichen Hecht: Aber mit 18,5 Kilo genau ein Kilo schwerer. Bild: Jan Eggers

Durch verschiedene Veröffentlichungen in Angelzeitschriften erhielt ich den Spitznamen “Pike Ferret“ (Hecht-Frettchen), vor allem durch diesen Beinamen kannten mich bald so ziemlich alle Angler. Deshalb erreichte mich Ende Februar 1982 die Fangmeldung von Thijs Swart. Er hatte am 23. Februar einen 130 Zentimeter langen Hecht von 18,5 Kilo gefangen und wieder zurückgesetzt. Fanggewässer war wiederum der Plassen Vechten. Diese dicke Hechtdame konnte der Aktion eines 18 Gramm schweren Ellips-Löffels von Abu nicht widerstehen. Auch hier wurde wieder mit einer Cardinal 66 gefischt. Natürlich reichte Thijs Swart diesen Fang ebenfalls bei Abu ein – er gewann tatsächlich auch die Traumreise. Im Januar 1983 war ich wieder bei Fred Buller auf Besuch und hatte die Fotos von Thijs Swart mit dabei. Fred schlug vor, die Bilder zu einem Treffen des englischen Hechtangler-Clubs PAC (Pike Anglers Club of Great Britain) mitzunehmen, dort sollte der Biologe Neville Fickling ein Auge darauf werfen. Neville war ein Spezialist im Identifizieren von Hechten anhand ihres typischen Fleckenmusters an Körper und Flossen. Er hat die Bilder von Ruud und Thijs intensiv in Augenschein genommen und kam zu der Schlussfolgerung, dass es sich eindeutig um den gleichen Hecht handeln muss. Ich habe diesem Fisch den Namen “Abu-Hecht” verliehen, weil er zwei Mal mit einen Abu-Löffel gefangen wurde und dem Fänger zwei Mal eine Abu-Traumreise bescherte.

Jan Eggers

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