ANZEIGE

Angeln und die GroKo

7598
Bild: DAFV
Bild: DAFV

Pressemitteilung des Deutschen Angelfischer-Verbandes (DAFV) vom 8. Februar 2018 zum ausgehandelten Koalitionsvertrag:

Der Koalitionsvertrag ist mit einem Umfang von 177 Seiten detailliert und er schafft es gleichwohl, wichtige Themen auszulassen. Er ist widersprüchlich und hat keinen roten Faden. In wichtigen Themen der Angelfischerei beschreibt er ein Weiter so der von Ministerin Barbara Hendricks praktizierten ideologischen Verbotspolitik. Angesichts der Stimmenverluste von SPD und CDU/CSU wäre der Koalitionsvertrag eine gute Gelegenheit gewesen, die Haltung in Sachen Angelverbote in Schutzgebieten zu überdenken.

Aber immerhin scheint das Thema Angeln und Fischerei in Deutschland insgesamt politisch an Bedeutung zu gewinnen. So liest sich der Passus aus dem Koalitionsvertrag mit der Überschrift „Internationaler Meeresschutz“: „Um Nord- und Ostsee besser zu schützen, werden wir ein wirksames Management der Freizeitfischerei in den Schutzgebieten in Kraft setzen und uns für wirksame Fischereiregelungen auf EU-Ebene, sowie eine bessere Förderung ökosystemgerechter Fangtechniken und -methoden einsetzen.“

Die Nord- und Ostsee soll vor der Freizeitfischerei geschützt werden?

Es wird hier ohne jede wissenschaftliche Grundlage suggeriert, die Freizeitfischerei in Nord- und Ostsee stelle ein Problem für die Schutzgüter der Naturschutzgebiete in Nord- und Ostsee dar. Angelverbände und Wissenschaftler stehen dieser Form der ideologischen Verbotspolitik fassungslos gegenüber.

„Das entbehrt jeglicher wissenschaftlichen Grundlage. In keinem, der in den letzten zwei Jahren geführten Gesprächen, konnte der Freizeitfischerei ein negativer Einfluss auf die ausgewiesenen Schutzgüter nachgewiesen werden. Wir haben vielmehr den Eindruck es wird hier verzweifelt nach Gründen gesucht, um etwas zu verbieten, was nicht sein soll.“, so Dr. Christel Happach-Kasan Präsidentin des Deutschen Angelfischerverbandes. „Gäbe es nachvollziehbare Gründe, hätte man diese von Anfang vorgebracht und solchen Diskussionen haben sich die Angler in Deutschland noch nie verschlossen.“, so Happach-Kasan.

Bewirtschaftung des Dorschbestandes und Meeresschutz sind zwei verschiedene Paar Schuhe

Es bleibt natürlich abzuwarten, was die Koalition unter dem Passus „wirksames Management der Freizeitfischerei in Schutzgebieten“ versteht. Leider ist es in der Vergangenheit nicht verstanden worden, zwischen Wirtschaftsgut und Schutzgut zu differenzieren. Immer wieder wurde in Verbindung mit den Schutzgebieten versucht, den Fang von Dorschen mit der Angel zu instrumentalisieren. Dass der Dorschbestand über Quoten in seinem Bestand geregelt wird (Wirtschaftsgut) und dass die Freizeitangler hier einen Beitrag seit 2017 leisten, wurde genau so wenig beachtet, wie die sehr geringe Auswirkung der Angelei auf Flora und Fauna (Lebensraumtypen/Schutzgüter) ausgewiesener Natura 2000 Gebiete.

Positive Aspekte der Freizeitfischerei

Die positiven Aspekte der Freizeitfischerei in Schutzgebieten werden dabei völlig außer Acht gelassen. Es besteht eine lange gewachsene Tradition bei der Zusammenarbeit zwischen Anglern und der Wissenschaft in Fragen der Hege und dem Schutz sensibler Ökosysteme. Schutzgebiete im Meer sind keine Null-Nutzungszonen und das werden sie vermutlich auch niemals werden. Berufsschifffahrt, kommerzielle Fischerei mit Schleppnetzen, allgemeiner Bootsverkehr sind in den Schutzgebieten nach wie vor erlaubt. Ja, sogar die Verlegung von Unterseekabeln wurde ausdrücklich von einem generellen Verbot ausgenommen. Nachhaltige Aktivitäten und eine naturverträgliche Nutzung, wie die Freizeitfischerei stehen den Schutzzielen in den Naturschutzgebieten nicht entgegen, im Gegenteil. Die Anwesenheit von Freizeitanglern trägt dazu bei, illegale Aktivitäten in Schutzgebieten zu verhindern und sie damit vor möglichen Schäden zu bewahren. Außer den Anglern ist fernab der sonnigen Ferienzeit kaum jemand in diesen Gebieten präsent.

Mensch und Natur – keine Gegner

Im Mittelpunkt sinnvoller Schutzmaßnahmen muss auch vor allem auch das menschliche Wohlergehen stehen. Gelebter Naturschutz kann nur mit und nicht gegen die Bevölkerung funktionieren. Alexander Seggelke, Geschäftsführer des Deutschen Angelfischerverbandes: „Oft hilft es ja auch mal über den Tellerrand zu schauen. Weltweit ist die Freizeitfischerei in weniger als 1% aller bestehenden Meeresschutzgebiete verboten. Bei den wenigen Ausnahmen gibt es eindeutige und wissenschaftlich nachvollziehbare Gründe, warum das so ist. Dabei wurden die positiven Aspekte der Angler für die Schutzgebiete wiederholt gelobt. In Deutschland ist die Freizeitfischerei bereits jetzt in ca. einem Drittel der Schutzgebiete verboten. Wir würden uns einen runden Tisch mit einer konstruktiven Diskussion unter Einbezug der anerkannten Wissenschaftler wünschen.“

„Angeln“ hat es als Überschrift in den Koalitionsvertrag geschafft

So findet sich neben der Ausführung zum „Internationalen Meeresschutz“ ein weiteres Kapitel zum Thema Angeln im Koalitionsvertrag: „Fischerei, Angeln und Aquakultur“

Der Absatz im Wortlaut: „Wir wollen auch nach dem Brexit eine nachhaltige Fischerei in der Nord- und Ostsee erhalten und legen besonderen Wert auf die Meeresumwelt und den Schutz der Bestände. Wir wollen die nachhaltige Fischerei auf dem Meer und im Binnenland sowie die Aquakultur in ihrer Wettbewerbsfähigkeit stärken und als moderne nachhaltige Nutzung voranbringen.“

Happach-Kasan: „Dazu fällt uns nur ein Kommentar ein: Das wollen wir Angler auch und der Absatz beschreibt ein Grundprinzip der „Guten fachlichen Praxis“ (GfP) für die Hege und nachhaltige Nutzung von Gewässern und ihren Fischbeständen in Deutschland.“

Wasserkraft kommt im Koalitionsvertrag nicht vor

Die Koalition will den Kindern und Enkelkindern eine „intakte Natur bewahren“. Gut so. Wasserkraftanlagen schädigen die Fischfauna erheblich. Dennoch kommt dieses Thema im Vertrag nicht vor. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) fordert den „guten ökologischen Zustand“ der Oberflächengewässer. Zahlreiche Wanderfischarten wie z.B. Lachs, Aal, Meerforelle, Maifisch leben in unseren Gewässern. Für diese bedrohten Fischarten ist die Durchgängigkeit eine wesentliche Voraussetzung. Bei der Novellierung des EEG dürfen keine weiteren Anreize zum Ausbau der Wasserkraft geschaffen werden. Bestehende Anlagen sollten nach dem Stand der Technik nachgerüstet werden. Im Einklang mit dem BfN lehnt der DAFV die Nutzung der kleinen Wasserkraft (Anlagen < 1 Megawatt installierte Leistung) ab. Der geringe Wirkungsgrad steht zu den ökologischen Schäden in keinem Verhältnis.

Naturschutz wirkt – auch für Kormoran und Wolf!

Verschiedene ehemals vom Aussterben bedrohte Tierarten sind in ihrem Bestand schon lange nicht mehr bedroht. Für den Wolf, laut BfN zwischen 150 und 160 Paare, soll es ein Management zum Schutz der Weidetiere geben. Der Kormoran ist nicht gefährdet, wie auf der Agrarministerkonferenz festgestellt wurde. Er hat mittlerweile einen Bestand von mehr als 22 000 Brutpaaren erreicht. Er gefährdet verschiedene Fischarten der Roten Liste und beeinträchtigt die Teichwirtschaften erheblich. Der Diskussion über ein lange überfälliges Management der ausufernden Kormoranbestände haben sich die Politik und einige Naturschutzverbände seit 20 Jahren konsequent verschlossen. Seine Überführung in Anhang II der Vogelschutzrichtlinie ist überfällig, Auch dieses Naturschutzthema fehlt im Vertrag.

SPD-Ministerin versucht, GroKo-Sitzung zum Thema Wölfe in Deutschland zu stürmen

Laut einem Bericht der Bildzeitung wollte auch Barbara Hendricks (SPD) mitentscheiden: „Doch die Bundesministerin für Umwelt und Naturschutz gehört nicht zu den GroKo-Spitzen, weshalb ihr die Teilnahme an der Diskussionsrunde verweigert wurde. Das wollte die 65-Jährige jedoch allem Anschein nach nicht einfach so hinnehmen und versuchte der Zeitung zufolge, sich mit einem ‚heftigen Auftritt‘ Zutritt zu der Veranstaltung zu verschaffen. Geschafft hat es Hendricks jedoch nicht – sie musste draußen bleiben.“.

Angler leisten wertvolle Arbeit

Im DAFV sind über 500.000 Anglerinnen und Angler organisiert. Sie leisten wertvolle Arbeit beim Schutz der Gewässer und Pflege der Kulturlandschaft. Angelvereine sind eine soziale Heimat für Menschen im ländlichen Raum und ein wichtiges wirtschaftliches Standbein für strukturschwache Regionen. Eine aktive Teilhabe und eine verträgliche Nutzung der Natur sind ein grundlegender Baustein des Nachhaltigkeitsgedankens. Großflächige Angelverbote ohne sachliche Notwendigkeit stehen dem entgegen.

Sollte der Koalitionsvertrag in seiner jetzigen Form den SPD-Mitgliederentscheid überstehen, so ist der DAFV gespannt auf die Vorschläge der großen Koalition auf ein „wirksames Management der Freizeitfischerei in Schutzgebieten“ und vor allem auf deren wissenschaftliche Begründung.

Deutscher Angelfischer-Verband (DAFV)

ANZEIGE
Abo Fisch&Fang