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Wer erfand den Laufschwimmer?

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Wer erfand den Laufschwimmer?
Aus Federkielen und Kork: Ein Laufschwimmer von 1887.

Hätten Sie gedacht, dass die Laufpose ursprünglich fürs Barbenangeln im Fluss entwickelt wurde?
Von Thomas Kalweit

Ein anglerisches Grundproblem aller Zeiten: Wie fischt man mit einem Schwimmer und einer nur 3 Meter langen Rute in 5 Metern Wassertiefe knapp über Grund? Das Auswerfen ist in dieser Konstellation mit einer feststehenden Pose unmöglich, der Haken würde sich heillos im Ufergras verfangen. Mal wieder kam ein Engländer auf die Lösung des Problems! Der so genannte Nottingham-Stil wurde am breiten, stark strömenden Fluss Trent im Zentrum Englands entwickelt. Voraussetzung für den neuen Angelstil war eine Erfindung die wahrscheinlich Joseph Turner in den 1830er Jahren machte: Er entwickelte die erste leicht laufende Nottingham-Rolle aus Holz und Messing. Denn am Trent waren weite Würfe nötig, um an die mitten im Strom stehenden Fische zu kommen. Diese Centerpin-Rolle aus Nottingham ermöglichte erstmals in der Menschheitsgeschichte weite Würfe. Damals fischten die Angler mit hölzernen, um die 3 Meter langen Ruten – für die tieferen Flussstrecken war deshalb eine weitere Neuentwicklung erforderlich: Die Laufpose, mit der man in größeren Wassertiefen fischen konnte, als die Angel lang war. Die ersten Laufschwimmer wurden aus bis zwei Federkielen hergestellt, die mit einem Korkkörper verbunden wurden. Am unteren und oberen Ende der bis zu 25 cm langen Posen lief die Hauptschnur durch eine Öse, dank der natürlichen Biegung der Federkiele konnte die Leine beim Absinken des Köders frei ablaufen. Gestoppt wurde die Pose auch damals schon durch einen auf die Schnur geknoteten Gummi-Stopper.

Laufposen heute.

 

Erfunden im Schlaf

Die Laufpose soll von einem gewissen George Holland, genannt „Nottingham-George“, erfunden worden sein, der mit seinem neuen Schwimmer-Modell in den tiefen Löchern des Trents und in der Themse unglaubliche Barbenfänge erzielte. Der Angel-Autor J.W.Martin berichtete 1896 in seinem Buch „Barbel and Chub Fishing“ über die Erfindung des neuen Posen-Typs: „Man sagt, dass der gefeierte Angler Nottingham-George, der seit einigen Jahren verstorben ist, den Laufschwimmer erfunden hat. Er war wohl der erfolgreichste Barbenangler aller Zeiten.“ Die Erfindung trug sich irgendwann um 1850 folgendermaßen zu: George Holland hatte unterhalb von Newark am Trent in der Collingham-Strecke ein Loch voller Großbarben ausgemacht. Die Idee zur epochemachenden Pose soll ihm im Traum gekommen sein. Noch in der gleichen Nacht bastelte er die erste Laufpose der Welt, bei Tagesanbruch stand er am Fluss. Beim ersten Wurf muss es ihm kalt den Rücken herunter gelaufen sein, das Bündel Laubwürmer landete zielgenau im tiefen Pool, Meter für Meter rasselte die Schnur durch die Posenringe bis der Stopper den Schwimmer zum Aufrichten zwang. Gegen Abend lagen so viele Großbarben auf der Uferbank, wie noch nie ein englischer Angler zuvor auf einem Haufen gesehen hatte. In allen Pubs der Gegend sprach man nur noch über „Nottingham-George“, seine neue Methode trat den Siegeszug um die Welt an. Der Angelautor H. Cholmondeley-Pennell entwickelte die Idee weiter, 1870 verriet er uns die genaue Bauweise seiner „Wander-Pose“: „Für Posen im Nottingham-Stil werden Stachelschwein-Borsten und Federkiele von Gans oder Schwan miteinander kombiniert, wobei der hohle Kiel das Oberteil der Pose bildet. Dieser Schwimmer, von dem ich glaube, dass ich der Erfinder bin, vereint die Vorzüge außerordentlich stabil und sensibel zu sein und trotzdem eine höhere Tragkraft zu haben, als die übliche Kombination von Federkiel und Kork.“

Anglerischer Quantensprung: Einer der ersten „Slider“ von 1867.

Angel-Journalist Francis Francis erklärte um die gleiche Zeit die neue Errungenschaft seinen Lesern so komplex wie eine Mondrakete: „Es kommt oft vor, dass ein Kolk oder ein Stelle, die man befischen möchte, etwas weiter weg vom Ufer liegt und etwas tiefer ist, als dass man sie bequem mit der Rute befischen könnte. Tiefer etwa, als die Rute lang ist. Wenn dies der Fall ist, dann kommt eine Pose zum Einsatz, die ‚Slider’ genannt wird. Der Slider, wie man bei dem Namen erwarten darf, ist keine festsitzende Pose. Oben und unten besitzt sie einen Ring, der seitlich absteht, so dass die Schnur frei hindurch laufen kann. Zum Gebrauch wird die Schnur durch beide Ösen gefädelt. Sie sitzt beim Auswerfen auf dem obersten Schrot der Bebleiung. Nachdem die Tiefe sorgfältig ausgelotet wurde, wird auf die Schnur ein kleines Stück Gummiband gebunden, welches genügend Widerstand bietet, um den Schwimmer zu stoppen.“ Die armen Barben: Erstmals konnten selbst 10 Meter Tiefe Flussstrecken mit der Pose ausgefischt werden.

Bei der Nottingham-Rolle läuft die Holzspule frei auf einer Achse, die nur an einer Seite am Gehäuse befestigt ist.

 

Von der Rolle

Die Laufschwimmer-Angelei verbreitete sich zusammen mit der Nottingham-Rolle wie ein Lauffeuer, erst in England, dann an allen tieferen Flüssen und Seen Europas. Geworfen wurde damals mit einer komplizierten Methode, die der Trent-Angler F.W.K. Wallis entwickelt hatte. Beim „Wallis-Cast“ zieht man mit der linken Hand etwas Schnur von der Achsrolle ab und beschleunigt sie beim Wurf mit einem beherzten Zug, so dass die Rolle in Rotation gerät und von selbst Schnur freigibt. Beim Auftreffen des Köders auf dem Wasser muss die Rolle mit dem Zeigefinger abgebremst werden, damit es keinen heillosen Schnursalat gibt. Mit den Seidenschnüren der damaligen Zeit waren so durchaus Würfe von 30 Meter möglich.Die Nottingham-Rollen von damals waren steglose Holzspulen, die freilaufend auf einer Metallachse saßen, einmal angestoßen liefen sie minutenlang weiter. Vor dieser Rollen-Erfindung wurde meist grobe Hanf-Schnur verwendet, die vor dem Wurf von der einfachen Messinghaspel abgezogen und säuberlich vor den Füßen ausgelegt wird, erst dann konnte man auswerfen. Die Nottinghamer Angler setzten auf ihren Centerpins erstmals hauchdünne Seidenschnüre ein, den so genannten „Derby Twist“.

Aus einem deutschen Lexikon von 1902: „Floß für die Nottingham-Fischerei“.

Wie so oft in der Angelgeschichte sorgten das zufällige Aufeinandertreffen von kleineren Erfindungen für einen regelrechten Quantensprung: Die Kombination aus Laufpose, Nottingham-Rolle und Seidenschnur ermöglichte es den Anglern erstmals zuvor unerreichbare Hotspots zu befischen. Für ähnliche Fortschrittsschübe sorgten in der jüngsten Vergangenheit Gummifisch plus Geflochtene oder Boilie plus Haarmontage. Wie so oft im Leben haben auf den ersten Blick belanglose Einfälle oft die größten Auswirkungen.

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