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Was schwirrt, schwimmt und sprießt rund ums Baggerloch?

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Gemeine Keiljungfern sind häufig am Baggersee zu finden. Die Libelle wird nach vorsichtiger Bestimmung sofort wieder freigelassen. Bild: Eva-Maria Cyrus

Für viele von uns sind Baggerseen als Naherholungsgebiete nicht wegzudenken. Berliner Forscher und niedersächsische Angelvereine ermitteln nun den ökologischen Wert der „Baggerlöcher“ um die Ecke.

In ganz Niedersachsen sind bis Mitte Juni Biologinnen und Biologen vom Projekt BAGGERSEE unterwegs, um zu untersuchen, welche Tiere und Pflanzen sich am Ufer tummeln. Manche Projektseen haben Angelvereine zuvor ökologisch aufgewertet. Nun überprüft das Wissenschaftsteam, ob dies der Artenvielfalt genützt hat. Aber auch der Einfluss des Angelns auf Flora und Fauna wird kritisch unter die Lupe genommen. Das Vorhaben ist ein gemeinsames Projekt des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und des Anglerverbands Niedersachsen (AVN). Es wird gefördert im Bundeprogramm für biologische Vielfalt.

Baggerseen bieten Artenvielfalt vor der Haustür

Nachher treffen an der „Kuhle“? Heute noch ins „Baggerloch“? Anders als ihre Kosenamen vermuten lassen, locken die Baggerseen um die Ecke zur Sommerzeit Tausende von Menschen an ihre Ufer. Egal, dass es komisch riecht. Dass es unten im Wasser glitschig ist und eigentlich viel zu kalt – die „Strände“ sind super, man ist draußen mit Freunden oder Familie, kann chillen, spazieren, angeln. Doch bieten die Biotope aus zweiter Hand auch ein enormes Potential für die biologische Vielfalt. Europaweit gibt es nämlich einen beträchtlichen Anteil kleiner künstlicher Gewässer. In Niedersachsen sind sogar über 90% aller Seen künstlichen Ursprungs. Viele dieser Lebensräume werden von Angelvereinen gepflegt. Beim Fischfang werden aber auch die Ufer betreten. Das Team vom Projekt BAGGERSEE hat sich darum der Frage angenommen, inwiefern das Angeln die Artenvielfalt am Baggersee beeinflusst. Immerhin ist mit Trittschäden zu rechnen, Vögel können aufgescheucht werden oder – noch schlimmer – sich in abgerissenen Angelschnüren verfangen und vieles mehr. Das Studienergebnis mag überraschen: Niedersächsische Baggerseen unter der Pflege von Angelvereinen sind mindestens genauso artenreich, wie Baggerseen in der Obhut von Nicht-Anglern. Das gilt zumindest für die Artengruppen Ufer- und Wasserpflanzen, Libellen sowie Sing- und Wasservögel. Damit schadet Angeln der Artenvielfalt am Baggersee weniger, als manche vielleicht denken. Möglicherweise begünstigen die mosaikartig angelegten Angelstellen sogar das Wachstum von Unterwasserpflanzen. Von denen fand das Team nämlich einen größeren Anteil in den Angelgewässern als in den Vergleichsseen.

Angeln fördert Artenvielfalt

Zudem bemühen sich viele engagierte Angelvereine, ihre Gewässer naturnah zu gestalten. Im Projekt BAGGERSEE, taten sich Petrijünger und Forschende zusammen, um herauszufinden, wie Baggerseen ökologisch aufgewertet werden können. Dazu legte das Team Flachwasserzonen an und brachte Totholzbündel ein. Weitere vergleichbare Versuchsgewässer wurden einfach in ihrem Istzustand belassen. Das Forscherteam untersucht nun, ob sich drei Jahre nach Durchführung dieser Maßnahmen, das Artenrepertoire verändert hat. Die nicht aufgewerteten Baggerseen dienen als Blindprobe. Bei der Arteninventur brauchen die Biologen Robert Nikolaus, Malwina Schafft und ihre Helfer alle Sinne: Libellen mit dem Kescher fangen, Pflanzen nach Aussehen und Geruch bestimmen, Vögel an ihrem Gesang erkennen und Frösche anhand ihres Quakens identifizieren. Abschließende Ergebnisse dieser ebenso sinnlichen wie sinnvollen Erhebung sind zu Projektende im Jahr 2022 zu erwarten.

Studie: Robert Nikolaus, Sven Matern, Malwina Schafft, Thomas Klefoth, Andreas Maday, Christian Wolter, Alessandro Manfrin, Jan Uwe Lemm und Robert Arlinghaus (2020). Einfluss anglerischer Bewirtschaftung auf die Biodiversität von Baggerseen: Eine vergleichende Studie verschiedener gewässergebundener Organismengruppen. Lauterbornia 87: 153-187, D-86424 Dinkelscherben.

-pm-

Team identifiziert Amphibien anhand ihrer Paarungsrufe in der Dämmerung. Bild: Ole Theis
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