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Mikroplastik in Seen

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Kleinste Plastikpartikel, etwa aus sich zersetzten Kunststoffverpackungen oder aus Kosmetikprodukten (Peeling-Duschgels, Sonnenmilch etc.), belasten nicht nur die Weltmeere, sondern auch europäische Binnengewässer. Bild: Symbolfoto

Anlässlich des „Plastic Bag Free Day“ am vergangenen Freitag hat die Naturschutz-Organisation „Global Nature Fund“ (GNF) gemeinsam mit europäischen Partnern das Projekt „LIFE Blue Lakes“ gestartet, zum Schutz deutscher und italienischer Gewässer vor der unsichtbaren Gefahr, die von kleinsten Kunststoffpartikeln ausgeht.

Plastik ist überall

Wie aktuelle Studien zeigen: auch in unseren Seen und Flüssen und in unserem Trinkwasser. Aber nicht nur in Form großer Kunststoffobjekte wie traurig dahindümpelnder Plastiktüten, sondern auch als mikroskopische Kügelchen, die z.B. Kosmetika zugesetzt werden oder durch Verwitterung und Abschleifungsprozesse aus größeren Plastikteilen entstehen: das sogenannte Mikroplastik. Die ökologischen und gesundheitlichen Folgen der Verschmutzung mit winzigen Kunststoffpartikeln sind kaum absehbar, doch ist das Problembewusstsein gerade in Bezug auf Mikroplastik – und die damit verbundene Belastung von Binnengewässern – noch gering.

Die „Naturbewusstseinsstudie 2017″ des Bundesumweltministeriums (BMU) bringt die aktuelle Situation auf den Punkt: „Plastikmüll steht unter den wahrgenommenen Gefährdungsursachen der Meere an erster Stelle. 78 Prozent der Befragten sehen darin ein ‚sehr großes Problem‘, weitere 18 Prozent ein ‚großes Problem‘. […] Aber damit sind nicht alle Facetten dieser markanten Problemwahrnehmung in der Bevölkerung erfasst: Mikroplastik ebenso wie radioaktive Abfälle oder hohe Anteile von Düngemitteln in den Abwässern entziehen sich häufig der persönlichen Wahrnehmung.“ Daher, so das BMU abschließend, sei es notwendig, das Bewusstsein der Bevölkerung weiter zu schärfen.

Beispielgewässer Bodensee und Chiemsee

Zu diesem Zweck hat sich der Global Nature Fund (GNF) mit Partnern zusammengeschlossen, die im vierjährigen Projekt „LIFE Blue Lakes“ auf die stille Gefahr aufmerksam machen wollen. Gefördert vom LIFE-Programm der EU-Kommission und koordiniert von der italienischen Naturschutzorganisation Legambiente beteiligen sich neben dem GNF auch die Bodensee-Stiftung und vier weitere italienische Partner an gezielten Aktionen, die exemplarisch am Bodensee und Chiemsee in Deutschland sowie an den Seen Garda, Bracciano und Trasimeno in Italien umgesetzt werden. Blue Lakes widmet sich dem Ziel, bereits vorhandenes Mikroplastik zu reduzieren und zukünftiger Entstehung von Mikroplastik vorzubeugen.

GNF-Geschäftsführer Udo Gattenlöhner freut sich, Teil des Projekts sein zu dürfen, und weist auf die Erfahrung und Expertise des Global Nature Fund in Sachen Gewässerschutz hin: „Als Initiator und Koordinator des internationalen Seennetzwerks Living Lakes sind wir sehr besorgt über das wachsende Problem der Mikroplastikverschmutzung von Seen, Feuchtgebieten und anderen Ökosystemen weltweit und die möglichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Mit dem breiten Fachwissen der vielen Partnerorganisationen im Netzwerk – NGOs, Behörden, wissenschaftliche Einrichtungen und Partner aus dem Privatsektor – bemühen wir uns, zur Entwicklung geeigneter Lösungen und zur Verbreitung von Best-Practice-Ansätzen beizutragen. Wir setzen uns dafür ein, das Bewusstsein der Bürger und Gemeinden zu schärfen, die Umstände der Entstehung sowie den absichtlichen Einsatz von Mikrokunststoffen auf die politische Agenda zu setzen und durch rechtliche Rahmensetzungen zu reglementieren. Wir wollen Unternehmen dazu bewegen, m ehr Verantwortung zu übernehmen“, so Gattenlöhner.

Mehr über Mikroplastik

Mikrokunststoffe gelangen über häusliche und industrielle Abwässer, Oberflächenabflüsse, atmosphärische Ablagerungen und die Zerkleinerung größerer Kunststoffabfälle in die Umwelt. Es handelt sich bei Mikroplastik um einen komplexen Schadstoff, der aus Materialien besteht, die in ihrer chemischen Zusammensetzung, Form, Struktur und Größe variieren können und diverse umweltschädliche Wirkungen entfalten.

So enthalten einige Mikropartikel Stoffe, die als besonders belastend für Gewässer gelten (Anhang II der EG-Richtlinie 2008/105), z.B. Diethylhexylphthalat (DEHP), Nonylphenol, Octylphenol und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Als Teil der aquatischen Umwelt kontaminieren sie Nahrungsketten, reichern sich in Organismen an und landen letztlich nicht nur in unserem Trinkwasser, sondern auch im Fisch auf unserem Teller.

Gezielte Maßnahmen

Zu den geplanten Projektaktionen zählt eine Informationskampagne, die Verbraucher in den italienischen und deutschen Seenregionen dazu anregen soll, ihr Konsumverhalten zu überdenken. Gemeinsam mit der Bodensee-Stiftung tritt der Global Nature Fund mit Unternehmen der Reifen-, Textil- und Kosmetikindustrie in Austausch, um sie aktiv an der Entwicklung von Lösungen zu beteiligen, welche die weitere Verunreinigung von Seen durch Mikroplastik reduzieren und vermeiden sollen.

Die Polytechnische Universität Marken ist verantwortlich für den Entwurf und die Erprobung eines technischen Protokolls zur Reduzierung der Freisetzung von Mikroplastik aus Kläranlagen, das im Pilotgebiet des Gardasees realisiert werden soll. Die hier erarbeiteten Erkenntnisse werden den Betreibern von Kläranlagen in Italien und Deutschland unter anderem im Rahmen von Seminaren vorgestellt.

Am Bracciano und Trasimeno entwerfen und testen die Partner ein standardisiertes Überwachungsprotokoll, um in europäischen Seen vorhandene Mikrokunststoffe einheitlich zu bewerten. Auch dieses Protokoll wird an die zuständigen Behörden in Italien und Deutschland weitergegeben. Unter Beteiligung der fünf Seegemeinden bringt Blue Lakes außerdem einen partizipativen Prozess für die Ausarbeitung des Seenpapiers voran, eines freiwilligen Instruments zum Schutz der Seen, das von den lokalen Behörden und Gemeinden in den Projektgebieten angenommen und von Kommunikations- und Sensibilisierungsmaßnahmen für Bürger und Touristen begleitet werden soll.

-pm-

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