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Zielfisch Heilbutt: Naturkunde

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Zielfisch Heilbutt: Naturkunde
Dieser tolle Heilbutt fiel auf einen Seelachs am Doppelhakensystem herein.

Was taugen Köfis beim Heilbuttfischen wirklich, und wie bietet man sie am besten an? Volker Dapoz gibt die Antworten.

Noch vor zehn Jahren hieß es: Wer Heilbutts fangen will, darf nur mit Naturködern angeln. Auch die norwegischen Fischer behaupten das nach wie vor. Ich halte es mittlerweile jedoch für einen fatalen Irrtum! Selbst wenn die Berufsfischer mit kilometerlangen Langleinen die meisten ihrer Heilbutts erwischen, resultiert das eher aus dem Gesetz der großen Zahl und weniger aus der Fängigkeit der Methode. Ich selbst habe jahrelang wesentlich häufiger mit Fetzen und ganzen Fischen an herkömmlichen Montagen als mit Kunstködern geangelt. Das funktionierte bei Leng und Lumb, aber auch bei Seehecht und Seewolf hervorragend. Doch die Butts verschmähten das Angebot sehr oft. Ganze zwei, gerade maßige Exemplare habe ich zum Beispiel auf Fischfetzen erwischt. Heilbutt auf Fischfetzen ist für mich deshalb so etwas wie mit Regenwurm auf Hecht zu fischen.

Was hingegen meist halbwegs funktionierte, waren ganze Köderfische. Wem das unlogisch erscheint, der sollte einmal an die heimischen Fischarten denken. Den Barsch beispielsweise lassen Fetzen regelmäßig kalt. Er nimmt viel lieber ganze Fische, aber die sollten nach Möglichkeit verführerisch zappeln. Ähnlich verhält es sich mit dem Heilbutt. Doch bekanntermaßen ist der lebende Köderfisch nicht nur in Deutschland, sondern auch in Norwegen mittlerweile verboten. Was also tun?

Ich habe intensiv Systeme getestet – den Köfi entweder am Seitenarm oder als Nachläufer präsentiert. Diese Technik war zwar nicht erfolglos, aber auch ganz bestimmt nicht der Renner, insbesondere, wenn der Köderfisch nicht mehr ganz frisch war. Zum Einsatz kamen überwiegend kleine Seelachse. Zeigten diese jedoch auch nur leichte Anzeichen von Todesstarre, dann wollten nicht mal mehr die Dorsche drauf beißen.

 

Ein Köhler am Giant Jighead Dead Bait bescherte dem Autor diesen strammen Heilbutt.

 

Butts beißen anders

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, der diese Methode erschwert: Während Lengs meist so lange zuppeln, bis sie den Köderfisch richtig inhaliert haben, oder sich Dorsche förmlich mitziehen lassen, ohne den Happen auszuspucken, verhalten sich Heilbutts beim Biss ganz anders. Sehr oft greifen sie den Köderfisch quer und versuchen, mit ihm davon zu schwimmen. Sie schleppen dabei natürlich das notwendige Blei hinter sich her und lassen den Köder schnell wieder los. In diesem Fall ist es sehr schwierig, den richtigen Zeitpunkt oder überhaupt eine Gelegenheit für einen Anhieb zu finden. Das Ködersystem mit nur einem einzigen Haken zu bestücken, wie beim Lengangeln oft praktiziert, macht deshalb keinen Sinn. Es sollte unbedingt ein Doppelhakensystem sein, noch besser ein System aus zwei oder sogar drei Drillingen. In diesem Fall kann der Anhieb unverzüglich gesetzt werden. Das garantiert den Erfolg zwar auch nicht immer, ist aber besser, als den Fisch dadurch zu verlieren, dass er beim Abziehen den Köder fahren lässt.

Dieses Vorgehen funktioniert also einigermaßen, scheint aber dem Butt auch nicht den ausschlaggebenden Bissanreiz zu bieten. Auch in diesem Fall gibt es durchaus Parallelen zum Süßwasser, nämlich zum Hechtangeln. Fast jeder Raubfischfan weiß, dass der stationär an der Stellfischrute angebotene tote Köderfisch zwar Hechte bringt, aber nicht unbedingt immer erste Wahl ist. Natürlich gibt es jahreszeitliche Unterschiede, und jedes Gewässer ist anders. Aber ganz generell betrachtet, wird das Angeln mit totem Köderfisch nicht gerade auf breiter Front praktiziert. So wundert es nicht, dass heutzutage die meisten Esoxe mit Kunstködern gefangen werden, wie Heilbutts übrigens auch. Dennoch ist eine Technik zu einem Klassiker geworden, die quasi das Kunst- und Naturköderangeln miteinander kombiniert – das Drachkovitch-System. Der Grund liegt auf der Hand: Mit diesem System verleiht man dem echten, aber toten Köderfisch ein sehr natürliches, lebendiges Spiel. Der zweite Vorteil ist, dass sofort angeschlagen werden kann.

Viele denken jetzt sicher: ‚Dann baue ich mir eben ein Drachkovitch-System fürs Meer. Das kann doch kein Problem sein!‘ Falsch, denn der Teufel steckt auch hier im Detail. Erstens ist es erforderlich, das nötige Gewicht anzubringen. Zweitens wird der Köder ja vom Boot aus benutzt, also vertikal und nicht horizontal wie im Süßwasser.

Nehmen wir mal eine Dorschbombe mit Einzelhaken, kombiniert mit einem Drillingssystem. Der Köderfisch wird in diesem Fall am feststehenden Einzelhaken befestigt, die an ein Stahlvorfach geknüpften Drillinge im Köderfisch verankert. Problem dabei ist Folgendes: Die Montage wird jetzt so kopflastig, dass die Drillinge beim Vertikalangeln nach oben schlagen und sich schnell mit der Hauptschnur vertüddeln. Das geschieht meist schon beim Ablassen. Eine aktive Köderführung verbietet sich dann sowieso.

Diesem Problem aus dem Weg zu gehen, ist gar nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Ich habe in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Prototypen getestet, beispielsweise eine Art Komplettaufhängung, bei der ich den Köderfisch der Länge nach auf einen Pilker schob. Auch dies funktionierte nicht richtig, denn der Köfi wird auf diese Weise versteift und stand senkrecht, also unnatürlich im Wasser. Hinzu kam, dass der einzelne Drilling am Kopfende eher am Grund hing als im Fisch.

Kapitaler Heilbutt kurz vor der Landung: Auch dieser Räuber kam an einem natürlichen Happen nicht vorbei.

 

Die Lösung für Köfis

Schließlich hatte ich den richtigen Einfall und entwickelte den Giant Jighead Dead Bait. Damit ist es möglich, den Köderfisch mithilfe eines verlängerten Metalldorns (siehe Foto) recht einfach und nahezu tüddelfrei zu befestigen. Wenn der Köfi nicht gerade steif ist, bewegt er sich bei den Auf- und Abbewegungen sehr natürlich – so wie es die Räuber gewohnt sind. Beim Giant Jighead Dead Bait handelt es sich also um eine ausgezeichnete Alternative, einen toten Köderfisch beim Meeresangeln verführerisch zu präsentieren. Gedacht ist er für alle Großräuber, auch wenn ich ihn bislang nur gezielt auf Dorsch und Heilbutt ausprobiert habe. Diese Tests hat er mit Bravour gemeistert.

Clou des neuen Giant Jighead Dead Baits: ein verlängerter Metalldorn, den man im Köderfisch verankert.

 

Variieren ist Trumpf

Viele werden jetzt sicher fragen: „Womit soll ich denn nun auf Heilbutt angeln -mit Gummi- oder mit Köderfisch?“ Die Antwort lautet: sowohl als auch. Da man beim Bootsangeln fast immer mit mehreren Leuten an Bord ist, bietet sich das förmlich an. Wir haben jedenfalls auf diese Weise die besten Erfahrungen gemacht. Wenn wir beispielsweise mit drei Leuten durchweg Gummifische benutzt haben, hieß das noch lange nicht, dass sich die Fänge entsprechend verdreifachten. Es hat sich eigentlich immer ausgezahlt zu variieren, zumindest in Sachen Köderfarbe oder -Führung. Auf gut Deutsch: Präsentieren alle Angler einen schwarz-weißen Gummifisch am Fluokopf genau fünf Meter über Grund, weil das beim letzten Mal der Bringer war, dann bewirken sie diesmal damit vielleicht genau das Gegenteil.

So sieht der einsatzbereite Köfi aus. Er wurde zusätzlich mit Kabelbindern am Bleikopf fixiert und hält nun bombenfest.

 

Ideal ist es, wenn einer mit Gummi total passiv, einer aktiv und einer mit Köderfisch angelt. Heilbutts sind nicht jeden Tag in der gleichen Beißlaune. So hatten wir innerhalb weniger Tage im selben Revier die unterschiedlichsten Ergebnisse. Beispiel: Während einer Tour im vergangenen Jahr bissen an einem Tag drei Heilbutts auf den Giant Jighead Dead Bait mit Köfi, die Gummifische wurden nicht angerührt. Am nächsten Tag ging trotz optimaler Bedingungen sowohl auf Köderfisch als auch auf Gummifisch überhaupt nichts! Zwei Tage darauf fingen wir drei Platte auf Gummi, und der Köderfisch brachte lediglich einen Dorsch und einen dicken Lumb. Am letzten Tag waren wir mit beiden Ködern erfolgreich. Die Angler in den anderen Booten, die nicht variierten, fingen in der Woche nur zwei kleinere Heilbutts.

Dieser Erlebnisbericht kann sicher nicht auf alle Situationen übertragen werden. Es hat aber den Anschein, als ob gerade der Einsatz etwas abweichender Techniken den Erfolg positiv beeinflusst.

 

Kräftigere Rute

Das Gerät bei dieser Art des Naturköderangelns sieht ähnlich aus wie beim Fischen mit dem klassischen Giant Jighead. Allerdings sollte die Rute einen Tick kräftiger gewählt werden. Das hat folgenden Grund: Beim Angeln mit dem Giant Jighead haben sich 300 Gramm schwere Köpfe sowie 23 Zentimeter lange Gummifische als Universalkombination durchgesetzt. Benutzt man hingegen einen Köderfisch am Giant Jighead Dead Bait, sind bei gleichen Bedingungen etwa 400 Gramm schwere Bleiköpfe nötig. Hinzu kommt der Köderfisch, beispielsweise ein rund 500 Gramm schwerer Köhler. Dieses höhere Gesamtgewicht und die damit verbundene Trägheit muss letztlich bei der Führung und beim Anhieb überwunden werden. Daher empfehle ich Ihnen statt der 30-lb-Ausrüstung eine Rute von 40 oder sogar 50 lb – je nach Modell.

Mit dieser Zweihaken-Montage wurde der 202 Kilo schwere Weltrekord-Heilbutt überlistet. Das Besondere ist das Mooching-Blei, das vor Verhedderungen schützt.

Köfi am System

 

Dass man mit einem Köderfisch durchaus auch wahre Heilbutt-Giganten bezwingen kann, stellte der dänische Journalist Søren Beck im Mai vergangenen Jahres unter Beweis. Er fing vor Væroy in Norwegen den Weltrekord von sagenhaften 202 Kilo.

 

Als Köder diente ihm ein Seelachs, den er an einem Zweihakensystem präsentierte (siehe Zeichnung). Der Clou daran: Ein spezielles Exzenter-Gewicht, auch Mooching-Blei genannt, bringt das Ganze auf Tiefe und schützt vor Verhedderungen. Der Köfi wird zum Grund abgelassen, dann kurbelt man die Montage einen bis zwei Meter nach oben und lässt sie dort für etwa 15 Sekunden verharren. Auf diese Weise arbeitet man sich langsam nach oben, bis sich das System im Mittelwasser befindet. Dann beginnt das Spiel von vorn.

 

Passive Duftbombe

 

Der Giant Jighead Dead Bait wird in der Regel extrem passiv und zwischen drei und zehn Metern über Grund geführt. Die Schaukelbewegungen des Bootes reichen völlig aus, um dem Köder ein ausreichend lebhaftes Spiel zu verleihen. Großer Vorteil: Der Köderfisch zeichnet sich durch seinen natürlichen Geruch und Geschmack aus, der Heilbutt kann ihn also bei derartiger Präsentation in aller Ruhe unter die Lupe nehmen, ohne Verdacht zu schöpfen. Auch Sie sollten sich daher beherrschen und nicht zu früh anschlagen, wenn Sie den ersten Anfasser registrieren.

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