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Massen von Wasserpflanzen – nützlich oder schädlich?

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Die pdf-Datei "Massenentwicklung von Wasserpflanzen – natürliches Phänomen oder ernstes Problem?" kann beim IGB kostenlos heruntergeladen werden (siehe Link im Text).

Sind Massenentwicklungen von Höheren Wasserpflanzen wie Laichkräutern und Teichrosen ein natürliches Phänomen oder eher ein ernstes Problem?

Massenentwicklung von Wasserpflanzen (Makrophyten) werden von vielen Gewässernutzern als sehr störend empfunden. Ist diese Entwicklung ein natürliches und begrüßenswertes Phänomen oder eher ein ernstes Problem, das man eindämmen sollte? Sind diese Pflanzen nützlich oder schädlich? Und gibt es ein „Zuviel“ an Wasserpflanzen?

Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hat jetzt ein Fact Sheet veröffentlicht, um allen Interessierten dazu einen kurzen forschungsbasierten Überblick zu geben. Die Forschenden erklären, wie es zu den Massenentwicklungen kommen kann – und auch, warum deren Management ein Umdenken in Öffentlichkeit, Behörden und Unterhaltungsverbänden erfordert.

„Das vermehrte Aufkommen von Makrophyten wird häufig als eine Form der Verschlechterung der Gewässer wahrgenommen. Dabei ist bei uns in Europa derzeit oft das Gegenteil der Fall: Makrophyten waren durch zu hohe Nährstoffeinträge jahrzehntelang verschwunden und wachsen heute bei verbesserter Wasserqualität und geringeren Nährstoffeinträgen wieder“, erklärt Dr. Sabine Hilt, die am IGB zu Wasserpflanzen forscht. Makrophyten dürften daher nicht mit freischwebenden Algen (Phytoplankton) verwechselt werden, die bei hoher Nährstoffbelastung oft die Gewässer dominierten und mit ihren so genannten „Algenblüten“ auch für Menschen und Tiere problematisch sein könnten, erklärt Sabine Hilt.

Wichtige Rolle von Wasserpflanzen im Ökosystem

„Wasserpflanzen sind ein wichtiger Teil unserer Gewässer. Sie beeinflussen die Stoffkreisläufe und interagieren mit anderen Gewässerorganismen. Während des Wachstums binden sie Kohlendioxid, das dadurch längerfristig ins Sediment eingelagert werden kann. Makrophyten nehmen überschüssige Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff aus dem Gewässer und geben durch ihren Stoffwechsel Sauerstoff ab, wodurch die Gewässer und deren Sedimente besser belüftet werden“, ergänzt Dr. Jan Köhler, der am IGB ebenfalls zu Makrophyten forscht. Die Wasserpflanzen hielten zudem Trübstoffe zurück und verhinderten die Aufwirbelung von Sediment. In Fließgewässern könnten Rückstaueffekte durch Makrophyten zu höheren Wasserständen im Fluss und im Grundwasser führen und damit zum Wasserrückhalt in den angrenzenden Flächen beitragen. „Im Hinblick auf die Klimafolgenanpassung ist das ein besonders positiver und wichtiger Effekt, außerdem kann die zu starke Erosion von Ufern und der Gewässersohle gebremst werden“, erläutert Jan Köhler.

Im IGB Fact Sheet betonen die Forschenden, dass Makrophytenbestände aufgrund ihrer vielfältigen Struktur auch die Biodiversität fördern: Auf ihrer Oberfläche kann sich ein artenreicher Aufwuchs aus Algen und Bakterien entwickeln, der wiederum Lebensraum und Futtergrundlage von Kleintieren (Zoobenthos) ist. Makrophyten bieten Kleintieren Schutz vor Räubern und sind selbst Nahrung für verschiedene Wasservögel. In Flüssen erhöhen Makrophytenbestände die Vielfalt an Lebensräumen mit unterschiedlichen Fließgeschwindigkeiten. Wasserpflanzenbestände sind außerdem wertvolle Laich- und Jagdgründe für Fische und Refugien für ihre Larven und Jungfische.

Gibt es ein „Zuviel“ an Wasserpflanzen?

Aus gewässerökologischer Sicht überwiegen bei den meisten Massenentwicklungen von Makrophyten klar die Vorteile für die Natur, stellen die Forschenden fest. Allerdings unterliegen unsere Gewässer auch stets bestimmten menschlichen Zielvorstellungen, die meist mit ihrer Nutzung zusammenhängen. Zu viele Wasserpflanzen können etwa den Bootsverkehr und andere Wassersportarten beeinträchtigen, Angelnde behindern oder für Schwimmende unangenehm sein. Gewässernutzende wünschen sich entsprechend häufig pflanzenfreie Oberflächen und Wasserkörper.

Auch indirekte Nutzungs- oder Sicherheitsinteressen spielen eine Rolle, insbesondere bei Fließgewässern. Ein so genannter „Krautstau“ kann den Abfluss bremsen und so den Grundwasserspiegel auf angrenzenden Flächen erhöhen, bei Hochwasser können auch lokale Überflutungen durch eine hohe Makrophytendichte im Gewässer verstärkt werden. Mehr Wasser in der Landschaft ist aus ökologischer Sicht zwar vorteilhaft, wird aus Sicht der Landwirtschaft und des Hochwasserschutzes für Siedlungsgebiete jedoch nicht immer begrüßt.

„Behörden und Unterhaltungsverbände sind im Rahmen der Gewässerunterhaltung dafür zuständig, sich negativ auswirkende Rückstaueffekte und Überflutungen zu verhindern. Allerdings ist für die Wasserwirtschaft zeitgleich — unter anderem durch die Europäische Wasserrahmenrichtlinie — der ökologische Zustand sowie aus naturschutzfachlicher Sicht der Erhaltungszustand des Lebensraums relevant. Es kann für diese Akteure also sehr herausfordernd sein, mit diesen Zielkonflikten zwischen Schutz oder Herstellung des guten ökologischen Zustandes einerseits und verschiedenen menschlichen Nutzungsinteressen andererseits umzugehen und Ansätze zu entwickeln, die alle Ziele berücksichtigen und abwägen“, erklärt Jan Köhler.

Welche Effekte hat das Entkrauten von Gewässerflächen?

Entscheiden sich die Akteure in der Gewässerbewirtschaftung für Maßnahmen gegen Makrophyten, ist das Krauten — also das Mähen oder Entfernen von Wasserpflanzen — die häufigste Maßnahme. Sie dient oftmals allein einer verbesserten Nutzungsqualität für bestimmte Interessengruppen und führt zu keiner Verbesserung des ökologischen Zustands, unterstreichen die Forschenden. Durch Krautung werden zwar kurzfristig Freiflächen für die Freizeitnutzung geschaffen oder auch der Abfluss von Gräben und natürlichen Fließgewässern erhöht, das Verfahren ist jedoch auch sehr teuer. Zudem können nach der Krautung Pflanzenfragmente in vorher unbetroffene Bereichen verdriftet werden und sich dort ansiedeln, dann dehnen sich die Makrophytenbestände eher noch aus. Bei manchen Arten führen Krautungen sogar zu erhöhten Wachstumsraten. Da Krautungen wenig selektiv sind, werden schnell auch seltene Pflanzenarten reduziert, vielfältige Lebensräume zerstört und viele in den Wasserpflanzenbeständen lebende Tiere getötet. Auch können diese Maßnahmen zur Aufwirbelung abgesetzter Partikel und verstärkter Sauerstoffzehrung führen. „Krautungen bergen damit Risiken für die biologische Vielfalt und können mitunter sogar zum Umschlag in einen trüben, von Phytoplankton dominierten Zustand führen, der deutlich weniger Ökosystemfunktionen unterstützt und für viele Nutzungsformen weniger attraktiv ist“, erklärt Sabine Hilt.

Laut der Wissenschaftler*innen werde der ökologische Wert von Wasserpflanzen in der öffentlichen Diskussion häufig übersehen. Aus Forschungssicht sollten zukünftig ökonomische, ökologische und soziale Aspekte bei der Betrachtung und Maßnahmenplanung gleichermaßen eingeschlossen werden. Wenn eine Verringerung der Wasserpflanzenbestände notwendig ist, sollten nachhaltige Maßnahmen wie die weitere Verringerung der Nährstoffeinträge und gegebenenfalls die Anpflanzung von Uferbäumen bevorzugt werden.

„Kleinflächige Krautungen für räumlich begrenzte Nutzungen wie beispielsweise das Schwimmen an Badestellen sind in der Regel auch aus gewässerökologischer Sicht vertretbar, wenn dort keine größeren Bestände gesetzlich geschützter Makrophytenarten wachsen“, erklärt Jan Köhler. Großflächige Krautungen, bei denen mitunter fast alle Wasserpflanzen des Gewässers für das Interesse von nur wenigen Nutzenden entfernt würden, hätten jedoch unverhältnismäßig große Kosten und Nachteile.

„Die Gewässerunterhaltung durch Behörden und Verbände ist kein Selbstzweck — im Rahmen ihrer Aufgaben- und Kompetenzbereiche sollte daher verstärkt geprüft werden, welche traditionellen Routinen wie z.B. Krautungsmaßnahmen im Rahmen des Gewässermanagements wirklich notwendig und zielführend sind. Die jeweiligen Zielkonflikte zwischen Ökologie und Nutzung sollten im zukünftigen Gewässermanagement für die jeweiligen Fälle konkret benannt und, wo nötig, tragfähige Kompromisse zwischen Schutz und Nutzung erarbeitet werden“, fasst Sabine Hilt in der Analyse zusammen.

-Pressemitteilung IGB-

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