Viele Meeresbewohner wie etwa Fische, Meeressäuger oder auch Krebstiere produzieren und nutzen Schall für ihre Navigation, Fortpflanzung oder Beutejagd. Natürliche Schallquellen im Meer werden jedoch zunehmend durch von Menschen verursachtem Schall gestört.
Dieser entsteht beispielsweise durch Schiffsverkehr, Bohrungen oder beim Bau von Offshore-Windparks. Wie sich solche unnatürlichen Schallquellen auf Ruderfußkrebse (Copepoden), kleine Organismen am unteren Ende der Nahrungskette, auswirken, haben nun Forscherinnen und Forscher des Forschungs- und Technologiezentrum Büsum (FTZ) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) erstmalig im Labor untersucht. In ihren Experimenten konnten sie aufzeigen, dass die winzigen Krebstiere auf Schall von periodisch auftretendem Schiffsverkehr so sensibel reagieren, dass sie ihre Nahrungsaufnahme signifikant reduzierten. Die Ergebnisse der neuen Studie sind kürzlich in der Fachzeitschrift Frontiers in Marine Science erschienen.
Schifffahrt ist größte Lärmquelle
Copepoden, Ruderfußkrebse, sind wenige Millimeter große Krebstiere, die in fast allen Gewässern der Erde vorkommen. Im Meer bilden sie die Basis des Nahrungsnetzes und sind eine wichtige Beute von kommerziell genutzten Fischarten wie etwa dem Hering. Gleichzeitig beeinflussen sie den Kohlenstofftransfer im Meer. Ohne die Krebstiere würde ein wichtiges Bindeglied zwischen der Primärproduktion und den höheren trophischen Ebenen im Ökosystem Meer fehlen. Wie widerstandsfähig solche Tiere gegenüber äußeren Umweltfaktoren sind, haben nun die Forscherinnen und Forscher des FTZ aus der Arbeitsgruppe ECOLAB-Küstenökologie erstmalig untersucht. Für ihre Experimente haben sie die Fraßraten des Copepoden Acartia tonsa im Aquarium unter normalen Umgebungsgeräuschen und unter Lärm durch Schiffsverkehr untersucht. Die Schifffahrt gilt als Hauptquelle für kontinuierlichen Unterwasserlärm und kann zu einem Anstieg des Lärmpegels von mehr als 30 Dezibel über dem natürlichen Umgebungslärm führen. Insgesamt wurden 51 Versuchsreihen ausgewertet. Dabei wurden 688 Copepoden entweder mit Schiffsgeräuschen (343) oder mit Umgebungsgeräuschen im Aquarium (345) beschallt.
Unterwasserlärm stresst Ruderfußkrebse
„Unterwasserlärm ist eindeutig ein Stressor für einige Arten an Krustentieren. Wir haben festgestellt, dass die Nahrungsaufnahme von Ruderfußkrebsen deutlich reduziert war im Vergleich zu normalen Umgebungsgeräuschen im Aquarium“, sagt Saskia Kühn, die in der Arbeitsgruppe ECOLAB Küstenökologie am FTZ arbeitet und die Experimente durchgeführt hatte. Die negativen Auswirkungen wurden im Labor untersucht und nachgewiesen. „Jetzt gilt es, die Experimente in Feldstudien zu wiederholen, um den Einfluss von Lärm auf das Fraßverhalten von Ruderfußkrebsen unter realistischen Schallbedingungen zu erforschen. So können wir abschätzen, welche Folgen Lärm auf das ganze Ökosystem hat“, erläutert Kühn.
-Pressemitteilung Uni Kiel-