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Tod eines Freundes

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Unter dieser kleinen Brücke in Ettlingen stand jahrelang eine große Bachforelle - bis sie im Rachen eines Kormorans verschwunden ist. Bild: B. Taller

Lange habe ich überlegt, ob ich diese Geschichte überhaupt publik machen soll. Es ist mir durchaus bewusst, welche Reaktionen entstehen können.

Da viele Menschen, wenn sie sich verletzt fühlen, gar nicht zu Ende lesen, muss mir eine Vorbemerkung gestattet sein: Ich liebe und schütze Tiere. Greifvögel, Schmetterlinge, Bienen. Auch weiche ich Käfern auf dem Boden aus. Aber ich liebe auch Fische, angele und besitze seit Kindertagen ein Aquarium. So viel zur Vorgeschichte.

Tatort war das Flüsschen Alb im Ettlinger Stadtgebiet. Dort ist korrekterweise das Angeln verboten und gelegentlich sieht man Bachforellen und Döbel. Mein Stammplatz für Beobachtungen ist die kleine Fußgängerbrücke an der Martinskirche. Dort steht (ich sollte besser sagen stand) eine Bachforelle. Jedes Mal freute ich mich über eine Begegnung. Anfangs warf ich ihr Brotkügelchen zu. Aber was bei einer Vielzahl von Brückenfischen funktioniert, ließ meine Forelle kalt.

Dann regnete es sehr viel und der Fluss stieg schnell an. Da landete ein Kormoran an ihrem Standplatz und tauchte mit der großen Forelle im Maul wieder auf. Verzweifelt schrie ich laut und stampfte, aber mein Freund war todgeweiht und wurde verschlungen. Ich wusste nicht wohin mit meiner Trauer und Wut. Ich hatte die Bachforelle über die Jahre lieb gewonnen. Es war jedes Mal eine Freude sie wiederzusehen.

Beim nächsten Mal packte ich mir vorsorglich einen Stein in die Hosentasche. Ich übte damit, aber ich bin ein lausiger Werfer. Wenn ich dem Kormoran nochmals begegnet wäre – ich glaube, dass ich auf ihn gezielt hätte. Aber ich habe ihn nie mehr angetroffen. Besser so – für ihn und für mich…

Bernd Taller

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