Acesulfam macht zuckerfreie Getränke und Speisen süß. Nach dem Verzehr landet der Süßstoff, da er sich im Körper nicht abbaut, über den Urin im Abwasser und bleibt auch in Kläranlagen weitestgehend erhalten.
Eine neue Studie der Universität Wien zeigt, dass die Beständigkeit des Süßstoffs mit der Temperatur schwankt: Die Konzentration des Süßungsmittels im Abwasser variiert mit den Jahreszeiten. Das Team der Umweltgeowissenschaften schlüsselt auf, wie sich auf Basis dieser saisonalen Schwankungen Grundwasserströmungen nachvollziehen lassen. Da Reste des Süßstoffs am Ende auch wieder im Trinkwasser landen, dient Acesulfam als Indikator für die Herkunft und Zusammensetzung unseres Trinkwassers. Die Studie ist nun in der Fachzeitschrift Water Research erschienen.
In den meisten Light-Getränken vorhanden
Der Zuckerersatz Acesulfam-Kalium (ACE) ist einer der am häufigsten verwendeten Süßstoffe in Europa. Er ist fast 200 Mal süßer als Zucker und temperaturstabil, eignet sich daher unter anderem zum zuckerfreien Backen und steckt in den meisten Light-Getränken. In großen Mengen verzehrt landet er, weil der menschliche Körper den Stoff nicht verstoffwechselt, in ebenso großen Mengen im Abwasser. Dort verbleibt er auch nach der Abwasseraufbereitung, jedoch in schwankender Konzentration. Die aktuelle Studie der Universität Wien zeigt, dass der Stoff über das Jahr hinweg je nach Temperatur unterschiedlich stark abgebaut wird.
Biologisch kaum abbaubar
„Lange Zeit ging man davon aus, dass Acesulfam-Kalium in Kläranlagen gar nicht abgebaut wird. Dies stimmt auch weiterhin, aber nur in der kalten Jahreszeit“, erklärt Thilo Hofmann, stellvertretender Leiter des Zentrums für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft der Universität Wien. „Es gab bereits erste Hinweise, dass im Sommer zumindest teilweise ein biologischer Abbau stattfindet. Wir können das in unserer Studie belegen und schlüsseln systematisch für einen längeren Zeitraum auf, wie sich die Konzentration des Süßstoffs im Wasser mit den Jahreszeiten verändert.“
Indikator für Abwasser in Flüssen und Seen
Acesulfam ist ein weit verbreiteter Indikator für Abwassereinträge in Oberflächengewässer und Grundwasser: Da dieses Süßungsmittel sowohl in der Kläranlagen als auch in der Umwelt – nachdem es mit dem geklärten Abwasser in Gewässer geleitet wurde – nicht ganz abgebaut wird, weist ein Nachweis des Mittels im Wasser darauf hin, dass und wie viel gereinigtes Abwasser in Grundwasser, Flüsse oder Seen gelangt ist. „Folgt man den Spuren der Substanz, kann man letztlich Fließwege des Abwassers und Mischung mit dem Grundwasser nachvollziehen“, erläutert Hofmann. Mit dem Wissen um saisonale Schwankungen beim Abbau des Stoffes werde Acesulfam als Indikator noch aussagekräftiger.
Wieviel Flusswasser im Trinkwasser?
„Unsere Studie zeigt, dass man die jahreszeitlich schwankende Konzentration von Acesulfam bestens dafür verwenden kann, die Prozesse im Untergrund, also Grundwasserströmungen, besser sichtbar zu machen und zu verstehen“, sagt Hofmann. Abwasseranteile im Trinkwasser ließen sich darüber ebenso erfassen wie auch die Fließgeschwindigkeit des Grundwassers und die Mischungsverhältnisse von Grund- und Flusswasser. Die Umwelt-Geowissenschaftler werteten Fluss- und Grundwasserproben aus, die regelmäßig über acht Jahre hinweg in einem voralpinen Flussgebiet gesammelt wurden. Ihre Analysen verknüpfte das Forschungsteam mit Computermodellen, die Wasserströmungen im Untergrund berechnen. „Solche Computermodell sind der Schlüssel zur Risikovorsorge, weil man mit ihnen nachvollziehen kann, wie viel Flusswasser und wie viel Grundwasser am Ende im Trinkwasser der Bevölkerung landen und wie man den Betrieb eines Wasserwerks optimiert“, fügt der Leiter der Forschungsgruppe hinzu.
Süßstoff landet am Ende wieder im Trinkwasser
Das Süßungsmittel Acesulfam legt damit eine Art Leuchtspur vom Abwasser zum Fluss- und Grundwasser und schließlich zu unserem Trinkwasser. „Dass Acesulfam nicht abgebaut wird, hat für uns Hydrogeologen demnach auch etwas Gutes, weil wir daraus wertvolle Informationen ziehen können“, sagt Hofmann. Er ergänzt: „Uns als Bevölkerung macht das aber natürlich auch bewusst, dass sich unser Lebensstil im Abwasser und damit auch im Trinkwasser abbildet: Der von uns konsumierte Zuckerersatz landet am Ende über das Trinkwasser – wenngleich natürlich stark verdünnt – wieder bei uns.“
-Pressemitteilung Uni Wien-