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Reizpaket für die Sinne

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Wobbler-System
Rotauge am Wobbler-System: Bewegungen wie ein Fisch im Wasser. Geruch zum Reinbeißen. Im Aussehen kaum von einem harmlosen Köderfischchen zu unterscheiden.
Stollenwerk
Der Verfasser in seinem Element: In den 25 Jahren seiner anglerischen Laufbahn hat Joachim Stollenwerk schon viele große Hechte überlistet. Sein Erfolgs-Rezept: Öfter mal was Neues. Ungewöhnliche Techniken sind einfach fängiger.

Da kommt ein kleiner Fisch aufreizend langsam dahergewobbelt. Umgeben von einer Wolke frischen Geruchs. Wie kann ein Räuber bei diesen geballten Reizen noch stillhalten?

By Joachim Stollenwerk

Langsam schiebt sich ein großer, schwarzer Fleck auf den Bildschirm des Echolots. Und dort sind auch schon die scharfen Sicheln, die die unförmige Wolke begleiten. Sie zeigen Hechte an, die am Rande des Futterfisch-Schwarms stehen. Die hungrigen Räuber lauern auf unvorsichtige oder verletzte Silberlinge, die den Anschluss zum Schwarm verpasst haben – leichte Beute.

Diese Signale elektrisieren uns Angler. Doch an diesem Tag schauen wir kaum noch hin. Wir haben es den ganzen Morgen lang in der Nähe der Fischechos probiert: mit Wobbler und Blinker in den unterschiedlichsten Formen und Farben – alles für die Katz! Jetzt kommt endlich der Standardspruch von Christoph, kurz bevor er die „Rute ins Korn“ wirft: „Hätten wir nur Köderfische dabei!“

Also Stippe montiert, und los geht’s auf Laube, Rotauge & Co. Die dicken Räuber müssen warten. Doch selbst die Kleinfische wollen heute nicht so recht. Es dauert einige Zeit, bis wir zwei Rotaugen von etwa 20 Zentimetern Länge haben. Dann beißt kein Kleiner mehr. Aber immerhin: Mit zwei „Köderfisch-Trümpfen“ in der Tasche können wir dem Nachmittag gelassen entgegensehen.

Es lebe der tote Köderfisch!

Ich schlage vor, mit dem Wobbler-System zu schleppen. Christoph kennt die Montage noch nicht. Seine Skepsis gegenüber dem hakenbewehrten Drahtgewirr ist allerdings nicht zu übersehen: ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Aber als ich ihm die Funktion demonstriere, glätten sich seine Sorgenfalten. Der Aufbau ist nämlich relativ einfach: An einer Drahtachse sind Drillingshaken angebracht. Der tote Silberling wird auf die Achse geschoben und durch eine Haltevorrichtung fixiert. Das „Herzstück“ ist die Tauchschaufel, die dem Happen Leben einhaucht und für das aufreizende Köderspiel sorgt.

Diverse Hersteller bieten diese Systeme in verschiedenen Größen für alle Raubfische an. Sie werden seit langem schon in den großen, glasklaren Alpenseen sehr erfolgreich auf Renkenhechte eingesetzt und finden selbst im hohen Norden immer mehr Anhänger. Kein Wunder, denn die Präsentation ist derart natürlich, dass die aufgezogenen, toten Köderfische kaum von lebenden zu unterscheiden sind. Gleichgültig, ob im Fluss, See, oder Meer, beim Schlepp- oder Spinnfischen: Wobbler-Systeme sind Allround-Talente und wahre „Abräumer“ im Revier.

Ruckweise rudern

Bei einem ersten Test im klaren Wasser am Boot beginnt mein Kumpel zu fluchen: Sein Rotauge hängt müde in den Seilen. „So bekomme ich doch nie einen Biss! Dein tolles System läuft ja überhaupt nicht richtig!“ Ein Blick auf meinen Köder – und er verstummt: Mein Fisch schwänzelt aufreizend durch die Fluten, dass es eine wahre Freude ist. Also muß es an seiner Montage liegen: Ich biege die Tauchschaufel leicht nach rechts. Der Köder läuft noch schlechter. Jetzt nach links – schon stimmt die Sache.

Nun aber los! Wir bringen das Boot auf Schleppgeschwindigkeit und setzen die montierten Köderfische unter leichtem Zug aus. So kann sich das System nicht mit der Angelschnur verheddern. Zwei kräftige Ruderschläge – zehn Sekunden Pause; zwei kräftige Ruderschläge – wieder zehn Sekunden Pause: So geht es langsam zurück zu „unserer“ Stelle. Ungleichmäßiges Schleppen bringt meiner Erfahrung nach deutlich mehr Bisse.

Die Weißfische und Echo-Sicheln sind noch da. „Jetzt müsste es gleich knallen“, meint Christoph. Es knallt aber nicht. Die Köder laufen noch zu flach. Schnell ist ein 40-Gramm-Blei vor das System geschaltet. Die Lauffreudigkeit des Köders wird nicht beeinflusst, wenn das Blei etwa einen Meter vor dem System angebracht wird. Je nach Wassertiefe reichen 40 bis 80 Gramm, um den Happen auf Tiefe zu bringen.

Zwei Hechte mit System

Also noch mal die Strecke. Wieder nichts. Beim dritten Anlauf – ich schaue gerade gedankenverloren über den See – scheppert es plötzlich: Christoph ist aufgesprungen und über die Wobbler-Kiste gestolpert. Seine Rute krümmt sich zum Halbkreis. Ein guter Hecht schießt in Richtung Gewässergrund. Da in dieser Gegend reichlich Hindernisse lauern, hält Christoph mit aller Kraft dagegen. Geschafft! Der Bursche schwimmt ins Mittelwasser. Fast zehn Minuten dauert es, bis der Fisch an die Oberfläche kommt. Zehn bis zwölf Pfund wird er wohl haben. Christoph ist begeistert – bis er merkt, dass er gerade seinen letzten Trumpf verspielt hat: Das Rotauge hängt zerfetzt am System.

Doch er muß nicht lange zuschauen: Wenig später an meiner Rute die gleiche Szene und erneut ein Hecht – es könnte fast der Bruder des ersten Fisches sein.

Zufrieden machen wir uns auf den Weg zurück zum Bootsanleger. Ein weiteres Boot gesellt sich zu uns. Auch dieser Jungfischer strahlt über das ganze Gesicht. Als er seinen Fang hochhält, fallen uns beinahe die Kinnladen runter: eine prächtige Seeforelle. Na, raten Sie mal, worauf gefangen – natürlich auf Wobbler-System.

Mit System spinnen

Äußerst erfolgreich sind Wobbler-Systeme auch beim Spinnfischen. Hier setze ich vorzugsweise Systeme der Größe 1 + 2 ein. Ab Größe 3 wird das Wurfgewicht zu groß, und der Köder neigt beim Wurf zum Überschlag. Mein Tip: Umwickeln Sie das System und den Köderfisch in der Kiemengegend mit einem dünnen Kupferdraht. So präpariert, hält der Köder bombenfest am System und übersteht stundenlanges Auswerfen. Auch beim Spinnfischen variiere ich die Einholgeschwindigkeit und setze mit kurzen Schlägen der Rute zusätzliche Akzente. Als Notnagel können auch Gummifische an dem System montiert werden.

Foto: Verfasser und Manfred Lüer

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