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Plattfisch: Platte vor Lolland

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Plattfisch: Platte vor Lolland
Horst freut sich über eine schöne Dublette. Mit etwas Erfahrung lassen sich Doppelbisse provozieren.

Im Herbst steuert der Kutter „Jan Cux“ die Sandbänke vor Dänemark an. Dort geht‘s gezielt auf Scholle, Kliesche und Flunder. Horst Hennings vom Team Daiwa-Cormoran war mit an Bord und zeigte Georg Baumann, wie man Plattfische fängt.

Skeptisch war ich ja schon: Als ich hörte, dass wir rund vier Stunden übers Meer tuckern würden, nur um auf Plattfische zu angeln, machte ich ehrlich gesagt keine Luftsprünge. Ob sich der Aufwand wirklich lohnt? Aber Horst steckte mich mit seiner Euphorie an: „Das macht einen Riesen-Spaß“, redete er am Telefon auf mich ein. „Wir machen das schon seit einigen Jahren. Vor Lolland stapeln sich die Plattfische! Sei kein Frosch und komm mit, Mensch!“ Hätten Sie bei so freundlicher Überzeugungsarbeit Nein gesagt? Sehen Sie, ich auch nicht. Wer will schließlich schon als Weichei dastehen?

So sitze ich an einem Oktober-Morgen in aller Herrgottsfrühe unter Deck des komfortablen Kutters „Jan Cux“. Ich bin hundemüde, und das gleichmäßige Stampfen des Diesels droht, mich erneut einzuschläfern. Gut, dass es reichlich Brötchen und vor allem Kaffee im Überfluss gibt. Mit diesen „Drogen“ schaffe ich es, allmählich aufzuwachen. Als ich halbwegs aufnahmefähig bin, erklärt mir Horst die Montage. „Das Plattfisch-Angeln ist ganz einfach“, sagt der erfahrene Meeresspezialist. „Natürlich kann man daraus auch eine Wissenschaft machen, aber ich fische mit einer normalen Nachläufer-Montage. Zwei Haken unter dem Blei und einer darüber.“ Die Schnur wählt er ziemlich dick (s. Zeichnung). „Die Fische stört das nicht, und so bin ich in der Lage, auch mal einen Hänger zu lösen“, erläutert er seine Wahl. „Außerdem kann ja immer ein Dorsch einsteigen, und den will ich dann nicht verlieren.“ Inzwischen haben wir die Fanggründe erreicht, und Horst lässt die Haken ab. Die Schnur gleitet kontrolliert durch seine Finger. So werden Vertüddelungen verhindert.

Einfaches Gerät

Als Köder hat Horst Seeringel- und Wattwürmer dabei. Letzteren gibt er eindeutig den Vorzug. „Die sind zwar ziemlich teuer“, sagt er, „aber mit Abstand am besten.“ Auf jeden Haken hat er ein bis zwei Kringler gezogen. „Die Hakenspitze muss frei bleiben, denn sonst hängen die Fische nicht“, erklärt Horst, als auch schon die Rutenspitze zuckt – Biss! „Willst Du keinen Anhieb setzen?“, frage ich irritiert. Horst steht nämlich in aller Seelenruhe neben seiner Gerte und scheint nicht mal dran zu denken zu reagieren. „Ach was“, antwortet er, „mit einem Anschlag haue ich ihm den Haken nur aus dem Maul. Besser ist es, wenn man abwartet oder sogar etwas Schnur gibt. Dann hat der Plattfisch alle Zeit zu schlucken und hakt sich selbst.“ Nach einigen Augenblicken kurbelt Horst ein und hebt tatsächlich den ersten Fisch über die Reling. Eine schöne Kliesche – so kann‘s weitergehen.

Schlepp-Montage

 

Die Schlepp-Montage muss vorsichtig zum Grund gelassen werden. Sonst drohen Vertüddelungen.
Schnell-Einhakmontage

Dann mache auch ich mein Gerät fertig. Horst hatte mir empfohlen, eine starke Rute mit einem Wurfgewicht von 100 bis 200 Gramm einzupacken. Da ich so etwas nicht besitze, habe ich einfach meine Hechtrute mitgenommen. Die ist zwar etwas leichter, reicht an diesem Tag aber locker aus. Der Kutter driftet nämlich so gut wie gar nicht, und wir können mit Bleigewichten von rund 100 Gramm fischen. „Das Gerät kann wirklich einfach sein“, erläutert Horst nochmal. „Wichtig ist, dass die Rute lang genug ist, um die Vorfächer noch zu bewältigen.“

Konzentriert beobachte ich die Spitze. Sie dient als Bissanzeiger. Allerdings ist es manchmal gar nicht so leicht zu erkennen, ob sich ein Fisch am Köder zu schaffen macht, oder ob nur das Blei über den Grund hoppelt. Da! War das nicht was? Etwas unsicher greife ich in die Schnur. Jetzt spüre ich eindeutig das unverkennbare Zupfen eines Fisches. Sofort klappe ich den Bügel um und gebe etwas Leine. Innerlich zähle ich langsam bis fünf und fange dann an, einzuholen. Hoppla! Mit so einem Widerstand hatte ich nicht gerechnet. Da werden doch nicht zwei dran sein? Nein, es ist nur ein Plattfisch, wieder eine Kliesche. „Wenn die sich in der Strömung quer stellen, üben die einen ganz schönen Druck aus“, erklärt Horst, während er schon wieder drillt. Diesmal hat er allerdings tatsächlich eine Dublette am Haken. „Wenn man nach dem ersten Biss noch etwas wartet, kommt das ziemlich häufig vor“, sagt er zufrieden lachend, während er den Fang versorgt.

Die unterste Mundschnur muss so lang sein, dass der Köder am Grund schleift. Die anderen sollten etwas kürzer sein, um Vertüddelungen zu vermeiden.

Riesen-Spaß

In den folgenden Stunden bin ich in einer Art Fangrausch. Immer, wenn ich gerade nicht filmen muss, schnappe ich mir meine Rute. Und tatsächlich kann ich so einige Plattfische erwischen – sogar eine Dublette ist dabei. Horst hatte nicht zuviel versprochen – es macht
wirklich einen Heidenspaß. Dazu trägt auch die lockere Stimmung an Bord bei. Irgendwas gibt‘s immer zu lachen. Besonders viel Anlass zur Erheiterung bietet Horsts Kumpel André. Ihn kenne ich schon von einer früheren Island-Reise, wo er einen Riesen-Heilbutt fangen konnte und mit seinen Sprüchen für gute Laune gesorgt hat. Heute will er den Plattfisch-Stückzahl-Rekord brechen und fischt mit drei Ruten gleichzeitig. Logisch, dass eigentlich immer irgendeine Montage vertüddelt ist oder bei seinem Nachbar in den Schnüren landet. Da muss er sich einigen Spott gefallen lassen. Besonders Horst nimmt seinen Kumpel gutmütig auf die Schippe. André nimmt’s wie gewohnt mit Humor, löst die Vertüddelungen, beködert geduldig seine Haken und fängt wie alle anderen auch seine Fische. Der Stückzahl-Rekord bleibt allerdings unangetastet, denn durch die ganze Bastelei kommt er kaum zum Angeln!

Gut lachen: Horsts Kumpel André sorgt für etwas Chaos und viel gute Laune an Bord.

Nach dem reichhaltigen Mittagessen ist dann das letzte bisschen Wind auch noch eingeschlafen. Das Boot steht fast auf der Stelle. Das mag für Leute mit Neigung zur Seekrankheit sehr angenehm sein, zum Angeln ist es aber schlecht. Denn beim Driften sucht man große Flächen ab und fängt deutlich mehr. Daher stellt Horst seine Montage um. „Jetzt nehme ich ein Wurf-System“, erklärt er. Dabei ist das Blei am Ende befestigt, und darüber befinden sich zwei oder drei Mundschnüre. So lässt sich die Montage weit werfen und über den Boden ziehen. „Die unterste Mundschnur muss so lang sein, dass sie auf dem Boden aufliegt“, erläutert Horst, während er langsam einkurbelt. „Zwar steigen die Plattfische häufig nach den Ködern, aber manchmal liegen sie auch träge am Boden. Dann nehmen sie den Köder nur, wenn er direkt vor ihrem Maul vorbeikommt.“ Wie bei der Schlepp-Montage auch, gibt Horst bei einem Biss sofort etwas Schnur nach, damit der Fisch schlucken kann. Der Anhieb ist auch dabei überflüssig. Mit dieser Technik erwischt der Profi bis zum Ende noch einige schöne Klieschen und Flundern. Am Abend haben fast alle Angler mehr als zehn, viele sogar über 20 Fische gefangen. Ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann.

Vom Plattfisch-Fieber gepackt: Ein begeisterter Autor mit seiner ersten Dublette.

Geräte-Check

Rute: Einfache Pilkruten mit 3 – 3,30 m Länge und einem WG von ca. 100 – 200 g, z. B. die Seacor Red Pilk.

Rolle: Eine robuste Stationärrolle der 4000er Größe, z.B. die Seacor Pro – 7Pi.

Schnur: Geflochtene Hauptschnur mit einer Stärke von 0,15 bis 0,20 mm.

Vorfach: Entweder kann man sich die Vorfächer selber knoten (s. Zeichnung) oder greift auf die im Handel angebotenen Modelle zurück.

Plattfische der Ostsee

Kliesche: Kommt recht häufig vor und ist im Durchschnitt um die 30 cm lang. Anhand der über der Brustflosse halbkreis-förmig geschwungenen Seitenlinie ist sie eindeutig von den anderen Plattfischen zu unterscheiden. Die Oberseite ist braungelb bis grau und wird durch kleine, unregelmäßige Flecken unterbrochen. Streicht man der Kliesche von hinten nach vorne über die Haut, fühlt sie sich rau an.

Scholle: Der bekannteste Plattfisch wird leider immer seltener gefangen. Die Oberseite ist meist braungrün mit hell-orangenen Flecken. Im Gegensatz zur Kliesche und Flunder fühlt sich die Haut glatt an. Vom Auge ausgehend bis zur Kopfmitte hat sie vier bis sieben Knochenhöcker, die sich leicht ertasten lassen und sie eindeutig von den anderen Plattfischen unterscheidet. Die Scholle wird maximal 95 cm lang und acht Kilo schwer. Aufgrund der starken Fischerei sind Exemplare über 50 cm allerdings äußerst selten geworden.

Flunder (Struvbutt): Sehr häufig gefangener Plattfisch. Ähnlich der Scholle hat sie schmutzig gelbe oder rote Flecken, die allerdings nicht die gleiche Intensität erreichen. Wie die Kliesche fühlt sich die Flunder beim Streichen von hinten nach vorne rau an. Anders als Scholle oder Kliesche hat sie aber entlang der Flossensäume warzige Verdickungen, die sich gut fühlen lassen. Die Flunder ist im Schnitt um die 30 cm lang, maximal sind Längen von 50 cm und Gewichte von rund sechs Pfund möglich.

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