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Neue Datenbank für Eintagsfliegen, Libellen & Co.

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Eintagsfliegen verbringen die meiste Zeit ihres Lebens als Larve unter Wasser. Das fertige, geflügelte Insekt lebt nur wenige Tage, um sich fortzupflanzen. Bild: S. Zankl/IGB

Viele Fluginsekten kennen die meisten Menschen nur als erwachsene Tiere, denn sie haben die größte Zeit ihres Lebens im Wasser verbracht.

Die Larven der Eintagsfliegen beispielsweise verbringen fast ein Jahr in den flachen Uferzonen stehender Gewässer, bevor sie als große Fliegen für einige Tagedurch die Luft fliegen. Diese so genannten semiaquatischen Wasserinsekten sind eine wichtige Nahrungsquelle für Tiere und werden als Bioindikatoren zur Bewertung der Wasserqualität herangezogen. Mit der neuen EPTO-Datenbank steht nun eine Quelle zur Verfügung, die weltweit georeferenzierte und frei verfügbare Datensätze zu ihrem Vorkommen bereitstellt. Das Projekt wurde vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) koordiniert.

6 Prozent aller Insektenarten

Eintagsfliegen (Ephemeroptera), Steinfliegen (Plecoptera), Köcherfliegen (Trichoptera) und Libellen (Odonata) leben als Larven in Gewässern, sind also semiaquatisch. Diese semiaquatischen Insekten machen zusammen mit den reinen Wasserinsekten rund 6 Prozent aller Insektenarten aus – ein bedeutender Anteil. Sie werden nun erstmals in einer umfassenden Datenbank namens EPTO erfasst. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich von 1951 bis 2021. Insgesamt sind über 8.3 Millionen georeferenzierte Einträge gelistet, von denen die meisten öffentlich für Forschende und Behörden zugänglich sind.

„Diese neue Datenbank ist eine wichtige Basis, um Renaturierungsmaßnahmen von Gewässern zu planen und zu bewerten. Denn Insektenlarven sind Bioindikatoren, also Zeigerarten für die Gewässergüte. Wenn man sie genau beobachtet, kann man eine Verschlechterung des Ökosystems früh genug erkennen“, erklärt Afroditi Grigoropoulou, Wissenschaftlerin am IGB und Erstautorin der Studie.

Wichtige Zeigerarten

Libellenlarven oder Köcherfliegenlarven sind Zeigerarten, weil sie empfindlich auf eine Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen reagieren – und viele Gewässer sind in einem schlechten ökologischen Zustand. Derzeit gelten 33 Prozent der bekannten EPTO-Arten nach der Roten Liste der IUCN als bedroht , die Aussterberate – also Arten, die in den letzten 50 Jahren nicht mehr gefunden wurden – liegt bei 9 Prozent. „Die neue EPTO-Datenbank ermöglicht es, Veränderungen im Vorkommen und in der Artenzusammensetzungen im räumlichen Kontext zu erfassen. So könnten diese Insekten in Zukunft besser geschützt werden“, sagt IGB-Forscher Sami Domisch, der die Studie geleitet hat.

Sein Team hat den Hydrography90m-Datensatz entwickelt, der als Grundlage für die Datenbank dient. Dabei handelt es sich um ein hochauflösendes Flussnetzmodell, das auch kleine und kleinste Flussarme abbilden kann. So konnten die Arten räumlich genau zugeordnet werden. Die Datenbank ist aber noch lange nicht fertig: „Wir laden Forscherinnen und Forscher ein, zur Datenbank beizutragen, insbesondere durch Daten aus noch unzureichend erforschten Gebieten, die wir in unseren globalen Karten hervorheben. Natürlich können auch andere Forscherinnen und Forscher die Daten nutzen“, sagt Afroditi Grigoropoulou.

Leben unbemerkt in Gewässern

Diese Insektenlarven leben nahezu unbemerkt im Gewässer, auch darum ist es den Autorinnen und Autoren wichtig, auf sie aufmerksam zu machen. Denn ihre Lebensweise ist faszinierend. Dass die Eintagsfliege eigentlich „Einjahresfliege-im-Wasser“ heißen könnte, haben wir ja schon erwähnt. Auch bei den Steinfliegen dauert die Larvalentwicklung im Wasser viel länger als das Erwachsenenstadium an Land – sogar mehrere Jahre. In dieser Zeit häuten sie sich etwa 10 bis 25 Mal.

Libellenlarven ernähren sich wie die geflügelten Erwachsenen ebenfalls räuberisch. Sie verfügen über Fangmasken, eine besondere Ausprägung der Unterlippe – einzigartig in der Tierwelt. Innerhalb von 0,2 Sekunden schnellt die Fangmaske nach vorne, schnappt mit zwei beweglichen Vorderzähnen nach der Beute und schnellt zurück.

Köcherfliegen sehen eigentlich eher unscheinbar aus. Ihre Larven dagegen sind sehr individuell. Denn viele von ihnen bauen sich mit Hilfe eines Spinnensekrets aus Kleinteilen, die sie finden, einen Köcher als Behausung. Aus dieser Wohnröhre ragen nur der Kopf und die Beine heraus. Wächst die Larve, wird am Vorderende einfach neues Material angefügt. Einige Arten gehen mit Netzen auf Fang, die sie aus ihrem Spinnsekret spinnen und quer zur Strömung auslegen, um Nahrung aus dem Wasser zu filtern.

-Pressemitteilung Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)/idw-

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