Eine internationale Forschungsexpedition, die im Auftrag des International Ocean Discovery Program (IODP) durchgeführt wird, wird die fossilen Korallenriffe und Klimabedingungen vor der Küste von Hawaii (USA) erforschen. Die zweimonatige Forschungsexpedition hat Ende August den Hafen von Honolulu verlassen.
Ein Blick zurück auf die Umweltveränderungen im Laufe der Erdgeschichte kann uns viel über die Zukunft verraten – insbesondere, wenn es um global und gesellschaftlich wichtige Themen wie den Meeresspiegel, den Klimawandel und die Gesundheit des Korallenriff-Ökosystems geht.
Korallenriffe reagieren sehr empfindlich auf den Meeresspiegel und andere Veränderungen der Umweltbedingungen. Als Fossilien halten sie eine Aufzeichnung vergangener Bedingungen über Hunderte, Tausende und Millionen Jahre der Erdgeschichte bereit. In den weltweiten Aufzeichnungen der letzten 500.000 Jahre gibt es jedoch Unterbrechungen, vor allem während Zeiten, in denen das Klima plötzlich sehr instabil wurde. IODP-Expedition 389 „Hawai’ian Drowned Reefs“ („Versunkene hawaiianische Riffe“) konzentriert sich auf dieses fehlende Glied. Wissenschaftliche Leiterinnen sind Professor Christina Ravelo (Ocean Sciences Department an der University of California, Santa Cruz, USA) und Professor Jody Webster (School of Geosciences), der University of Sydney, Australien).
Korallenriffe: Geschichtenerzähler aus der Vergangenheit
Prof. Christina Ravelo: „Die fossilen Riffe von Hawaii sind Geschichtenerzähler der vergangenen Klima- und Ozeanveränderungen und der Reaktionen des Riffökosystems auf diese Veränderungen. Wir möchten diese Geschichten durch sorgfältige Untersuchung der Fossilien, die wir zu bergen hoffen, aufdecken und teilen.“
Prof. Jody Webster: „Wir hoffen, dass die in den fossilen Riffen aufgezeichneten Informationen den Wissenschaftlern helfen werden, bessere Vorhersagen über Geschwindigkeit und Ausmaß des Meeresspiegelanstiegs zu treffen, welche Auswirkungen die globale Erwärmung und Abkühlung auf kurzfristige Klimaphänomene wie Dürren, Überschwemmungen und marine Hitzewellen hat, und wie Korallenriff-Ökosysteme auf diese Veränderungen reagieren.“
Bis eine halbe Million Jahre zurück
Dr. Thomas Felis, Leiter der Arbeitsgruppe Korallen-Paläoklimatologie am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen, ist Mitglied des Expeditionsteams. „Nach früheren Korallenriff-Bohrexpeditionen zum Great Barrier Reef und nach Tahiti, an denen ich beteiligt war, bietet sich nun in Hawaii die einmalige Gelegenheit, noch viel weiter in die Vergangenheit zurückzugehen, hoffentlich bis zu einer halben Million Jahre”, sagt Thomas Felis. Er koordiniert auch das DFG-Schwerpunktprogramm “Tropische Klimavariabilität & Korallenriffe” (SPP 2299), ein deutschlandweites Verbundprojekt, das ein besseres Verständnis der Klimavariabilität in den tropischen Ozeanen und ihrer Auswirkungen auf das Ökosystem der Korallenriffe in einer sich erwärmenden Welt zum Ziel hat.
110 Meter lange Bohrkerne aus der Tiefe
Ziel der Expedition ist es Bohrkerne aus Wassertiefen zwischen 134 und 1.155 Metern an zwanzig Stellen zu bergen. Auch wenn dies das erste Mal ist, dass in diesem Gebiet ein Ozeanbodenbohrgerät eingesetzt wird, sind die geplanten Lokationen gut voruntersucht. „Wir haben eine sehr gute Vorstellung davon, wie der Meeresboden vor der Küste von Hawaii aussieht, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben in den letzten vier Jahrzehnten mit Tauchbooten und ferngesteuerten Tauchrobotern umfangreichen Kartierungen mit Unterwassersonaren sowie Filmmaterial und Oberflächenproben gesammelt“, sagt Jody Webster.
Die Universität von Hawaii ist eine Partnerinstitution dieser Expedition und verfügt über eine lange Tradition in der Wissenschaft in den Bereichen Korallenriffe, Küstenphänomene und Küstengeologie. Hawai’ianische Wissenschaftler haben den Anstieg des Meeresspiegels und seine Auswirkungen untersucht und hervorgehoben, wie wichtig dieses Wissen für das Formulieren einer Strategie zur Eindämmung des Klimawandels und zur Stärkung der Resilienz in der Zukunft ist.
Um das Material zu gewinnen, wird während der Expedition auf dem Mehrzweckschiff MMA VALOUR ein Meeresbodenbohrgerät eingesetzt. Das Meeresbodenbohrgerät wird von einem renommierten Spezialisten der Geotechnikindustrie bereitgestellt und betrieben. Es wird auf den Meeresboden abgesenkt, um bis zu 110 Meter lange Bohrkerne aus dem Ozeanboden zu bergen.
Analyse in Bremen
Die Offshore-Phase der Expedition endet am 31. Oktober. Alle Mitglieder der Wissenschaftsgruppe werden sich zur Onshore-Phase im Bremer IODP Bohrkernlager (BCR) am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen treffen um die Kerne zu öffnen, zu analysieren, zu beproben und die im Februar 2024 gesammelten Daten auszuwerten.
–Pressemitteilung MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen–