Diesmal berichtet Hechtpapst Jan Eggers über Angelerlebnisse mit seiner nicht ganz so angelverrückten Familie.
Oft lese ich in Berichten bekannter Angler, wie sie in der Jugend durch ihren Vater, Opa oder durch ein anderes angelndes Familien-Mitglied ans Wasser mitgenommen und so mit dem Sportfischervirus infiziert wurden. Ich war dann immer etwas neidisch auf diese “Glückskinder”, denn ich hatte keinen einzigen Angler in der großen Familie meiner Mutter oder in der kleineren Familie meines Vaters. Meine Frau Tine konnte ich auch nicht bekehren, St. Peters Gilde beizutreten, aber dafür ihren Vater. Er kam aus einem Geschlecht von Zuiderzee-Fischern, inzwischen ist das das Ijsselmeer, und hatte deshalb eine Affinität zum Wasser. Vor allem während der Sommerferien am Ossiachersee habe ich viel zusammen mit meinem Schwiegervater gefischt, vorwiegend auf Zander.
Als ich selbst zwei Töchter und einen Sohn bekam, war ich fest entschlossen, ihnen das Angeln beizubringen. Ich hatte damals für meinen örtlichen Angelclub einen Angelkurs für Jungangler organisiert, samstags im Frühjahr konnten sie gut daran teilnehmen. Es hat ihnen keine große Freude gemacht, das kann ich mir heute noch anhören, 40-50 Jahre später. Deshalb habe ich es bei der nächsten Generation, meinen Enkeln, noch einmal versucht, sie für mein Hobby zu begeistern. Das hat mir den Beinamen “Opa Fisch” eingebracht. Es ist teilweise geglückt und ich habe genügend Fotos von Erlebnissen für diesen Artikel finden können.
Von Barsch über Karpfen zum Zander
Ich habe über die Reihenfolge der Fanggeschichten mit Familienmitgliedern für diesen Artikel nachgedacht. Schlussendlich habe ich beschlossen, mit den ältesten Familienmitgliedern zu beginnen und mit den jüngsten den Beitrag zu beenden. Mein Vater Jan Eggers Sr. wurde 1914 geboren. In der Mitte der 1950er Jahre begann er sich für das Wettfischen auf Weißfische und vor allem Barsche zu interessieren. Und zwar deshalb, weil ich mit 15 Jahren Barschmeister meines Angelclubs „De Hengelaar“ geworden bin und mein Vater mich Sonntagsmorgens um 4.30 Uhr wecken musste. Er fand diese Wettfischen interessant und wurde auch aktives Mitglied des Angelclubs. Wir wohnten in den 1960er Jahren direkt hinter der Schleuse in De Rijp und im strengen Winter von 1962-63 sahen wir, wie sich viele Zander in dem strömenden Stückchen offenen Wassers unterhalb der Schleuse sammelten. Die ganze Familie Eggers hat damals gebratenen Zander gegessen und im folgenden Sommer ging Papa Eggers dann auch mit zum Zanderangeln.
In den 1970ern fischten wir auch zusammen im Karpfenteich von Andijk. Das Karpfenangeln mit Schwimmer direkt am Schilfrand fand er einfach am schönsten. Sogar die Herstellung von Schwimmern wurde zu seinem Hobby und ich habe mir noch einige davon verwahrt. Vor allem seine schlanken Laufposen für die Zanderangelei waren beliebt und er hat viele davon weggeben müssen. Mit seinem neuen hölzernen Angelboot suchte er nach guten Zanderstellen im Eilandspolder und hatte viel Erfolg dabei. Leider wurde seine Gesundheit immer schlechter und er konnte nicht mehr in den Polder fahren. Als Schatzmeister des Angelclubs blieb er aber noch bis zu seinem Tod 1981 aktiv.
Ofenfrisches Brot für hungrige Hauskarpfen
Um 1600 war der Polder De Beemster, wo meine Frau Tine wohnte, ein 9.000 Hektar großer See mit einer offenen Verbindung zur Zuiderzee, dem heutigen Ijsselmeer. 1612 wurde dieser See mithilfe von 50 Windmühlen trockengelegt und es entstand ein Netzwerk aus Entwässerungsgräben. Vor dem Haus meiner Schwiegereltern lag auch so ein Graben, mit einer großen Zahl wilder Schuppenkarpfen darin. Mit der Wildheit war es aber nicht weit her, denn jeden Mittag um 13 Uhr sammelten sie sich bei der Brücke, um in die Nähe des Grundstücks zu kommen, denn dann war Essenszeit. Mein Schwiegervater Dirk Beunder war nämlich Bäckermeister und fütterte jeden Mittag “seine” Karpfen mit Krümeln und Krusten aus der Brotschneidemaschine. Natürlich waren sie deshalb auch sehr einfach zu fangen. Das machten wir dann hin und wieder auch einmal, vor allem, wenn ich ein Karpfenfoto brauchte oder neues Material getestet werden musste.
Bei unseren gemeinsamen Urlauben am Ossiacher See in Österreich fischten wir vor allem auf Zander und Hecht, in den Abendstunden auch auf Aal und Wels. Meine Schwiegermutter bereitete mit Freude die filetierten Zander zu und ich weiß noch ganz genau, dass wir Anfang der 1970er, während der Olympiade in München, in drei Wochen Urlaub 52 Zander fingen. 1981 ging Opa Dirk in Pension und besuchte mich regelmäßig in Bovenkarspel, um mit mir auf Zander und Aal zu fischen. In den 1980ern konnten wir noch reichlich Aale fangen, die ich dann mit großer Freude räucherte.
Angeln kann Tine auch nach 53 Jahren nicht begeistern…
Meine Frau Tine weiß mehr über große Hechte, als die durchschnittliche holländische Hausfrau und hat schon selbst einige schöne Fische gefangen. Ich habe einmal in alten Fotoalben gesucht, da kamen mir diverse Fotos meiner Frau mit Fisch entgegen. Ich kann nicht jedes Foto hier zeigen, aber trotzdem erzählen, was sie wo gefangen hat. Von 1968 gibt es ein Foto auf dem wir in der Ringvaart von De Beemster auf Aal fischen, direkt bei ihrem elterlichen Haus, aus den Jahren danach dann Urlaubsfotos vom Ossiacher See beim Köderfischstippen. Ab 1985, dem Jahr in dem mich als freischaffender Angelsport-Berater und –Journalist selbstständig gemacht habe, erhielt ich viele Einladungen, um an guten Gewässern zu fischen und oft konnte ich meine Frau mitnehmen. Es konnte dann passieren, dass man eine Art Kulturprogramm mit Museumsbesuch und Sightseeing-Tour für sie organisiert hatte. Aber manchmal wurde auch angenommen, dass meine Frau ebenfalls angelte und mit auf das Boot ging. Wenn wir Schleppangeln machten und sie nicht werfen musste, ging alles prima. So fing sie schöne Forellen auf Lough Mask und Lough Corrib in Irland, Meterhechte und Namaycush-Saiblinge von beinahe einem Meter im Nueltin Lake in Manitoba.
Ich habe aber eher Fotos ausgewählt von Tine mit kampfstarken Tiger-Fischen aus dem Okavango-Fluss in Botswana. Auch die Piranhas die wir zusammen im Dschungel von Surinam fingen, hatten sehr scharfe Zähne, man musste beim Hakenlösen enorm aufpassen.
Als wir 1992 zu unserem neuen Haus am De Roos umzogen, war Tine sehr glücklich über die beiden Kanäle, die an unserem Grundstück vorbeiführten. Nicht weil wir jetzt vom Garten aus Hechte fangen konnten, eher weil man hier im Winter Schlittschuhlaufen konnte. Letzteres glückte gleich im ersten Winter, der erste Hecht folgte etwas später, als das Eis geschmolzen war. Grinsen musste ich, als ich ein Foto fand, auf dem sie mit Schlittschuhen an den Füßen auf Barsche fischte, im Botnischen Golf bei Helsinki. Besonders ist auch das Foto, das hunderte Kilometer nördlich aufgenommen wurde, in der Barentssee beim Dorf Bygenes. Wir waren dort auf Einladung des finnischen Fremdenverkehrsamtes und durften mit einem Berufsfischer mit aufs Meer fahren. Tine fischte vertikal mit einer Spinnrute und kleinem Blinker, schnell fing sie einen kleinen Kabeljau. Bleibt mir noch zu vermelden, dass wir momentan zusammen in die Polder zum Fischen fahren. Ich kann wegen meiner Parkinson-Erkrankung kein Auto mehr fahren, Tine ist dann mein privater Chauffeur. Vielen Dank dafür!
Meine Kinder waren mehr Fotomodell als Sportfischer
Ich hatte bereits erwähnt, dass ich erfolglos versucht habe, meine drei Kinder für das Angeln zu begeistern. Ich erinnere mich noch gut, dass während eines Familienurlaubs in Clifden, Irland, unsere älteste Tochter Franciena mit Skipper John Ryan auf den Ozean wollte. Als sie auf der leichten Bootsrute einen Biss bekam, begann sie nach Hilfe zu rufen. Sie hatte Angst, dass der gehakte Fisch, ein Rochen oder Pollack, sie über Bord ziehen würde. Tochter Ingrid hatte das geringste Interesse, ich habe auch keine Fotos von ihr mit selbst gefangenem Fisch gefunden. Sohn Stefan zeigte schon mehr Interesse, vor allem das Werfen mit Spinnern und Wobbler machte ihm Spaß. Und wenn wir dann Hecht, Barsch oder Zander fingen, musste ein Foto davon gemacht werden. Zusammen mit Kollege Kees Ketting musste ich einmal eine Fotoreportage für den Tierschutz machen. Stefan sollte dafür das Modell sein. Er fand es spannend und hatte Spaß daran, vor allem auch, weil er dafür bezahlt wurde. Als danach mehr Fotos meines Sohnes in vielen Angelzeitschriften erschienen, kam schnell seine Frage, ob nicht ein Teil des Honorars für den armen Studenten reserviert sei? Inzwischen sind sie alle drei verheiratet und ich kann meine Enkel für mein Hobby interessieren, durch das ich mehr als 73 Jahre viel Freude und Befriedigung hatte.
“Ich kann besser angeln, als mein Opa!”
Die letzte Generation, die nun an der Reihe ist, sehe ich nicht so oft. Zum einen, weil sie in Den Haag, Amsterdam und Grootebroek wohnen, zum anderen, weil sie als aktive Teenager und Studenten stark eingespannt sind. Über die Corona-Probleme und die ständige Beschäftigung mit Social Media möchte ich ganz schweigen. Echte Angler gibt es unter meinen sieben Enkelkindern im Alter zwischen 13 und 23 Jahren nicht wirklich. Vor diesem Absatz hatte ich aber doch angedeutet, dass es doch einen leidenschaftlichen Angler unter meinen Enkeln gibt? Lasst mich erklären, wie meine Aussage zustande kommt. Es gab Zeiten, in denen alle Enkelkinder mit Freude Fische gefangen haben. Meine Frau Tine hat im Mai Geburtstag und ich im Juli und normalerweise kommt dann die ganze Familie zu uns in De Roos 9. Schnell fragen dann die Kinder, ob sie dann nicht vom Steg im Garten kleine Rotaugen und Barsche fangen dürfen.
Ich habe die Bambusstippen, einen Eimer mit Lockfutter und eine Dose mit Maden immer bereitgestellt, dazu noch einen großen Eimer, um die gefangenen Fische kurz zu hältern. Die Kinder machen meistens einen Wettstreit daraus, irgendwann schwimmen dann 70-80 Fische im Eimer. Solange gefangen wird, ist jeder zufrieden. Nehmen die Fänge ab, dann sinkt schnell das Interesse und es wird Zeit, die Angeln einzupacken. Mein ältester Enkel Danny findet die Angelei auf Hecht spannender als das Stippen auf kleine Weißfische. Hechte können richtig groß werden, haben viele Zähne im Maul und wehren sich ordentlich an der Rute. Gerne ging Danny mit mir mit, wenn ich im Park bei ihm daheim mit Kunstködern auf Hechte fischte. Er bekam auch mit, wie ich mit meinem Boot in den vielen Kanälen im Stadtzentrum von Bovenkarspel auf Hechte schleppte. Das wollte er auch einmal gerne ausprobieren und an einem freien, kalten Nachmittag im Dezember sollte es dann geschehen. Meine Frau hielt nicht viel davon, viel zu kalt, aber mein Enkel fand, dass wir perfektes Hechtwetter hatten und wir zogen los. Nachdem wir ein paar Stunden lang unseren Wobblern Schwimmstunden gegeben hatten, wurde es meinem jungen Angelkollegen kalt und wir fuhren nach Hause. Was er im warmen Wohnzimmer zu Tine sagte, werde ich mein Leben lang nicht vergessen: “Ich kann viel besser angeln als mein Opa!” Das war auch so, denn ich hatte an dem Nachmittag drei Hechte gefangen und Danny sechs Stück. Ein sehr denkwürdiger Nachmittag. Das muss aus unserer Familienchronik reichen, ich habe mit viel Freude daraus berichtet.
Jan Eggers