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Heisshungrige Kraftpakete

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Brodelndes Wasser, kreischende Möwen: Das ist der Startschuss für Hans Steinfort. Dann weiß er, dass gierige Makrelenschwärme auf der Jagd sind, die auch seine Fliege nicht verschmähen werden.

By Hans Steinfort

Jeder Meerforellen-Fliegenfischer macht über kurz oder lang seine ersten Erfahrungen mit einer ganz neuen Drill-Qualität, vor allem wenn er an skandinavischen Küsten unterwegs ist: Plötzlich biegt sich die schlanke Rute zu einem gefährlichen Halbkreis, während der gehakte Fisch unbeirrbar, ohne zu springen, ins tiefere Wasser flüchtet. „Eine Meerforelle ist das nie“ denkt der leicht irritierte Angler. „Die verhält sich anders.“ Und tatsächlich – oft landet ein starker Dorsch oder eine sich heftig wehrende Makrele im Kescher.

Für mich ist die Makrele die ungekrönte Königin an der leichten Flugangel. Kein anderer Meeresbewohner entwickelt, gemessen an seiner Größe, solch eine Ausdauer und Kraft, bevor er endlich aufgibt.

Gnadenlose Verfolger

Das größte Erlebnis aber bieten jene Tage, an denen Makrelen in Massen unter Land kommen und Schwärme von Sprotten und Jungheringen gegen Molen, Dämme und Strände treiben. Die gnadenlos Verfolgten schnellen dann in Panik aus dem Wasser, direkt in die aufgesperrten Schnäbel kreischender Möwen, die immer wieder unter gellendem Geschrei zur Oberfläche herabstoßen, wo die Fischchen vergeblich Schutz vor den jagenden Makrelen suchen. Es entsteht ein ganz charakteristisches, weit hörbares Rauschen, als ob ein heftiger Hagelschauer auf das Wasser prasselt. Und genauso sieht es auch aus.

Schnell werfe ich eine bunte, glitzernde Fliege in das brodelnde Wasser. Schon nach wenigen Sekunden gibt es einen dumpfen Schlag, und die Rute krümmt sich tief. Bis der quirlige Fisch endlich auf dem Trocknen liegt, liefert er mir einige energische Fluchten. Noch zwei weitere Makrelen kann ich erbeuten. Dann ist der Spuk vorüber, und totenstill liegt die Wasseroberfläche vor mir.

Der Makrelenschwarm ist abgetaucht. Jetzt kann ich mir Zeit nehmen, die silberne Beute mit ihrem blaugrün schillernden Rücken und der dunklen Querzeichnung zu bewundern. Kaum zu glauben, daß dies der gleiche Fisch ist, den Fabrikschiffe tonnenweise aus dem Meer zerren.

Unfreiwillige Pausen

Das Makrelenfischen von Stränden, Molen oder Hafendämmen aus hat den Nachteil, dass man zwischendurch immer wieder zu mehr oder weniger langen Zwangspausen verurteilt ist. Zum Beispiel, wenn sich der jagende Makrelenschwarm von uns entfernt. Da bleibt nur eins: warten, bis er zurückkommt.

Zwar bewegt sich die Jagd immer wieder auf den alten Ausgangspunkt zu. Doch im ungünstigsten Fall vergehen dabei schon mal ein, zwei Stunden. Natürlich ist es stets einen Versuch wert, die Fliege auf gut Glück durchs Wasser zu ziehen. Denn immer wieder jagen Makrelen – und das sind meist die größten – allein oder in lockeren Trupps.

Wohl dem

Am intensivsten erlebt man das Makrelenfischen vom Boot aus. Den Weg zu den Schwärmen weisen auch hier die kreischenden Möwen, unter denen das Wasser, oft in Größe eines Fußballfeldes, zu brodeln beginnt. Jetzt muß man genau beobachten, in welche Richtung die wilde Hatz ihren Lauf nimmt. Bewegt sie sich auf mich zu, warte ich einfach nur, bis sich der Schwarm in Wurfweite vor dem Boot befindet. Droht er weiter entfernt vorbeizuziehen, starte ich den Motor und versuche, der Meute den Weg abzuschneiden. Doch muß der Außenborder früh genug abgestellt werden, damit das Boot den Rest des Weges still und möglichst unauffällig ausgleiten kann.

In voller Fahrt in die Makrelen hineinzupreschen, hätte nur einen Effekt: Die ganze Gesellschaft – Jäger und Gejagte – tauchte im Nu ab. Sobald die wilde Jagd vorbeigebraust ist, werfe ich den Motor wieder an, umrunde den Schwarm in einem großen Bogen und bringe das Boot erneut in Position. Die Möwen weisen mir die Richtung.

Hier finden Sie den Fisch

Die Makrele ist ein Schwarmfisch und kommt sowohl im Atlantik und Mittelmeer als auch in Nord- und Teilen der Ostsee vor. Für Angler günstig gelegene Ausgangspunkte sind zum Beispiel die Ostfriesischen Inseln, Helgoland und Büsum. Hier werden auch organisierte Makrelenausfahrten angeboten, allerdings meist mit größeren Kuttern, die sich für das Fliegenfischen wenig eignen.

Ein ideales Urlaubsziel für Makrelenfans ist Norwegen. Dort ist natürlich ein Boot unverzichtbar, das jedoch die meisten Reiseveranstalter automatisch mit anbieten. Vor der gewaltigen Naturkulisse der norwegischen Fjorde werden die langen nordischen Angeltage garantiert zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Im Winter halten sich Makrelen in größeren Tiefen der offenen See auf; im Sommer wandern sie in küstennahe Gebiete. Makrelen ernähren sich von Plankton, Laich, Tintenfischen, Garnelen und kleineren Schwarmfischen. Sie erreichen eine Länge von maximal 55 Zentimetern und werden an die zwei Kilogramm schwer.

Das verführt den Fisch

Als Schwarmfisch ist die Makrele ständig in Bewegung und hat deshalb einen großen Nahrungsbedarf. Sie packt den Köder fast immer mit ausgesprochener Gier. Das gilt auch für künstliche Fliegen. Streamer, aber auch krabben- und fischähnliche Gebilde, werden vorbehaltlos genommen.

Die Gerätewahl stellt keine allzu großen Ansprüche: Eine Streamerrute der Klasse 8/9, eine salzwasserfeste Fliegenrolle und Schwimmschnur genügen in der Regel. Wer jedoch auch eine sinkende Schnur besitzt, kann sie ruhig mitnehmen. Die Vorfachspitze sollte 0,25 Millimeter stark sein.

Foto: Verfasser

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