ANZEIGE

Graskarpfen: Oh L´Amur

10418


Graskarpfen: Oh L´Amur
Kraftpaket XXL: Der Autor mit einem 48 Pfund schweren Graskarpfen, der einem Boilie nicht widerstehen konnte.

Detlef Leither über seine große Leidenschaft für einen Exoten mit Kämpferherz.

Er wird bis zu 1,30 Meter lang und satte 35 Kilo schwer! Seinen langgestreckten Körper zieren große Schuppen, der kräftige Rücken ist dunkelgrün bis grünschwarz gefärbt. Barteln fehlen – im Gegensatz zum gewöhnlichen Karpfen. Ich rede vom Weißen Amur, in Anglerkreisen meist als Graskarpfen bezeichnet. Er gehört zu den so genannten Neozoen, das heißt, zu den eingewanderten oder eingeschleppten Tierarten. Denn ursprünglich stammt der Fisch aus Asien.

Nach Europa kam der „Graser“ in den 60er Jahren als Besatzfisch, um die Wasserpflanzen zu bekämpfen. Er ernährt sich nämlich überwiegend von Grünzeug, verschmäht aber auch Mais, Saat, Vogelfutter und Boilies nicht. Trotz seines Namens ist er mit dem eigentlichen Karpfen nicht direkt verwandt, vielmehr gehört er zur großen Gattung der Weißfische.

Der Amur ist sehr dominant. Wenn er frisst, duldet er keine anderen, artfremden Fische in seiner Nähe. Die Graser patrouillieren oft im Verband von mehreren Exemplaren. Hat man einen gefangen, sollte man den Köder erneut am selben Platz anbieten. Auf diese Weise konnte ich schon des Öfteren zwei Stück in kürzester Zeit überlisten. Zwar war ich schon bei Wassertemperaturen von acht Grad erfolgreich, allerdings nehmen die Fische in diesem Fall natürlich bei weitem nicht so viel Nahrung auf wie bei 20 Grad.

Im Sommer kann man die Graser beim Sonnen an der Oberfläche beobachten. Da liegt der Gedanke nahe, ihnen mit schwimmenden Ködern nachzustellen. Doch das ist meist nicht ganz so leicht. Ich selbst konnte erst einen Graskarpfen mit Schwimmbrot fangen. Wenn ich die Fische in der Nähe meines Futterplatzes sah, haben sie oft meinen Bodenköder genommen. Dazu aber später mehr.

Hot Spots im Fluss

Ich befische hauptsächlich die größeren Flüsse – den vor meiner Haustür liegenden Main sowie den Rhein. Im letzteren Revier stelle ich den Graskarpfen hauptsächlich in Buhnenbereichen nach. Am Buhnenkopf sollte es mindestens drei bis vier Meter tief sein. Idealerweise wachsen im flacheren Teil Wasserpflanzen. Auch Inseln im Rhein, vor allem die Bereiche im Strömungsschatten, sind echte Hot Spots. Gleiches gilt für Altwasser mit Verbindung zum Rhein. Dort herrschen meist seeähnliche Bedingungen vor. Soll heißen: keine oder nur sehr leichte Strömung. Der Nachteil ist, dass die Altarme oft verschlammt sind. Dafür beherbergen sie eine reiche Vegetation, was die Zielfische natürlich lieben.

Im Hauptstrom ist es sehr schwierig, einen Futterplatz anzulegen, weil die Strömung die Gaben schnell wegspült. Das Ganze wird durch den Sog der vorbei fahrenden Schiffe verstärkt. Dennoch gibt es sicher manche Plätze, an denen man ufernah in der Strömung fischen kann. Allerdings sind dann schwere Bleigewichte bis über 300 Gramm erforderlich, damit die Montagen am gewünschten Platz liegen bleiben.

 

Gut fixiert: Damit das Rod Pod bei den oft knallharten Bissen nicht umgerissen wird, sichert es Detlef Leither mit einem Gummiseil.

Im Main sieht es etwas anders aus als im Rhein, zumindest bezogen auf die Teilstücke, die ich befische: die Höchster, die Frankfurter und die Hanauer Strecke. Es gibt dort keine Buhnen, die Inseln dürfen weder betreten noch befischt werden. Dafür findet man Schleusenanlagen und Industriehäfen, allerdings ist dort ein Mindestabstand von 200 Metern einzuhalten. Dieser erlaubte Bereich etwas abseits der Schleusen ist immer einen Versuch wert, da der Fluss vom normalen, monotonen Verlauf abweicht. Ähnliches trifft für Brückenpfeiler, Einläufe und Kehrwasser zu, die man allesamt vom Ufer aus gut sehen kann. Entscheidend für mich ist immer, wie es im Fluss aussieht, nicht die Beschaffenheit des Ufers. So kann es durchaus sein, dass ich mein Lager mitten in einer Steinpackung oder an einem viel befahrenen Radweg aufschlage. Auch Straßenlärm sollte einen nicht großartig stören.

Habe ich mich für einen Platz entschieden, kommt die Lotrute zum Einsatz, denn ein Echolot kann ich im Main so gut wie nie benutzen, da die meisten Hot Spots direkt in der tiefen Fahrrinne liegen. Erstens hätte die Wasserschutzpolizei etwas dagegen, dass ich dort mit einem kleinen Boot herumfahre, zweitens habe ich nur ein Leben, und daran hänge ich doch sehr.

Gerade im Sommer bei hohen Wassertemperaturen fische ich gerne in den tieferen Abschnitten des Flusses. Dies kann auch mal eine Außenkurve sein, die durch die Strömung ausgespült wurde. Von Vorteil ist es, wenn sich die Fahrrinne nicht so weit vom Ufer entfernt befindet. Dadurch hat man beim Fischen nicht so viel Schnur im Wasser. Dies verringert die Gefahr, dass die Leine von Wasserfahrzeugen gekappt wird.

Amur am Ufer: Die kampfstarken Fische lassen sich mitunter direkt vor den Füßen des Anglers fangen.

Im Frühjahr probiere ich es hingegen ganz gerne mal im flacheren Wasser. Wenn keine hohen Pegel angesagt sind, suche ich nach Stellen, an denen die Fahrrinne recht weit vom Ufer entfernt verläuft. Sehr oft ist der vergleichsweise seichte Bereich sandig und mit größeren Steinen besetzt, die von Muscheln bewachsen sind. Zudem findet sich dort allerlei Grünzeug, da sind meine Lieblinge nicht weit.

Nachteil solcher Spots: Sie weisen fast immer eine stark abfallende Kante zur Fahrrinne hin auf. Da versucht ein Fisch im Drill mit aller Macht, darüber zu schwimmen, um ins tiefere Wasser zu gelangen. Kann man ihn nicht rechtzeitig abbremsen, ist er fast immer verloren – Schnurbruch!

Keine Kompromisse

Um beim Flussangeln auf Graskarpfen bestehen zu können, muss das Gerät den Bedingungen angepasst werden. Die Bisse kommen oft knallhart, die Ruten müssen also absolut sicher abgelegt werden. Deshalb ist ein Rod Pod Pflicht. Ich sichere es zudem mit Abspannseilen. Klingt etwas übertrieben, aber glauben Sie mir: Ich war schon häufiger froh, dass ich es gemacht habe.

Die Rollenbremse beziehungsweise der Freilauf müssen härter als beim Stillwasserfischen eingestellt werden, sonst läuft die Schnur bei jedem vorbei fahrenden Schiff ab. Ich benutze 12 bis 13 Fuß (3,60 bis 3,90 Meter) lange Ruten mit Testkurven von 3 oder 3 1/2 lb. Die robuste Stationärrolle sollte eine gute Bremse sowie einen großen Schnureinzug besitzen. Letzteres ist sehr wichtig. Denn je schneller ich die Montage vom Grund des Flusses weg bekomme, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich zwischen den Steinen festsetzt.

Im Main und Rhein tummeln sich kapitale Graskarpfen, wie dieses 35-pfündige Exemplar beweist.

Ich bevorzuge Rollen mit Kopfbremse, die ich mit 0,35er Monofil bespule. Als Schlagschnur hat sich eine 0,50er Monofile bewährt. Sie sollte mindestens doppelt so lang sein wie die Rute. Per Blutknoten verbinde ich sie mit der Schlagschnur.

Simple Haar-Montage

Meine Montagen für den Fluss sind sehr einfach gehalten. Das hat zwei Gründe: Zum einen ist der Angeldruck an den von mir befischten Abschnitten nicht sonderlich hoch. Zudem müssen sich die Fische im Fluss generell schnell entscheiden, bevor die Strömung ihre potenzielle Nahrung weggespült hat.

Wichtig ist in jedem Fall, dass der Fisch bei Schnurbruch zumindest das Bleigewicht loswerden kann. Dies wird durch die klassische Safety-Bolt-Montage sichergestellt. Mein geflochtenes Vorfach trägt 25 lb (rund elf Kilo). Bei scharfkantigen Steinen oder Muscheln am Grund sollte es ummantelt sein. Im Vergleich zur Seeangelei sind meine Haken etwas größer: 1er oder 2er Modelle kommen per No Knot ans Haar. Sie sollten möglichst dickdrahtig sein, damit sie nicht so leicht aufbiegen. Denn wenn ein Graskarpfen kurz vor den Füßen des Anglers davonprescht, ist der Druck enorm.

Einfach, aber fängig: Mit dieser Haarmontage überlistet der Autor kapitale Graskarpfen.

Köder und Anfutter

Drei Tage vor dem eigentlichen Fischen beginne ich mit dem Anfüttern. Da in „meinen“ Rhein- und Mainabschnitten der Weißfischbestand sehr hoch ist, muss vergleichsweise viel Futter eingeworfen werden. Pro Tag können es schon mal zehn bis 15 Kilo Mais sowie drei bis fünf Kilo Boilies sein. Hinzu kommt natürlich, dass die Kostproben durch die Strömung recht schnell weggespült werden. In kälteren Jahreszeiten schraube ich die Futtermenge natürlich zurück, da die Fische nicht mehr so viel fressen. Den Mais weiche ich 24 Stunden lang ein, bis er aufgequollen ist. Anschließend wird er für zirka 15 Minuten gekocht, damit er etwas weicher wird.

Beim Anfüttern im Main und Rhein sind oft größere Mengen an Boilies (l.) und Partikeln nötig, damit die Weißfische nicht alles wegputzen.

In Sachen Hakenköder habe ich mit 20er Frucht-Boilies die besten Erfahrungen gemacht. Der Amur liebt aber auch süßen Mais. Probieren Sie es einfach mal aus. Meine Hausgewässer Rhein und Main sind immer für eine dicke Überraschung gut!

Gewässer-Check

In Hessen ist Nachtfischen erlaubt, gezeltet werden darf nur mit Schirmen, einen Überwurf ohne festen Boden kann man jedoch benutzen.

Die Jahreskarten für den Main kosten je nach Abschnitt etwa 20 bis 25 Euro. Erhältlich sind sie bei Fisherman‘s Partner, Hartmannsweilerstr. 62, 65933 Frankfurt-Griesheim, Tel. 069/383544. Angelscheine für den genannten Rhein-Abschnitt kosten pro Jahr 31 Euro, Wochen-Lizenzen elf Euro. Man bekommt sie beim Angel-Center Mainz, Elbestr. 92, 55122 Mainz, Tel. 06131/220804.

Grünes Schwimmbrot

 

Wenn Sie es mit Oberflächenködern auf Graskarpfen versuchen möchten, dann hat Peter Vießmann einen Tipp für Sie:

 

Andy Little beschrieb bereits 1988 ein ganz vorzügliches Rezept für ein Schwimmbrot auf Caseinbasis. Mit einiger Modifizierung wirkt dies sehr anziehend auf Grasfische und herkömmliche Karpfen. Wichtig ist: Es muss grün sein! Die Herstellung ist recht einfach, wenn man sich die entsprechenden Zutaten beschafft hat. Benötigt werden: 120 g Casein, 60 g Sodium Caseinat, 60 g Lactalbumin, 30 g Soja-Isolat, 30 g Gluten, 2 TL Backpulver und 12 Eier.

 

Die Zutaten werden zunächst gründlich trocken vermischt. Die aufgeschlagenen und verquirlten Eier werden anschließend mit einem Schneebesen untergehoben und gut verquirlt. Auch wenn dies mühsam ist, so kann nur auf diese Weise viel Luft in die Masse eingearbeitet werden. Diese wird dann auf ein flaches Backblech gegeben und zirka 90 Minuten bei 200 Grad gebacken. Das Schwimmbrot kann auch gut portionsweise eingefroren werden.

 

Man könnte der Masse nun grünen Farbstoff zugeben. Ich bevorzuge jedoch die Färbung mittels Spinat kurz vor dem Fischen. Das ist ganz einfach und bringt auch noch pflanzliches Aroma in die Angelegenheit. Und so funktioniert‘s:

Frischer Spinat wird im Mixer fein püriert, Tiefkühlware aufgetaut. In einem Becher mitgeführt, kann nun das Schwimmbrot kurz vor dem Anködern gefärbt und aromatisiert werden. Keine Angst, auch wenn die Backmasse durchfeuchtet ist, sie hält trotzdem sehr gut am Haken. Man präsentiert das Schwimmbrot entweder klassisch auf dem Wasser oder auftreibend knapp unter beziehungsweise direkt an der Oberfläche. Letztere Variante bietet den großen Vorteil, dass der Köder nicht verdriftet wird.

Stark: Peter Vießmann färbt sein Schwimmbrot mit Spinat.

ANZEIGE
Abo Fisch&Fang