Hechtgerechter als mit der Stellfischrute lässt sich der Köderfisch an der Posenmontage kaum anbieten. Und selbst bei stärkerer Strömung ist eine punktgenaue Präsentation garantiert. Von Matze Koch
Neu ist sie nicht, die Stellfischangelei. Ganz im Gegenteil. Sie gehört zu den ältesten Ansitzmethoden überhaupt. Zugegeben, die Möglichkeiten waren früher begrenzt. Man fischte mit Bambusruten, die gegebenenfalls mit Metallhülsen verstärkt und verlängert wurden, um die gewünschte Länge von damals wahnwitzigen vier oder fünf Metern zu erreichen. Heute haben wir ganz andere technische Ansätze, die dieser Methode völlig neue und bahnbrechend interessante Möglichkeiten eröffnen. Zum Beispiel federleichte Kohlefasern, die auch Ruten mit über acht Metern Länge handhabbar machen. Aber wofür genau ist eine Stellfischrute eigentlich? Wann und wo setzt man sie ein?
Der ursprünglichste Zweck einer Stellfischrute liegt in der Angelei auf Hecht. Ein Zielfisch, der als Augenräuber gilt und im Freiwasser raubt. Zur Zeit meiner Sportfischerprüfung im Jahr 1979 riet man mir in diesem Zusammenhang noch Folgendes: „Zander befischt man mit lebenden und toten Köderfischen, Hechte nur mit lebenden!“ Dem Esox traute man also nicht zu, verendete Beute vom Boden einzusammeln. Und man wusste, dass er als Augenräuber gerne im Mittelwasser raubt. Was also lag näher, als den Köder genau da anzubieten? Dabei allerdings entstand ein entscheidendes Problem. Die damals übliche Verwendung von lebenden Köderfischen machte die Vorgehensweise mit Köfis im Freiwasser unkontrollierbar. Die Pose musste irgendwie „verankert“ werden, ohne dabei ein Blei auf den Grund zu legen. Sonst ging der Köderfisch auf Wanderschaft. Es entstand die Idee, die „Verankerung“ über die Rutenlänge zu bewerkstelligen. Eine „Latte“ also, mit der man die potenziellen Einstände hinter Kraut- oder Seerosenfeldern befischen konnte. Teleskopruten werden von Stippern in Längen bis über 14 Metern benutzt. Warum sollte das nicht auch beim Hechtangeln möglich sein? Es musste alles nur eine Nummer kräftiger ausfallen.
Das Problem bei den heute nur noch erlaubten toten Köderfischen mag aufgrund ihrer Bewegungslosigkeit geringer sein. Aber da wären Wind und Strömung. Auch sie verdriften die Pose, bis sie irgendwann unattraktiv in ein Krautfeld gedrückt wird und es mit einer sensiblen Bissanzeige vorbei ist. Darum bleibt die Stellfischrute für tote Köder ebenso hilfreich, wenn der Schwimmer an Ort und Stelle verankert bleiben soll.
Die Einsatzbereiche
Überall dort, wo ein Köder im Freiwasser Sinn macht, kommt die lange Stellfischrute zum Einsatz. Hinter Seerosenfeldern, an strömenden Einläufen, vor Pumpwerken, an Baggerseen direkt an der steilen Kante, an Kehrströmungen, vor kleinen Top-Stellen wie Bohlen oder Schilfinseln. Aber auch Brücken, unter denen immer ein wenig Zugluft herrscht, und solche Spots, an denen es stärker strömt, bieten sich an, um mit der Stellfischrute die Montage an Ort und Stelle zu halten. Man kann auch alle fünf Minuten drei Meter Schnur von der bevorzugt eingesetzten Freilaufrolle ziehen und so gezielt Meter für Meter abfischen.
Kompakte Bauweise
Wenn die Einzelteile einer Kohlefaserrute jeweils fast einen Meter lang sind und man sie acht- bis neunmal teilt, dann erhält man bereits eine Länge jenseits der acht Meter. Der Werkstoff Carbon ermöglicht es in seiner hochwertigsten Form sogar, neun Meter lange Modelle mit einem Gewicht von kaum 800 Gramm herzustellen. Der Preis dieser Ruten, die sich Experten zulegen, liegt dann allerdings auch jenseits der 400 Euro. Wer sich darauf spezialisiert, scheut den hohen Anschaffungswert nicht, auch Spinnfischer nutzen heute bisweilen Ruten, die in diesem Preissegment liegen. Um dem Allrounder aber eine Rute zu bieten, die preislich im Rahmen bleibt, muss man Kompromisse machen. Acht Meter ist schon eine Länge, die kaum ein Angler mal gefischt hat. Rechnet man großzügig zwei Meter für ein unwegsames Ufer ab, ragen immer noch satte sechs Meter Rute über das Wasser. Das reicht in den meisten Fällen, um gute Stellen effektiv befischen zu können.
Flexibel sein
Auch beim Stellfischangeln bin und bleibe ich flexibel. Es spricht nichts dagegen, wenn die Pose in einem Gewässer mit Strömung pendelt, nach einiger Zeit Schnur über die Freilauffunktion der Rolle abzuziehen. Dadurch wird die Montage ein Stück weit versetzt, wie ich es auch unter der besagten Brücke mache. Dafür muss man die Rute noch nicht einmal zwangsläufig neu positionieren. Gleiches gilt im Stillwasser, wenn ich den Halter einfach uhrzeigerförmig versetze. Man hat immerhin einen Radius von fast acht Metern, der damit abgesucht werden kann. Manchmal brauche ich noch nicht mal den Halter, wenn man zum Beispiel die Montage unter eine Brücke treiben lässt. Da genügt es schon, die Rute auf einer der Bohlen abzulegen.
Der Rutenhalter
Eine Stellfischrute kann man nicht in jeden beliebigen Rutenhalter stecken. Die „lange Latte“ muss stabil und möglichst waagerecht über die Wasseroberfläche ragen. Dafür gibt es spezielle Halter, idealerweise aus Stahl, die sich in der Neigung verstellen lassen. Früher setzte man auf eine Stufenlosverstellung, was vordergründig gut klingt. Leider ist es mit der Arretierung dann nicht so weit her, und das Ganze löst sich leicht, besonders wenn es windig ist. Der großen Hebelwirkung ist das System nicht gewachsen. Darum setze ich neuerdings auf Modelle mit festen Rastpositionen. Dank einer Feder rastet der Halter in sechs definierten Stellungen fest ein. Die Feinjustierung, falls nötig, erledigt man dann über die Spieße, die man ein wenig tiefer eindrückt. Damit lässt sich die Neigung sehr genau einstellen. Bei geringem Winddruck oder Strömung kann es genügen, den Rollenbügel zu öffnen, und allein die Reibung in den Ringen hält die Posenmontage fest. Meist allerdings fixiert man die Schnur in einem Clip. Das allerdings verursacht einen Ruck, wenn ein Hecht beißt, was mir immer widerstrebt. Ein Gummiband ist da sensibler, noch besser klappt es mit einem fein dosierbaren Freilauf. Damit fällt der Widerstand für den Fisch gleichmäßig aus, und es gibt keinen harten Ruck, der erfahrene Räuber misstrauisch machen könnte.
Grenzen der Stellfischangelei
Wenig Wind, der die Rute leicht pendeln lässt, kann den Fangerfolg begünstigen, weil der Köderfisch in Bewegung gehalten wird. Lange Gerten sind aber naturgemäß anfällig gegen heftige Böen. Bei fünf Windstärken hält man keine acht Meter lange Rute mehr aufrecht, im Extremfall kann der Wind sie sogar brechen. Darum praktiziere ich die Stellfischangelei nur bei ruhigem Wetter. Der Strömung dagegen kann man sich stets gut anpassen, indem man den Freilauf so einstellt, dass so gerade eben keine Schnur abgezogen wird.
Richtig drillen
Mit einer überlangen Rute zu drillen, ist gewöhnungsbedürftig. Wenn man es richtig macht, hat man aber auch große Vorteile. Es ist erneut der Freilauf der Rolle, der mir hier ungeahnte Möglichkeiten verschafft und ein wertvolles Hilfsmittel darstellt, um der enormen Länge der Rute zu begegnen. Zunächst kann man den Fisch in aller Ruhe über den großen Radius ermüden, ohne dass die Bremse überhaupt zum Einsatz kommen muss. Wenn man die Rute aber aus der fast waagerechten Haltung plötzlich aufrichten muss, etwa bei der Landung, muss man blitzschnell viel Schnur freigeben. Das erledige ich, indem ich den Freilauf einschalte, den Finger bremsend auf die Spule und dann die Rute in aller Ruhe in die Senkrechte führe. Denken Sie daran, dass diese Haltung eine Biegekurve erzeugt, die gefährlich für die Gerte ist. Darum lasse ich den Freilauf aktiviert, um bei einer möglichen letzten Flucht des Fisches schnell Schnur geben zu können. Machen Sie das nicht über die Bremseinstellung, der Druck kann für die Haltung der Rute schon zu viel sein. Einige Angler schieben auch einfach einige Segmente der Rute zusammen, um sie für den Drillvorgang handlicher zu machen, wie mein Kollege Thomas Kalweit. Das klappt auch, aber hier ist eine sensible Hand gefragt, denn die Biegekurve der Rute wird immer im Ganzen berechnet. Drillt man nur mit den letzten fünf Segmenten, darf man nicht ganz so viel Druck machen.
Fazit: Für mich als Ansitzer schließt die Stellfischrute eine wichtige Lücke. Sie ermöglicht mir das dauerhafte Befischen von Einständen, die mir genau bekannt sind. In dem Wissen, dass besonders misstrauische Großhechte ihre Beute oft lange inspizieren, bevor sie zupacken, bietet die Stellfischrute mir die natürlichste Form der Präsentation des Köderfisches im Freiwasser. Apropos „natürlich“: Üblicherweise werden die Köderfische waagerecht schwebend angeboten. Die Kopf-nachunten-Haltung allerdings hat den Vorteil, dass man den mittleren Drilling in der Schwanzwurzel des Köfis verankern kann. Das hält sehr viel besser als bei der Fixierung in der Rückengräte. Die Haltung mit dem Kopf nach unten ist keineswegs so unnatürlich, wie der oberflächliche Betrachter glauben mag. Denn Rotaugen fressen nicht nur in dieser Position. Sie lassen sich in einer Art „Ruhehaltung“ auch oft mit dem Kopf nach unten im Wasser treiben, wie Unterwasseraufnahmen klar bewiesen haben. Probieren Sie es also mal aus – es lohnt sich!
Extra-Tipp: Freiluftpose
Manche Stellfischangler servieren die Pose nicht im Wasser treibend, sondern lassen sie zwischen der Wasseroberfläche und der Rutenspitze in der Luft hängen. Der Schnurfangbügel bleibt bei dieser Methode offen, und die Leine wird am sensibelsten mit einem Gummiband über dem Griffstück nur leicht eingeklemmt. Das sieht amateurhaft aus, als hätte der Angler keine Ahnung vom Zweck einer Pose. Es hat aber seinen Sinn. Die Pose dient als Sichtkontrolle, ob ein Fisch gebissen hat. Sobald sie im Wasser liegt, muss ein Räuber gezogen haben. Wer die Ruten auf größere Distanzen verteilt (wo erlaubt), kann auf diese Weise auch auf einige Entfernung blitzschnell erkennen, ob ein Hecht Interesse am Köderfisch gefunden hat.