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Bundestag diskutiert Kormoran-Management

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Kormorane fallen über ein Fließgewässer mit jungen Barben her. Bild: Silvio Heidler/DAFV
Kormorane fallen über ein Fließgewässer mit jungen Barben her. Bild: Silvio Heidler/DAFV

Am 26. Juni 2024 tagte der Umweltausschuss des Bundestages, um über den kürzlich verabschiedeten Antrag „Kormoran-Management – Schutz von Artenvielfalt und Fischereibeständen” (Bundestags-Drucksache 20/10619) zu diskutieren.

In ihrem Antrag fordert die CDU/CSU-Fraktion die Bundesregierung auf:

  1. Ein umfassendes bundesweites Kormoran-Management zu etablieren und einen „Aktionsplan Kormoran“ vorzulegen, in dem die Länderverordnungen zum Umgang mit den Kormoranpopulationen angeglichen und Maßnahmen zur Vergrämung und zum Stopp der weiteren ungehinderten Vermehrung ausgearbeitet werden;
  2. insbesondere in grenznahen Gebieten, wie dem Bodensee oder der Flensburger Förde, Maßnahmen mit den Anrainerstaaten abzustimmen, um ein einheitliches Vorgehen zu gewährleisten;
  3. dem Schutz heimischer Fischarten zur Sicherung und Förderung der Artenvielfalt gleichen Stellenwert zuzugestehen wie dem Vogelschutz und entsprechende naturschutzrechtliche Regelungen zu entwickeln;
  4. populationsbegrenzende Maßnahmen, insbesondere die Beölung von Eiern sowie „Kalt-Ei-Aktionen“ in den Brutkolonien, die sich vornehmlich in Naturschutzgebieten befinden, durch entsprechende Anpassungen im Bundesnaturschutzgesetz (§ 44 BNatSchG) zu ermöglichen und deutlich zu erleichtern;
  5. die Angel- sowie die Berufsfischerei und die Gewässerwirtschaft umfassend mittels Förderprogrammen für Schutzmaßnahmen vor Schäden durch den Kormoran zu bewahren;
  6. sich bei der Europäischen Kommission für eine Zuordnung des Kormorans zu den bejagbaren Arten nach Anhang 2 der EU-Richtlinie über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie) einzusetzen.

Am 20. März 2024 wurde der Antrag der Fraktion der CDU zunächst im Bundestag debattiert und anschließend an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit überwiesen. Dort wurde er nun im Rahmen einer öffentlichen Anhörung am 26. Juni 2024 behandelt.

Der Antrag der Unionsfraktion ist ein wichtiger Schritt, um die Anliegen der deutschen Angler bundesweit im Vordergrund zu platzieren. Wesentlicher Bestandteil des Antrages ist die Aufforderung an die Bundesregierung, einen sogenannten Aktionsplan zum Kormoran-Management zu erarbeiten. Dieser soll dazu dienen, die Diskussion auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten weiter anzustoßen. Der DAFV fordert seit vielen Jahren eine Änderung der bisherigen Politik

Der derzeitige Schutzstatus gefährdet aber nicht nur die Berufsfischerei, sondern macht auch die wichtige Naturschutzarbeit der organisierten Angelfischerei zunichte. Die Anhörung war öffentlich und konnte daher von jedem Interessierten live im Bundestag oder per Videostream verfolgt werden.

Die Sachverständigen mit Vertretern des DAFV vor dem Sitzungssaal am Bundestag. Von links: Alexander Seggelke, Dr. Alexander Brinker, Reinhardt Sosat, Klaus-Dieter Mau, Stefan Jäger, Florian Stein, Mark Glynn. Bild: DAFV
Die Sachverständigen mit Vertretern des DAFV vor dem Sitzungssaal am Bundestag. Von links: Alexander Seggelke, Dr. Alexander Brinker, Reinhardt Sosat, Klaus-Dieter Mau, Stefan Jäger, Florian Stein, Mark Glynn. Bild: DAFV

Interdisziplinärer Expertenrat

Im Vorfeld der Anhörung konnte der DAFV den Ausschussmitgliedern Experten vorschlagen. Im Anschluss an die Plenarsitzung hat der DAFV mit der federführenden CDU-Fraktion Kontakt aufgenommen und Herrn Stefan Jäger, Vorsitzender der Deutschen Kormoran-Kommission wurde als Sachverständiger berufen. Als direkter Vertreter des DAFV wurde von der FDP-Fraktion Herr Reinhard Sosat, Geschäftsführer vom Landesfischereiverband Baden-Württemberg benannt. Jäger und Sosat nahmen neben den wissenschaftlichen Sachverständigen Dr. Carola Winkelmann von der Universität Konstanz und Dr. Alexander Brinker, Leiter der Fischereiforschungsstelle Langenargen, für die CDU an der Anhörung teil.

Die zweistündige Sitzung begann mit dreiminütigen Kurzvorträgen der insgesamt acht geladenen Experten. Neben den oben genannten waren dies ein Einzelsachverständiger Sebastian Zelder aus der sächsischen Teichwirtschaft, Dirk Wüstenberg als Fachanwalt für Artenschutz und die beiden Experten für Vogelschutz Bernd Koop, Ornithologische Arbeitsgemeinschaft Schleswig-Holstein, und Christof Herrmann, Beringungszentrale Hiddensee.

Nicht mehr ob, sondern wie…

Im Rahmen der öffentlichen Anhörung wurde im Gegensatz zu früheren Anhörungen deutlich, dass es keine ernsthaften Zweifel mehr darangibt, dass die derzeitigen Kormoranbestände in Mitteleuropa die Fischbestände nachhaltig schädigen und darüber hinaus in vielen Regionen die Artenvielfalt bedrohen. Die Diskussion und die anschließenden Fragen der Parlamentarier drehten sich daher nicht um die Frage, ob, sondern wie Fischbestände und Artenvielfalt in Zukunft besser vor Kormoranfraß geschützt werden können.

Negativer Einfluss wissenschaftlich belegt

Das Problem ist mittlerweile über 30 Jahre alt und es ist aus Sicht des DAFV ein entscheidender Fortschritt, dass diese Anhörung nicht mit dem Hinweis auf fehlende wissenschaftliche Daten und fehlende Beweise für einen negativen Einfluss verwässert wurde. Die “neutralen” wissenschaftlichen Gutachter Winkelmann und Brinker ließen keinen Zweifel daran, dass aus ihrer Sicht der Fraßdruck durch Kormorane in einem direkten, wissenschaftlich belegten Zusammenhang mit dem Rückgang der Fischbestände und dem Rückgang bedrohter Fischarten steht. Dabei spielt aber nicht nur der direkte Einfluss durch den Verzehr von bedrohten Arten eine Rolle. Als Beispiel für den indirekten Einfluss wurde auch das Thema Quagga-Muschel im Bodensee angeführt. Diese invasive Art breitet sich explosionsartig aus, weil der Freßfeind Fisch nicht mehr in ausreichender Anzahl vorhanden ist. Durch die enorme Wasserfilterung der Muscheln werden dem Gewässer wichtige Nährstoffe entzogen.

Forderung nach europäischem Bestandsmanagement

In diesem Zusammenhang wurde in der Anhörung deutlich, dass die bisherigen Maßnahmen und Regelungen auf Länderebene in der Praxis nicht ausreichen, um dem Problem zu begegnen. Diesen Sachverhalt hatte der DAFV bereits 2018 im Europäischen Parlament in Brüssel vorgetragen. Das ständige Argument aus Brüssel, die Mitgliedsstaaten hätten doch alle notwendigen Kompetenzen, um Ausnahmen vom Schutzstatus anzuwenden, greift angesichts einer hochmobilen europäischen Population zu kurz. Der Vorschlag aus den Reihen des Vogelschutzes, lokale Vergrämungsmaßnahmen einfach besser anzuwenden, wurde von den Verantwortlichen aus den Reihen des Fischschutzes und der Wissenschaft mit langjährigen Beispielen aus der Praxis, als alleinige Lösung für das Problem als unzureichend abgelehnt. In Übereinstimmung mit den Experten kommt der DAFV zu dem Schluss, dass langfristig kein Weg an einem europäischen Bestandsmanagement vorbeiführt.

-Pressemitteilung DAFV-

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