Die Ruschwede ist einer der bedeutendsten Lebensräume der stark gefährdeten Meerforelle in Niedersachsen, die dank der Artenschutzarbeit der örtlichen Angelvereine wieder heimisch geworden ist. Bild: Ralf Gerken |
Lüneburger Heide in Niedersachsen: Angler fürchten im Heidebach Ruschwede um die Bestände von Meerforelle und Mühlkoppe.
Folgendes teilte der Angelsportverein Fintel und der Landes-Sportfischerverband Niedersachsen am 3. März 2013 in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit: Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres hat eine Biogasanlage im Heidekreis zur Verunreinigung von Gewässern geführt. Im Heidebach Ruschwede entdeckten Angler aus Fintel am Wochenende auf mehreren Kilometern übelriechende Abwasserpilze am Gewässergrund. Zusammen mit der sofort benachrichtigten Wasserbehörde des Landkreises konnte eine Biogasanlage in Insel bei Schneverdingen als offensichtlicher Verursacher der Gewässerverschmutzung ausgemacht werden. Die Angler befürchten nun schwere Schäden am Fischbestand und der Ökologie der Ruschwede und haben Anzeige bei der Polizei gestellt.
Illegale Einleitung von Sickerwasser
Die Art der festgestellten Verunreinigung deutet nach Angaben von Ralf Gerken, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Landes-Sportfischerverbandes, eindeutig auf die illegale Einleitung von verunreinigtem Sickerwasser hin, das bei der Lagerung von Maissilage in großen Mengen anfallen kann und aufgefangen werden muss. „Das Silagesickerwasser enthält bis zu 350-mal mehr sauerstoffzehrende Substanzen als häusliche Abwässer. Besonders in kleinen Gewässern wird durch Sickerwassereinleitungen eine explosionsartige Bildung von Abwasserpilzen hervorgerufen, die in kürzester Zeit sämtlichen Sauerstoff aufzehren können“, so Gerken.
Dank jahrelanger Renaturierungsmaßnahmen der Angelvereine Fintel und Lauenbrück, die den Bach gemeinsam betreuen, lebten hier neben Eisvogel, Fischotter und Schwarzstorch bisher auch wieder große Bestände stark gefährdeter Fischarten. „Die Ruschwede ist einer der bedeutendsten Lebensräume von Mühlkoppe und Meerforelle im Wümmegebiet und vermutlich sogar im gesamten niedersächsischen Tiefland. Durch die Anlage von Kieslaichplätzen konnten wir in den letzten Jahren die Bestände beider Arten enorm steigern“, erklärt Arthur Thiel, Vorsitzender des Angelverein Fintel. „Die Ruschwede hat sich in den letzten Jahren zu einem echten Hotspot der Artenvielfalt entwickelt, über den wir als Angelverein immer die schützende Hand gehalten haben“, so Thiel.
Meerforelleneier vollständig vernichtet
In welchem Umfang die Fischbestände geschädigt wurden, wollen die Angelvereine nun gutachterlich feststellen lassen. „Mit Sicherheit wurden aber die seit dem Herbst im kiesigen Bachgrund heranwachsenden Eier der Meerforelle vollständig vernichtet“, ist sich Gerken sicher, der den Heidekreis bereits aufgefordert hat, die Einleitung sofort zu unterbinden sowie eine umfassende Schadensdokumentation und Gewässersanierung zu veranlassen.
Nachdem bereits im April 2012 ein Unfall an einer Biogasanlage im benachbarten Schultenwede die Fischbestände im Gewässersystem Lünzener Bruchbach-Veerse ausgelöscht hatten, verbreitet sich unter den Anglern zunehmender Frust. Die ehrenamtliche und mehrfach preisgekrönte Arbeit der Angelvereine im oberen Wümmegebiet, die sich seit über 30 Jahren dem Fischartenschutz und der Gewässerrenaturierung verschrieben haben, steht deshalb kurz vor dem Aus. „Drei von vier Gewässern unseres Meerforellenprojektes wurden innerhalb kürzester Zeit durch Biogasanlagen verseucht. Weder Anlagenbetreiber noch Aufsichtsbehörde können offensichtlich für einen gesetzeskonformen Gewässerschutz sorgen. Wenn sich nichts Grundlegendes an der Anlagensicherheit und behördlichen Überwachungspraxis ändert, können Meerforelle, Mühlkoppe und Eisvogel bei uns einpacken“ meint Gerken.
Arthur Thiel – 1. Vorsitzender Angelverein Fintel
Ralf Gerken – Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Landessportfischerverbandes Niedersachsen
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