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Bergseen: Dünne Schleimschicht wird zunehmend giftiger

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Cyanobakterien in Bergseen
Auch abgelegene Bergseen bleiben von menschlichen Aktivitäten nicht unberührt. Bild: A. Tittmann/IGB

In Gewässern wie Bergseen fühlen sich Steine, Wasserpflanzen oder der Boden oft glitschig an. Dahinter verbirgt sich der sogenannte Biofilm, eine hauchdünne Schicht aus unzähligen Mikroben.

Diese bilden die Basis des aquatischen Nahrungsnetzes, reinigen das Wasser und entgiften es, indem sie organische Schadstoffe abbauen. Forscherinnen und Forscher des französischen Institut National Polytechnique de Toulouse, der österreichischen Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) und des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) haben nun am Beispiel von Seen in den französischen Pyrenäen gezeigt, dass sich die Zusammensetzung des Biofilms im Zuge des globalen Wandels rasant verändert und giftige Cyanobakterien zunehmen.

Mythos vom abgelegenen Bergsee

Entgegen der landläufigen Meinung sind abgelegene Bergseen stark von Klimawandel, Verschmutzung, veränderter Landnutzung und der Einführung gebietsfremder (Fisch-)Arten betroffen. Über die Folgen für die mikrobielle Artenvielfalt in den Seen ist wenig bekannt. Ein Forschungsteam unter der Leitung von Dirk Schmeller und Hugo Sentenac vom Institut National Polytechnique de Toulouse, an dem das IGB beteiligt war, hat die Zusammensetzung von Biofilmen in 26 Seen in den französischen Pyrenäen über fünf aufeinander folgende Jahre untersucht. „Biofilme bestehen aus Milliarden von Mikroorganismen, die mit ihren Stoffumsetzungen einen großen Einfluss auf die Wasserqualität haben“, erklärt Hugo Sentenac.

Cyanobakterien bisher eher als Problem in Flachlandseen bekannt

Die Autorinnen und Autoren fanden heraus, dass die beachtliche Artenvielfalt in den Biofilmen im Laufe der Zeit abgenommen hat: Bestimmte Algen wie Cyanobakterien haben sich vermehrt, während Arten, die eine gute Wasserqualität anzeigen, wie Kieselalgen, abgenommen haben. „Das ist ein Zeichen dafür, dass die Biofilme degradieren“, erklärt Adeline Loyau vom Institut National Polytechnique de Toulouse, Mitautorin der Studie. „Einige Cyanobakterien bilden Cyanotoxine, die für Tiere und Menschen schädlich sind, und der Anteil von Cyanotoxin-produzierenden Cyanobakterien in den Biofilmen hat in den letzten Jahren zugenommen“.

Gefahr für Wasserversorgung, Wanderer und Weidevieh

In Flachlandseen kommt es immer wieder zu tödlichen Vergiftungen von Hunden und Wildtieren durch Cyanotoxine. Im Gebirge wird das Wasser von Bergseen häufig als Trinkwasser auf Almen und zum Tränken von Weidevieh verwendet. „Die Verschlechterung der Wasserqualität könnte weitreichende Folgen haben – nicht nur für die Ökosysteme der Bergseen, sondern auch für Menschen und Landtiere“, erklärt Hans-Peter Grossart vom IGB.

Bergseen sind gestresst

Die Veränderungen in der Zusammensetzung des Biofilms sind wahrscheinlich auf mehrere Faktoren zurückzuführen, die gleichzeitig wirken. „Unter den Faktoren, die wir untersucht haben, sind Schwankungen des pH-Werts und der Wasserhärte wichtige Treiber. Sie werden unter dem Einfluss des Klimawandels durch Auslaugung des Gesteins weiter zunehmen“, erklärt Dirk Schmeller. Daher müssen Managementstrategien entwickelt werden, um die Bergseen von beeinflussbaren Stressfaktoren wie Fischbesatz und invasiven Arten zu entlasten.

Pressemitteilung IGB

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