Oft können die scheuen Kapitalen, hier ein strammes Rotauge, nur im Schutz der Dunkelheit überlistet werden. |
Herrscht stürmisches Wetter mit Südwestwind und zeitweisen Regenschauern, muss man nicht früh aufstehen oder lange wachbleiben, um schöne Plötzen ins Keschernetz zu bugsieren. |
Oft ist der richtige Zeitpunkt des Friedfischansitzes fangentscheidender als die eingesetzten Montagen und Köder. Denn viele Flossenträger sind an einen bestimmten Tagesablauf gewöhnt. Wann das große Fressen einsetzt und sich das Angeln besonders lohnt, verrät die Specimen Hunting Group Dortmund.
By der Specimen Hunting Group Dortmund
Wer günstige Gelegenheiten ergreifen möchte, muß, wie so oft im Leben, auch beim Angeln zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Bestimmte Einflüsse und Gegebenheiten beeinflussen nämlich das Fressverhalten und damit die Beißzeiten der Friedfische ganz entscheidend.
An Schifffahrtskanälen beispielsweise wird dies zum großen Teil von den Lastkähnen und Schleusen diktiert. Auf den ersten Blick scheint es hier zwar keine Besonderheiten zu geben, und doch gibt es eine besonders günstige Angelzeit: die Nacht.
Nachtschwärmer
In der Dunkelheit fahren nur noch wenige Schiffe, die Schleusen werden an vielen Kanälen geschlossen, und es kehrt Ruhe ein. Die Fische können jetzt ungestört auf Nahrungssuche gehen, unsere Chancen, insbesondere kapitale “Nachtschwärmer” zu fangen, stehen ungleich besser als am Tage. Haben wir die Möglichkeit vorzufüttern, sollten wir dies in den frühen Abendstunden tun, wenn der Schiffsverkehr nachlässt. So lassen sich neben Karpfen viele andere Friedfischarten an eine bestimmte Stelle locken und dort gezielt fangen.
Auch an Seen mit viel “Publikum” wie Spaziergängern, Badegästen und Bootsfahrern bietet die Nacht oft die besten Möglichkeiten, gerade größere Exemplare zu landen. Es gibt hier aber ebenso die berühmten Ausnahmen von der Regel. So konnten wir vor Jahren an einem Baggersee am helllichten Tag bei 28 Grad Lufttemperatur 30 Großbrassen fangen, obwohl links und rechts von unseren Ruten Kinder ins kühle Nass sprangen, Schlauchboote zu Wasser gelassen wurden und am Ufer ein Betrieb wie am Timmendorfer Strand im Hochsommer herrschte!
Insbesondere an klaren Baggerseen ist jedoch die Nacht in aller Regel die einzige Zeit, die großen Flossenträger des Gewässers an den Haken zu bekommen. Gerade Schleien – die dort sehr gut abwachsen, wenn nur wenige Karpfen eingesetzt wurden – scheinen bei Tage von der Bildfläche verschwunden zu sein, und ihre Existenz ist manchen Anglern daher gar nicht bewusst.
Frühaufsteher
Wenn wir im Winter am Fluss auf Döbel angeln, ist nicht langes Wachbleiben, sondern frühes Aufstehen angesagt. An neun von zehn Tagen beißen die Dickköpfe im Morgengrauen, oft schon eine Stunde bevor es dämmert. Danach rührt sich weniger, und erst wenn die Dämmerung einsetzt, beginnen die Döbel wieder zuzupacken. Allerdings wird die starke Beißintensität vom frühen Morgen nicht mehr erreicht.
Besonders an klaren Flüssen gehören auch die Großrotaugen zu den Frühaufstehern. Noch weitaus mehr als beim Döbel wird ihre Beißlaune vom Lichteinfluss bestimmt. Die ersten zwei Stunden des dämmernden Morgens nutzen die Plötzen ausgiebig zum Fressen, um sich dann bis zum “Abendbrot” in ihre Verstecke zurückzuziehen.
“Früh raus” gilt ebenfalls an natürlichen Seen und kleineren Teichen, insbesondere, wenn tagsüber strahlender Sonnenschein zu erwarten ist. Schleien, Karauschen und auch Karpfen sind oft schon vor dem Morgengrauen aktiv, fressen für drei bis vier Stunden, um sich nach Sonnenaufgang wieder rar zu machen. Hält allerdings die Schönwetterlage über längere Zeit an, verschiebt sich die Beißzeit mehr auf die Nachtstunden, und die “heiße Phase” am Morgen verkürzt sich auf ein oder zwei Stunden.
Auch wer Rotfedern in Naturseen fangen will, muß im Sommer schon um vier Uhr am Wasser sein und am besten vom Boot aus angeln. Der zusätzliche Vorteil: Oft liegt das Wasser noch ganz ruhig, und wir können die Fische mit bloßem Auge oder dem Fernglas orten, wie sie sich Nahrung von der Oberfläche holen. Mit aufgehender Sonne verschwinden die Rotfedern wieder sehr schnell von der Bildfläche. In einigen Gewässern wiederum kann man allerdings auch in den Abendstunden mit guten Fängen rechnen, wenn die Fische rechtzeitig entdeckt wurden. Dann sind sogar kapitale Überraschungen nach Einbruch der Dämmerung möglich.
Lichtgestalten
Führen Flüsse Hochwasser, lassen sich besonders Rotaugen meist den ganzen Tag über fangen. Das gleiche gilt für stürmisches Wetter mit Südwestwind und eingelagerten Regenschauern.
In den meisten Naturseen lassen sich auch Brassen bei Tageslicht gut fangen, vorausgesetzt, wir haben genügend vorgefüttert und noch ausreichend Lockmittel, um die Fische am Platz zu halten – denn ein großer Schwarm ist sehr bald verschwunden, wenn es nichts mehr zu fressen gibt. Hat man es allerdings auf kapitale Rüssler über sechs Pfund abgesehen, kann auf das Nachtangeln und im Sommer auf den Frühansitz nicht verzichtet werden. Es ist jedenfalls äußerst fangfördernd, am Gewässer den Rhythmus im Beißverhalten der Brassen zu erkennen und genau dann gezielt anzusitzen. Unsere Versuche, kapitale Rüssler mit Vorfütterungen zu einer Zeit zum Fressen zu bewegen, die uns bequemer erschien, scheiterten meist kläglich.
An manchen Gewässern allerdings wissen selbst einheimische Angler kaum etwas über Fischvorkommen und Beißzeiten. Deshalb gilt grundsätzlich: Skeptisch bleiben und nicht gleich auf die nächstbeste Meinung hören. Es ist stets empfehlenswert, erst einmal den Aufenthaltsort der Flossenträger sowie deren Fressgewohnheiten herauszufinden, als mit geheimnisumwitterten Ködern an beliebigen Stellen auf Großfische zu hoffen.
Selbst ein paar Schneidertage sollte man dafür einkalkulieren. Dann aber werden wir für alle Mühen voll entschädigt. Es ist immer wieder erstaunlich, wie einfach sogar große Flossenträger zu fangen sind, wenn sie sich in Beißlaune befinden – Köder, Montagen, Schnurstärken, Hakengrößen werden fast zur Nebensache!
Foto: Verfasser