Auch dieses Mal trifft Hechtpapst Jan Eggers weitere Berühmtheiten aus der internationalen Angelszene. Er hat sogar versucht, das englische Karpfenangeln in den USA einzuführen…
Im letzten Teil hatte ich angekündigt, dass ich diesmal auf Tour mit einem anderen bekannten Karpfenangler gehen werde. Eigentlich müsste ich hier ein TV-Quiz veranstalten, mit der Frage „Mit wem habe ich damals gefischt?“. In welchem Land wir gangelt haben, wäre wohl der wichtigste Hinweis für die Zuschauer. Damit hier nicht weiter herumspekuliert werden muss, löse ich die ganze Sache am besten auf.
Auf der Suche nach einem neuen Zweig der modernen Sportfischerei
Um das Jahr 1985 waren die Redakteure des amerikanischen Angelmagazins “The In-Fisherman”, allen voran Al Lindner und Doug Stange, sehr interessiert an europäischen Angeltechniken. Nach der Einführung von Hechtvorfächern mit zwei Drillingen, längeren Ruten zum Angeln mit Köderfisch und auch Laufposen wollten sie auch mehr wissen über die Angelei auf Karpfen und Wels. Die Amerikaner waren erstaunt über die große Popularität, die der Karpfen als Sportfisch in Europa hatte und sie wollten mehr Informationen über spezielle Karpfenruten, Boilies, Haarmontagen und Futterstrategien. Ich erzählte Alan Bramley, dem Direktor von Partridge, über dieses große Interesse. Damals entwickelten Karpfenspezialisten wie Jack Hilton, Kevin Maddocks und Chris Yates gerade neue Karpfenhaken für diese Firma.
Wir hatten die Idee, dass ich zusammen mit so einem Karpfenexperten zur Redaktion des “In-Fisherman” nach Brainerd, Minnesota, reisen sollte. Wir wollten von dort aus gute amerikanische Karpfengewässer besuchen und auch befischen. Alan Bramley hatte organisiert, dass Duncan Kay als Karpfen-Pionier zu dem Amerikanern reisen sollte.
Neben diversen 12 Fuß (360 Zentimeter) langen Karpfenruten wurden Boilies, Haken, Rigs, Bissanzeiger usw. vorab nach Brainerd verschifft. Ich traf Duncan auf dem Flughafen Heathrow und zusammen flogen wir nach Chicago und Brainerd. Wir wollten mit Steve Nelsen, der für das Tourismusmarketing im Bereich Angeln in der Region Nord- und Süd-Dakota zuständig war, verschiedene karpfenreiche Flüsse und Seen befischen.
Duncan hatte noch einen speziellen persönlichen Wunsch: Er wollte gerne einen Musky fangen! Wir beschlossen, es schon am zweiten Tag unseres Besuchs auf diese Fischart zu probieren. Wir alle waren sehr froh, als Duncan tatsächlich einen Esox musquinongy fing.
Wir fuhren mit den Autos von Al und Doug zuerst nach Pierre, der Hauptstadt von South Dakota, dort übernahm Steve Nelson die Regie. Steve erzählte uns, dass die Karpfenangelei in den beiden Dakotas nicht besonders populär war. Der am meisten verwendete Köder war Süßmais. Es gab auch viele “Sportfischer”, die mit Pfeil und Bogen, meistens war eine Rolle auf dem Bogen montiert, auf an der Oberfläche fressende Karpfen jagten. Es gab sogar Rekordlisten für diese Art der Karpfenfischerei. Wer in amerikanischen Mepps-Katalogen stöbert, kann lesen, dass der Mepps-Karpfenrekord auf 53lb steht. Nein, nicht von außen gehakt mit einem Spinner oder Blinker, sondern regulär gefangen mit einem Aglia-Spinner No. 2 mit zusätzlichen Maiskörnern auf dem Drilling.
Anweisungen über Radio und Fernsehen sowie Währungsprobleme
Weil die Gewässer, die wir befischen sollten, einen sehr guten Karpfenbestand hatten, war es nicht notwendig, größere Futterplätze anzulegen. Mit der Schleuder schossen wir nur ein paar Hände Mais und Boilies an die Angelstelle. Die Bisse waren durch einfache Einhängebissanzeiger, Laufschwimmer und sogar nur über die sich biegende Rutenspitze sehr gut zu erkennen. Wir fingen viele Karpfen zwischen 40 und 70 Zentimeter. Regelmäßig schauten uns lokale Angler zu. Die allererste Frage war immer, auf was wir fischten? Nach unserer Antwort “carp” folgte meistens folgende Frage: “Wollt ihr sie räuchern?” Das war natürlich nicht unserer Plan. Man fand es ungewöhnlich, dass wir unsere Karpfen wieder schonend zurücksetzten. Es lag wirklich ein Ozean der Unterschiedlichkeit zwischen der amerikanischen und europäischen Karpfenangelei. Selbst heute, anno 2018, also rund 30 Jahre später, ist dieser Unterschied noch immer sehr groß.
Duncan liebte es, den amerikanischen Anglern zu erzählen, wie er in England wochenlang gezielt auf einem mit Namen und Gewicht bekannten Rekordkarpfen fischte. Das Phänomen “specimen hunting” war, und ist noch immer total unbekannt in den USA, vielleicht ist die Jagd auf große Muskies eine Ausnahme.
Die Leute von “The In-Fisherman” hatten organisiert, dass wir in lokalen und regionalen Radio- und TV-Sendern das eine oder andere über die europäische, sagen wir besser englische Karpfenangelei berichten konnten. Duncan war da mit seinem trockenen englischen Humor in seinem Element. Hin und wieder höre ich mir diese alten Tonkassetten noch an.
Bleibt noch zu erwähnen, dass wir nach einer Woche USA keine Dollars mehr hatten und keine einzige Bank Englische Pfund oder Niederländische Gulden wechseln wollte. Al Lindner musste uns ein paar Dollars leihen, erst auf dem Flughafen von Minneapolis konnten wir unser europäisches Geld wechseln.
Alles in allem war das eine interessante Reise, die wenig verändert hat an der amerikanischen Art der Karpfenangelei. Mein Freund Duncan ist vor ein paar Jahren leider gestorben. Die englischen “carp scene” hat mit ihm einen einzigartigen Charakter verloren.
Meine wichtigste Kontaktperson von 1980 bis 2016 war natürlich mein guter Freund Fred Buller. Er stellte mich bei bekannten englischen Anglern, Autoren, Chefredakteuren, Herausgebern und Angelgeräte-Herstellern vor. Wenn ich alle diese Menschen vor meinem inneren Auge Revue passieren lassen, dann könnte ich über sie noch viele Teile dieser Serie schreiben. Natürlich darf ich den Chefredakteur des schon seit Jahren leider eingestellten Angelmagazins „Angling“, meinen Freund Sandy Leventon, nicht vergessen. Er schickte mir das “Domesday Book of Mammoth Pike”, das mein Leben veränderte, und veröffentlichte auch meine ersten englischsprachigen Artikel. Später wurde Sandy Chefredakteur von “Trout and Salmon”. Als “Angling” eingestellt wurde, stellte mich Fred Buller beim Chef des Blattes “Coarse Angler”, Colin Dyson aus Sheffield, vor. Wir verstanden uns gleich gut, Colin kam in die Niederlande, fing hier große Hechte und Zander und wir besuchten zusammen den Echolot-Hersteller Lowrance in Tulsa, USA.
Ich werde auch nie vergessen, wie mir Colin und sein Sohn in ihrem Haus zum Thema Snooker Rede und Antwort standen. Damals fand im “The Crucible Theatre” in Sheffield die Weltmeisterschaft statt. Ich schaue mir noch immer mit viel Vergnügen dieses interessante Billard-Spiel an. Viel Kontakt habe ich auch mit verschiedenen Redakteuren von “Pikelines” gehabt, der Clubzeitschrift des Pike Anglers Club (PAC). Nach Vic Bellars und Martyn Page waren es vor allem Geoff Parkinson und James Holgate, die mir in meinem Poldergebiet zeigten, wie man mit Hering und Makrele schöne Hechte fangen kann. Sie hatten eine Kühlbox mit toten Köderfischen mit ins Hotel “De Halve Maan” genommen. Die Besitzerin, die die Köderfische gesehen hatte, rief mich an, mit der dringenden Bitte, ich möge den englischen Gästen sagen, dass sie auf den Zimmern keine Fische braten dürfen. Das ist auch nicht passiert, aber die Hechte fanden sie sehr lecker.
Viel Schriftwechsel mit bekannten Hechtanglern
Nenn’ mir die Namen von fünf oder auch zehn bekannten englischen Hechtanglern aus der damaligen Zeit und ich kann antworten, dass ich sie kenne und schon zusammen mit ihnen gefischt habe. In den früheren Teilen dieser Serie kamen schon einige davon vor, jetzt kommen noch ein paar. Gute Bekannte von Fred Buller, die ich bereits treffen konnte, waren Richard Walker, Hugh Falkus, Barrie Rickards und Peter Stone. Leider habe ich nicht mit dieser illustren Vierergruppe gefischt, aber glücklicherweise einige Stunden mit ihnen über die Angelei und besonders den Hecht diskutieren dürfen. Einer der Hauptpunkte war das erneute Präparieren des Weltrekordhechtes von Lothar Louis durch Peter Stone (die erste Version eines Hobby-Präparators war nicht gut gelungen gewesen). Ich habe diesen 25-Kilo-Hecht zu Peter Stone gebracht und ein Jahr später wieder zurück nach Süddeutschland.
Natürlich gibt es auch bekannte englische Hechtangler, mit denen ich die nötigen Stunden an oder auf dem Wasser zugebracht habe. So erinnere ich mich an einen Tag Spinnfischen mit Kunstködern zusammen mit Gord Burton und John Sidley. Wir fischten vom Ufer aus an einem Stausee, an der englisch-walisischen Grenze. Diesen Angeltag hatte Alan Bramley von Partridge organisiert, was habe ich gelacht mit diesen drei Lebemännern. Neben interessanten Diskussionen über Kunstköder habe ich an diesem Tag auch viel über die moderne Angelei auf große Aale von John Sidley gelernt. Gord Burton war einer der ersten englischen Hechtangler, der sein ganzes Vertrauen in Kunstköder setzte und dann auch gut damit fing. Ich konnte ihn später auch dafür gewinnen, einen Artikel zur englischen Ausgabe des Rapala-Buchs beizusteuern. Das Honorar dafür war eine Reise zur Fabrik nach Finnland, ein ein paar Tage Angeln auf den Aland-Inseln rund um Marienhamn.
Andere Hechtangler, die ich noch gut in Erinnerung habe, sind Mick Brown, John Watson, Derek Amies, John Wilson, Eddie Turner, Bob Church, Dave Pugh, Dave Plummer, Jim Gibbinson und als zehnter der zu früh verstorbene David Overy. Die genannten Hechtangler haben für einige Zahnschmerzen in der Esox-Familie gesorgt, aber nach schonendem Enthaken sind alle ihre Hechte wieder zurückgesetzt worden, so heißt es jedenfalls!
Wahrscheinlich gibt es jetzt Leser, die den Namen einer der bekanntesten englischen Hechtangler in obenstehender Reihe vermissen. Sein Name ist wegen seines Rekord-Hechtes und interessanten Artikeln auch in deutschen Hecht-Kreisen sehr bekannt: Neville Fickling! Ich habe mit Neville in England, Irland und den Niederlanden auf Hecht gefischt. Wir haben auch gefangen und darüber werde ich im nächsten Teil berichten. Der 20. Teil wird dann auch die letzte Story in den “Begegnungen am Wasser” sein. In meinem letzten Beitrag bleibe ich in meiner Heimat. Es wird über bekannte Angelsport-Persönlichkeiten berichtet werden, die selbst nach Bovenkarspel, De Vlietlanden, West-Friesland und überhaupt in die Niederland gereist sind, um mit mir zu fischen. Ob ich danach mit einer weiteren Serie beginnen werde, weiß ich noch nicht. Anregungen und Ideen sind stets willkommen!
Jan Eggers