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Baglimit Ostseedorsch: Die Sieben muss stehen!

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Ein volles Forum beim Krisengipfel im Gewerbezentrum Oldenburg i.H. verdeutlicht die prekäre Situation im Angeltourismus an der deutschen Ostsee. Bild: WiSH

Am 30. August 2019 hat die EU-Kommission ihren Vorschlag für die Tagesfangbegrenzung/Baglimit auf Ostsee-Dorsch für das Jahr 2020 bekanntgegeben. Die Empfehlung, die mit zwei Dorschen pro Tag und Angler noch einmal unter den Tagesfangbegrenzungen der vergangenen drei Jahre liegt (2017: 5 Dorsche, 2018: 5 Dorsche, 2019: 7 Dorsche), trifft die Branche bis tief ins Mark.

Daraufhin trafen sich am 11. September 2019 im Gewerbezentrum Oldenburg i.H. über 40 Inhaber angeltouristischer Betriebe aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zu einem Krisengipfel, um mit politischen Vertretern die Frage zu diskutieren, wie der Angeltourismus an der deutschen Ostsee jetzt noch zu retten ist.

Nur ein Drittel der Kutter hat überlebt

Als in der vergangenen Woche die Empfehlung der EU-Kommission zum Baglimit 2020 für den Westdorsch durchsickerte, war es totenstill an Bord der MS Einigkeit in Heiligenhafen, im Angelshop der Fisherman´s Partner in Lübeck und in der Angel- und Seetouristik in Blankenhagen in Mecklenburg-Vorpommern. In den vergangenen drei Jahren haben lediglich ein Drittel der Hochseeangelkutter an der deutschen Ostsee überlebt und mit dem geplanten Baglimit 2020 ist auch die Zukunft der verbliebenen Betriebe dieser identitätsstiftenden Branche mehr als ungewiss.

„Dieses Baglimit ist unser Tod“, brachte es Thomas Deutsch von der MS Einigkeit in Heiligenhafen auf den Punkt. Denn nach der ersten Schockstarre trafen sich über 40 Inhaber angeltouristischer Betriebe aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, um zu diskutieren, wie der Angeltourismus an der deutschen Ostsee jetzt noch zu retten sei.

Krisengipfel für den Angeltourismus

Kurzfristig organisiert und eingeladen vom Wassertourismus in Schleswig-Holstein e.V. (WiSH) in Kooperation mit der Entwicklungsgesellschaft Ostholstein mbH EGOH verlief der Abend emotional, zuweilen resignierend und am Ende lösungsorientiert. Gemeinsam mit den angeltouristischen Betrieben diskutierten Niclas Herbst (Europaabgeordneter der CDU aus Schleswig-Holstein und einziges deutsches Mitglied im Fischereiausschuss), Klaus Jensen (CDU, Mitglied des Landtages Schleswig-Holstein), Timo Gaarz (CDU Ostholstein und stellvertretender Landrat des Kreises Ostholstein), Hans-Jürgen Löschky (FDP Ostholstein) und Dr. Wolf-Christian Lewin vom Thünen-Institut für Ostseefischerei in Rostock.

Das Thünen-Institut ist Mitglied des International Council for the Exploration of the Sea (ICES) und schlägt der EU-Kommission basierend auf ihren wissenschaftlichen Daten die jährliche Tagesfangbegrenzung u.a. für den Westdorsch vor. Ihrer Empfehlung von
7 Dorschen pro Tag und Angler für das Jahr 2020 ist die EU-Kommission nicht gefolgt und liegt mit 2 Dorschen sogar weit unter der ICES-Empfehlung. Dr. Lewin selbst sprach am Mittwoch von einer dramatischen Dimension für die wirtschaftliche Entwicklung an der Ostsee und merkte an, dass das Baglimit nicht so viel bringe, wie manche Leute glauben. Ob die Tagesfangbegrenzung bei 2, 5 oder 7 Dorschen liegt, ist für den Erhalt des Dorschbestandes nicht entscheidend. Andere Aspekte wirken sich deutlich stärker auf die Entwicklung des Dorschbestandes aus.

Ende des Hochseeangelmekkas deutsche Ostsee

Für die Angler selbst und damit für den Fortbestand der angeltouristischen Betriebe hat das Baglimit vor allem auch psychologische Auswirkungen und ist mit dem Lottospiel zu vergleichen. Jeder will gewinnen, aber kaum einer schafft es. „5 und 3 Dorsche haben schon zu massiven Einbrüchen geführt, aber für 2 Dorsche kommt kein Angler mehr an die deutsche Ostsee“, so Manfred Wohnrade, Vorsitzender der WiSH und Geschäftsführer des Tourismus-Service Heiligenhafen. „Die fahren weiter nach Norwegen oder Schweden. Die deutsche Ostsee war mal das Hochseeangelmekka Europas, das ist vorbei. Die 7 muss stehen, das ist unsere letzte Chance“. Zustimmung aus allen Reihen, ob Hochseeangelkutterbetreiber, Angelshop-Inhaber, Kleinbootvermieter oder Anbieter im Beherbergungsgewerbe. Sie alle sitzen buchstäblich in einem Boot und verbuchen seit der bloßen Ankündigung des Baglimits 2020 Stornierungen und Umsatzrückgänge bei einer eh schon schwachen wirtschaftlichen Lage.

Ausstieg aus dem Angeltourismus?

Provokativ sprach auch Lars Wernicke von der WiSH von der Möglichkeit, das Baglimit statt auf 2 Dorsche direkt auf Null zu setzen. „Dann sparen wir Kosten in den Fischereibehörden, in der Wissenschaft und bei Kontrollorganen und können so allen hier Anwesenden einen sozialverträglichen Ausstieg aus dem Angeltourismus ermöglichen.“

So weit will es Europaabgeordneter Niclas Herbst nicht kommen lassen. Denn das letzte Wort haben am 14./15. Oktober erst die europäischen Fischereiminister. Aus diesem Grund sieht er die Lobbyarbeit als das stärkste Instrument in den kommenden Wochen. „Wir müssen über Berlin nach Brüssel, um zu retten, was noch zu retten ist. Ich nehme mit, dass die Tagesfangbegrenzung von 7 Dorschen Bestand haben muss. Das ist die 1a-Lösung.“

So liegt noch ein steiniger und ungewisser Weg vor der WiSH und den angeltouristischen Betrieben, bevor Mitte Oktober die Fischereiminister der EU zusammenkommen und final über das Baglimit 2020 und über die Zukunft aller angeltouristischen Betriebe an der deutschen Ostsee entscheiden.

Weitere Informationen zum Wassertourismus in Schleswig-Holstein e.V. Sie unter www.wassertourismus-sh.de.

-pm-

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