An die Küste, fertig, los! CHRISTIAN HOCH stellt Ihnen eine Methode vor, mit der auch Einsteiger erfolgreich sind.
Der bloße Gedanke, sich mit der Fliegenrute an die Küste zu stellen, schreckt viele Petrijünger ab. Kein Wunder, denn bei der Weite des Meeres und der im Vergleich zum Spinnfischer deutlich begrenzten Wurfweite, kommt man sich schnell verloren vor, zumal als Einsteiger. Wenn einem dann noch der Wind von der Wurfhandseite her um die Ohren pfeift, und man die Fliege überhaupt nicht rausbekommt, ist der Frust vorprogrammiert.
Dennoch gibt es keinen Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. Denn Sie brauchen keineswegs ein versierter Fliegenfischer zu sein, um erfolgreich mit der Fliege fischen zu können. Die Lösung ist so simpel wie genial: der Sbirolino. Er wird mithilfe einer speziellen Nadel auf die Hauptschnur gefädelt und bietet folgende Vorteile: Man erreicht damit Weiten, von denen „echte“ Fliegenfischer nur träumen. Zudem kann man selbst bei windigem Wetter noch einigermaßen passabel fischen.
Schwimmend oder sinkend?
Sbirolinos gibt‘s in schwimmenden, langsam und schnell sinkenden Ausführungen. Stehen die Fische eher oberflächennah, beispielsweise in der wärmeren Jahreszeit, ist erstere Variante zu empfehlen. Ansonsten werden gerne langsam sinkende Sbirolinos eingesetzt, die meist durchsichtig sind. Soll die Fliege sehr tief präsentiert werden, greift der eine oder andere schon mal zu einem schnell sinkenden Modell. Mit Gewichten von 15 bis 25 Gramm sind Sie auf der sicheren Seite. Viel schwerer zu fischen, macht in der Regel keinen Sinn. Denn je größer beziehungsweise schwerer der Sbirolino, desto lauter sein Aufklatschen auf dem Wasser und somit der Scheucheffekt.
Bei der Frage nach der richtigen Rute scheiden sich die Geister. Prinzipiell können Sie Ihre herkömmliche, rund drei Meter lange Meerforellen-Spinnrute mit einem Wurfgewicht von etwa 20 bis 50 Gramm zum Sbirolinofischen benutzen. Viele Meeres-Spezis haben für einen solchen Fall in der Regel fertige Sbiro-Vorfächer dabei. Einfacher geht‘s nicht: Blinker oder Wobbler ausklinken, Vorfach einhängen, schon kann‘s losgehen. Klassische Sbirolino-Ruten sind allerdings 3,60 bis 3,90 Meter lang. Das hat seinen guten Grund. Denn man benutzt bei dieser Angelmethode teilweise mehr als drei Meter lange Vorfächer. Mit einer kürzeren Gerte hätte man in einem solchen Fall keine Chance, die Oberhand über den Fisch zu behalten.
Daumenregel: Wenn der Sbirolino an den Spitzenring gekurbelt ist, sollte man einen Fisch problemlos in den Kescher dirigieren können.
Lange Vorfächer Trumpf
Vor allem beim Einsatz von schwimmenden Modellen darf das Vorfach nicht zu kurz ausfallen. Denn solche Sbirolinos furchen durchs Wasser, ziehen also eine entsprechende Spur hinter sich her. Da schöpfen vorsichtige Fische schnell Verdacht. Es sei denn, die Meerforellen sind richtig gierig. Dann passiert es schon mal, dass sie sogar den Sbirolino attackieren.
Die Vorfächer sind in der Regel 0,23 bis 0,27 Millimeter stark und bestehen idealerweise aus dem im Wasser nahezu unsichtbaren Fluorocarbon. Angesichts ihrer Länge ist beim Auswerfen darauf zu achten, dass man die Montage abstoppt, bevor sie aufs Wasser klatscht. So kann sich das Ganze schön strecken, und es verheddert nicht. Letzteres vermeiden Sie auch, indem Sie zwischen Sbirolino und Vorfach einen Plastikschlauch sowie zwei Gummiperlen und einen speziellen Antidrallwirbel schalten (siehe Foto). Vor dem Auswerfen sollten Sie immer Fliege und Vorfach im Auge haben, um sicherzugehen, dass alles sauber gestreckt ist und kein Kraut am Haken hängt. Mit ein wenig Glück kann dann selbst ein Einsteiger auf Anhieb erfolgreich sein.
Köder und Führung
Als Köder kommen alle gängigen Meerforellen-Fliegen infrage. Sehr gut fangen beispielsweise Imitate von Garnelen, Tangläufern, Borstenwürmern oder Sandaalen. Beispiel: Haben sich die Meerforellen auf Garnelen eingeschossen, dann werden Sie mit einer ähnlich aussehenden Fliege auch fangen. Wichtig ist, dass das jeweilige Muster von der Größe und Form her in etwa den gerade vorhandenen, natürlichen Beutetieren entspricht. In der kalten Jahreszeit, wenn das Nahrungsangebot nicht so üppig ausfällt, fischen viele Angler kleinere Muster an entsprechend kleineren Haken wie 8er oder 10er Modellen. Im Frühjahr und zu Sommerbeginn kann man ruhig größere Happen am 4er oder 6er Haken anbieten. Statt auf künstliche Fliegen, setzen manche Angler auf natürliche Köder. So kann es durchaus lohnenswert sein, einen Tauwurm oder Sandaal durchs Wasser zu kurbeln.
Damit wären wir schon bei der Führung. Auch hier gibt es unterschiedliche Philosophien bezüglich der Geschwindigkeit. Wie auch immer: Fest steht, dass eine ausgemergelte Meerforelle, die gerade vom Kräfte zehrenden Laichgeschäft ins Meer zurückgekehrt ist, fressen muss! Wie sagte mir einmal ein dänischer Guide: „Einen Fisch, der sich die Fliege in aller Ruhe anschauen kann und dann noch anbeißt, will ich gar nicht fangen. Denn mit diesem Fisch kann etwas nicht stimmen.“ Da ist sicher viel Wahres dran. Aus diesem Grund sollte man den Köder prinzipiell vergleichsweise schnell einholen.
Lediglich bei kaltem Wasser beziehungsweise bei schwimmenden Sbirolinos ist es mitunter ratsam, die Fliegen zwischendurch mal in Zeitlupentempo einzukurbeln oder kurze Pausen einzulegen. So findet man schnell heraus, worauf die Meerforellen gerade stehen. Und denken Sie daran: Auch wenn Sie mit dem Sbirolino sehr große Weiten erzielen, so stehen die Meerforellen meist in unmittelbarer Ufernähe, weil es dort einfach die meiste Nahrung gibt. Diesen Bereich sollte man daher immer zuerst systematisch abfischen.
Der Schlaufentrick
Egal ob Spinn- oder Sbirolinofischen: Eine vorgeschaltete Beifänger-Fliege kann einem den einen oder anderen Bonus-Fisch bescheren. Wichtig ist, dass die Fliege nicht fest an den Seitenarm geknotet wird. Wäre dies der Fall, könnte sie im Wasser nicht ihr verführerisches Spiel entfalten. Abhilfe schafft der Rapala-Knoten (siehe Zeichnung), der ursprünglich für Wobbler entwickelt wurde. Der Clou: Man erhält eine geräumige Schlaufe, in der sich die Fliege optimal hin und her bewegen kann – so kommt das Ganze dem natürlichen Vorbild schon ziemlich nahe.