Schneider hoch drei
Vor zwei Wochen war ich mit Angel-Ikone Akki Eilts unterwegs. Die Fische ließen uns trotz jahrzehntelanger Angelerfahrung schmählich hängen. In neun Stunden kein Zupfer. Als wir munter nach Ausreden suchten, was denn nun der Grund sei für den Misserfolg, und sinnierten über Wetterlage, Luftdruck, Wassertrübung, Laichzeit und Fischbestand, da platzte es plötzlich aus Akki raus: „Was sind wir Angler doch für Spinner!“ lachte er.
Verrückt sind wir wohl alle ein wenig. Mit Misserfolgen können wir uns nicht einfach abfinden, wir müssen einen Grund dafür herausfinden. Und sei er noch so absurd.
Verrückte Platzwahl
Ich weiß nicht, ob einem Leser ähnlich geht wie mir, verrückt bin ich auch bei der Platzwahl. Da, wo kein anderer seine Rute auslegen würde, reizt es mich besonders. Ich rede von Brücken, unter die man kaum herankommt. Von Gewässern, die so klein sind, das man drüberspringen könnte, und so flach, dass keine Pose steht. Oder von Ufern hinter Brombeerbüschen, die undurchdringlich zu sein scheinen, und bei mir deutliche Kriegsverletzungen hinterlassen. Oder von einer Hauptverkehrskreuzung, an der kein Mensch angeln würde. Oft bin ich dabei gar nicht mal so erfolglos, denn der Fisch steht da, wo wenig Angler stehen.
Ob Dornengestrüpp, durch das sich noch kein Angler traute, ob Brücken, unter die man nur kriechen, aber eigentlich keine Angel mehr führen kann oder ob Hochwasser uns die Laune trübte, für Verrücktes werde ich mich immer offen halten, und nicht selten überraschten mich die Fänge genauso, wie die zerfetzten Hosenbeine.
Wie zum Beispiel der kultverdächtige „Eishecht“, den ich an einer Brücke befischte, vor der das Wasser eigentlich zugefroren war. Aber eben nur „eigentlich“. Meine Beharrlichkeit brachte mich am Ende doch zum Fisch, und mein kräftiges Gerät, dass immer mehr verträgt als eigentlich nötig, unterstützte das Vorhaben, das auf einer der ersten Fisch&Fang DVDs zu sehen war:
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(Hier ist der dazu gehörige Film auf dem Fisch&Fang Kanal zu sehen)
(Nein, im Gegensatz zu den üblichen Narben vom stürmischen Laichgeschäft hat dieser Hecht sich trotz der Eisschollen NICHT verletzt!)
Solche Verrücktheiten haben mir nicht selten die guten Fänge gebracht.
(In der aktuellen Fisch&Fang (6/2014) weist ein Leser völlig zurecht darauf hin, dass das Angeln in der Nähe von Schienen lebensgefährlich ist! Bitte nehmt meine Ratschläge deshalb nicht allzu wörtlich, denn wer mit langen Kohlefaserruten an Schienen mit Oberleitung steht, ist in LEBENSGEFAHR! Auch die Schienen führen Strom!)
…und noch einen Meter rausholen, das könnte den Köder doch direkt vors Zandermaul bringen. Ich halte es da mit Mick Brown, der nach vielen Würfen, den letzten, dann denn allerletzten, dann noch einen allerallerletzten, und danach noch einen macht. So taste ich mich oft nur einen Meter, dann noch einen Meter, und dann noch einen halben Meter weiter an den Fisch. Nicht immer ist das von Erfolg gekrönt. Aber Spaß macht es mir allemal, und Bonusfische hat mir meine Verrücktheit mir schon mehr als einen gebracht.
Mit macht es jedenfalls immer Spaß, und sei es nur die Mühe, die ich mir mache, um mit meiner Wathose einen Meter an einer Brückenwand zu überbrücken. In diesem Sinne: Viel Erfolg bei allen Verrücktheiten!