Schon im April habe ich hier im Sammlerblog die Meisselbach „Allright“ in der Version von Stork und Flechsenberger vorgestellt.
Jetzt bin auch ich auf eine mit Storch gepunzte Rolle des berühmten amerikanischen Herstellers gestoßen. Diese Rollen sind wahrscheinlich schon in den USA für den Export mit diesem Vogel versehen worden. Die Exportversion für Deutschland unterscheidet sich deutlich von den Allright-Rollen für den amerikanischen Markt: sie hat runde und keine tropfenförmigen Aussparungen in der Spule, zudem hat sie ein meist mattes, brüniertes Messingfinish. Die Originale für die USA sind hochglänzend verchromt.
Im Vergleich zur bekannten, extrem leichten Meisselbach „Featherlight“, die ebenfalls von vielen deutschen Angelgerätefirmen rund um 1900 verkauft wurde, besitzt die „Allright“ eine geschlossene Rückenplatte. Sie wurde ab 1895 ursprünglich in den USA als Wurfrolle zum Schwarzbarsch-Angeln angepriesen, doch dafür war sie den Anglern anscheinend etwas zu schwer. Dann ging sie als Fliegenrolle in den Handel, die größte Ausführung als Trolling-Rolle zum Schleppfischen. Die „Allright“ in gutem Zustand ist in den USA auch nicht gerade einfach zu finden, die „Featherlight“ wurde weitaus häufiger verkauft.
Meine „Allright“ war ursprünglich einmal brüniert/mattiert, es sind noch Reste im Innern der Rolle und in der Nähe des Kurbelknaufs vorhanden. Ein früherer Besitzer hat sie offenbar poliert. Deshalb mein Hinweis an alle Sammler: Bitte nie die originale Patina wegputzen! Viele frühere Rollen hatten ab Werk ein besonderes Finish (Brünierung, Schwärzung, Bläuung, Mattierung), damit die Rolle am Wasser nicht so blinkt. Wird eine Rolle nachträglich auf Hochglanz poliert, verliert sie deutlich an Wert! Eventuell wurde auch der Griffknauf einmal ersetzt, aber das lässt sich nicht mehr genau sagen, weil auch alle Schrauben mit der Polierscheibe bearbeitet wurden und wie neu aussehen.
Über Meisselbach
August Friedrich Meisselbach war Sohn deutscher Einwanderer. Sein Vater Wilhelm war 1857 in die Staaten ausgewandert. 1885 baute der Sohn seine erste Angelrolle in der Garage seiner Eltern in Newark, New Jersey. Schon mit zarten 20 Jahren meldete er ein Patent darauf an. „Gus“ überzeugte seinen Bruder William mit ins Rollen-Geschäft einzusteigen. Die Meisselbachs stellten preiswerte Qualitätsrollen für jedermann her, das Geschäft boomte. Gute Qualitätsrollen der beiden Brüder waren damals schon für deutlich unter 5 Dollar zu haben. Ihre Modelle waren sogar so gut, dass damals mit ihnen Weltrekorde im Casting aufgestellt wurden. Schon 1896 fertigten die Meisselbachs in einem Firmengebäude auf drei Etagen. „A.F. Meisselbach & Bro.“ war zu einem der größten Rollenhersteller der USA gewachsen. Zwischen 1900 und 1917 arbeiten 75 Angestellte in der Firma, man lieferte sogar nach Europa. Vor allem die berühmte „Featherlight“ war in der Vorkriegszeit auch deutschen Anglern ein Begriff. Meisselbach gilt als Erfinder der leichtgewichtigen Skelett-Rollen.
1917 wurde die Firma an den Grammophon-Hersteller Otto Heinemann verkauft. Gus und William verbrachten ihren Ruhestand mit Brandungsangeln an der Küste von New Jersey. William starb 1919, Gus entschlief 1927 im Alter von 61 Jahren. Bis 1941 wurden noch weiter Meisselbach-Rollen hergestellt, dann verschwand der Name von der Bildfläche. Der Name Meiselbach/Meisselbach kommt heutzutage in Deutschland vor allem in Thüringen vor, eventuell stammte die Familie ursprünglich aus dieser Region.
Wer hat weitere Informationen? Bitte Mail an thomas.kalweit@paulparey.de
Anmerkung vom 23. September 2022:
Gerhard Dee per Mail: „Hallo Thomas, im Anhang zwei Allright mit Storch, davon eine in schwarz finiert und eine in Messing. Die Messingausführung ist entweder sehr gründlich von Farbe befreit worden oder hat es sie möglicherweise auch ungefärbt gegeben? Herzliche Grüße Gerhard“
Anmerkung vom 26. September 2022:
Es hat sich die Frage ergeben, ob der schwarze Bakelitgriff an dieser Rolle original sein kann. Die Griffe an den beiden Allrights von Markus Schober sind aus Horn, mit fast einem Zentimeter eingetiefter Schraube. Deswegen hat Gerhard Dee Fotos von den Griffen seiner Rollen gemacht. Er schrieb per Mail: „Hallo Thomas, hier sind ein paar Nahaufnahmen von den Griffen. Sie haben beide die gleiche Form, obwohl die Rollen aus unterschiedlichen Quellen stammen. Deshalb gehe ich davon aus, dass es Original-Griffe sind. Das Material ist schwarzes Plastik oder Bakelit. Der Griff der dunklen Rolle ist noch hochglänzend und glatt. Beim Griff der Messingrolle hat der Zahn der Zeit bereits genagt und die Oberfläche mit kleinen Rissen überzogen (der Fachausdruck ist wohl „craquéliert“). Ein schönes Wochenende, Gerhard“