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Zielfisch Wels: Spinnfischen XXL

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Zielfisch Wels: Spinnfischen XXL
Großer Kunstköder, kleiner Waller: Genauso gut kann es umgekehrt laufen.

Das ist nichts für Weicheier: Beim Welsfischen mit Kunstködern gerät der Angler an seine Grenzen – bei höchstem Drillvergnügen! Von Andy Weyel

Meistens scheppert es dermaßen hart in der Rute, dass man Mühe hat, nicht ins Wasser gezogen zu werden. Kein Wunder, könnte der Fisch doch über 100 Kilo schwer sein, der da den Wobbler, Blinker oder Gummifisch eingesaugt hat. Das Spinnfischen auf Wels gehört ohne Zweifel zu den abenteuerlichsten Angelmethoden, die das Süßwasser zu bieten hat. Brachiale Bisse, Drills auf Biegen und Brechen, monströse Fische – nur wer gut vorbereitet in diesen Schlagabtausch geht, hat eine Chance, zu gewinnen.

Von allen Sinnen

Um den Wels effektiv zu beangeln, muss man ihn zuerst einmal von seiner biologischen Seite her betrachten. Abgeflachter Kopf, leicht unterständiges Maul, Tastbarteln am Oberkiefer, nach oben gerichtete Augen: ideale Voraussetzungen für die Jagd an der Oberfläche. Und genau dort spielt sich das Spinnfischen bei einer Wassertemperatur von mehr als 15 Grad in erster Linie auch ab.

Der Wels kommt dank seines Körperbaus auch mit stärkster Strömung gut zurecht. Zudem erlauben es ihm seine Sinnesorgane, auch bei sehr trübem Wasser Beute zu machen. So ortet er mit seinem Seitenlinienorgan jede Druckwelle und Erschütterung. Mit dem Weberschen Apparat – vereinfacht gesagt, die Verbindung der Gehöröffnung mit der Schwimmblase als Resonanzkörper – kann er extrem gut hören. Die vier Barteln am Unterkiefer dienen als Geruchs- und Geschmacksorgane, die beiden oberen Barteln dagegen als Tastsinn.

Zusätzlich besitzt der Wels Rezeptoren, die es ihm ermöglichen, elektromagnetische Schwingungen wahrzunehmen. Durch die vielen hervorragend ausgeprägten Sinnesorgane ist der Waller eigentlich kaum auf seine Augen angewiesen. Den schärfsten Blick hat er auch nicht, allerdings kann er zumindest Konturen gut wahrnehmen.

Waller sind sehr neugierig, was wir uns bei der Köderwahl zunutze machen sollten. Heißt genauer: Auffällige Köder sind gefragt, mit denen die Sinnesorgane des Welses auf Trab gebracht werden.

Gerät zum Spinnen

Bevor wir aber zu den besten Ködern kommen, kurz die wichtigsten Punkte zum Gerät. Fürs Spinnfischen auf Wels benötigt man eine 2,70 bis 3,30 Meter lange Spinnrute mit einem Wurfgewicht von 150 bis 300 Gramm. Ganz wichtige Komponenten sind zum einen stabile SIC-Ringe, da wir nur geflochtene Schnüre verwenden, die andere Materialien zu sehr beanspruchen würden. Zum anderen brauchen wir eine ganz spezielle Rutenaktion. Da der Wels seine Beute ansaugt – ein 100-Pfünder inhaliert dabei etwa 70 Liter Wasser -, ist er es gewohnt, dass seine Beute „zu ihm kommt“. Aus diesem Grund muss die Rutenspitze nachgeben, wenn ein Waller den Kunstköder attackiert. Ansonsten hagelt es Fehlbisse, da der Wels ins Leere beißt. Im Drill muss die Rute dann eine semiparabolische Aktion zeigen, um die harten Schwanzschläge abzufedern, mit denen der Fisch versucht, den Köder aus seinem Maul zu schlagen.

Als Rolle kommen Stationärmodelle der Größe 6000 bis 8000 zum Einsatz, bespult mit 0,32er bis 0,41er geflochtener Schnur. Auf eine stabile Achse, die im Drill nicht verbiegen darf, und eine exakte, ruckfreie Bremse ist größter Wert zu legen. Multirollen sind nicht so gut geeignet, da gerade große Welse in der Anfangsphase des Drills sehr schnell auf das Boot oder den Angelplatz zuschwimmen. Mit einer Multi und ihrer typischen niedrigen Übersetzung sind wir dann nicht in der Lage, den Kontakt zum Fisch zu halten.

 

Andy Weyel drillt. Der Waller-Spezi mag Ruten mit weicher Spitze und kräftigem Rückgrat. Die Rollenbremse muss ruckfrei anlaufen, die Achse extrem stabil sein.

 

Auch auf die „Kleinigkeiten“ sollte großer Wert gelegt werden. Nur Wirbel bester Qualität halten den enormen Widerstand eines Wallers aus. Gleiches gilt für die Sprengringe und die Haken des Kunstköders. Nur das Beste ist gut genug!

 

Spinnvorfach

Ich schalte beim Spinnfischen auf Wels immer ein Vorfach vor den Köder. Es besteht aus 111 Kilo tragendem Kevlar, das von einem Silikonschlauch ummantelt ist. Beide Seiten dieses Vorfachs versehe ich mit einem großen und kugelgelagerten Wirbel.

Welchen Sinn hat dieses Vorfach? Zum einen gleicht es den Drall aus, den die Köder erzeugen. Zum anderen verhindert es ein Überschlagen von Blinker & Co. und bietet zugleich Schutz vor den feinen Hechelzähnen des Welses. Ein weiterer Vorteil: In der Endphase des Drills kann man, ohne sich die Finger an der dünnen geflochtenen Hauptschnur aufzuschneiden, in das Vorfach greifen, um den Fisch für die Handlandung mit dem Wallergriff heranzuziehen. Dabei wird das Kevlar zwar ordentlich belastet, aber deshalb trägt es ja auch mehr als das doppelte der Hauptschnur.

Ponton-Boot-Abenteuer: Einem aufs Wasser klatschenden Blinker können Welse nicht wiederstehen. Gut zu sehen: das mit einem Gummischlauch ummantelte Vorfach.

 

Farbe bekennen

Jagt ein Raubfisch von oben nach unten, ist der Futterfisch in der Regel gut getarnt. Schließlich hebt sich seine dunkle Rückenpartie kaum vom zumeist ebenfalls dunklen Gewässergrund ab. Im umgekehrten Fall, wenn der Räuber seine Beute zur Oberfläche hetzt, wird der Futterfisch durch seine helle Bauchseite getarnt. Diesen Effekt sollte man bei der Köderwahl berücksichtigen. Wenn wir versuchen, mit den Augen der Fische zu sehen, stellt man fest, dass sich eine dunkle Silhouette gegen den durch den Mond, die Sterne und künstliche Lichtquellen helleren Nachthimmel wesentlich besser abhebt. Deshalb bevorzuge ich schwarze Kunstköder beim Spinnfischen nahe der Oberfläche. Bei trübem Wasser werden dagegen auffällige Schockfarben wie Weiß, Gelb, Grün oder ein leuchtendes Rot eingesetzt. Bei klarem Wasser schwöre ich auf naturnahe und dunkle Töne.

Die richtigen Köder

Wer meint, zum Wallerangeln kämen nur überdimensionierte Köder zum Einsatz, der irrt sich gewaltig. Zwar gehört der Twin Fin, ein 25 Zentimeter langer und 112 Gramm schwerer Doppelschwanztwister der Firma Musky Innovations, zu meinen absoluten Favoriten, aber es langen auch kleinere Köder. So fangen 15er Gummis wie der Big Hammer nicht nur ihre Fische, sondern schonen auch den Arm des Anglers.

Blinker und Riesentwister wie der Twin Fin gehören zu Andys Lieblingsködern. Kunstköder zum Spinnfischen auf Wels müssen nicht riesig sein, handlange Gummis fangen auch.

Ein klassischer Kunstköder zum Welsfischen ist der Blinker. Auch hier muss es nicht das Format Kuchenblech sein, handlange Exemplare reichen aus. Beim Auswerfen sollte darauf geachtet werden, dass der Blinker laut aufs Wasser klatscht. Vor allem nachts lockt das die Waller aus ihren Verstecken. Eine gleichmäßige Führung erzeugt starke Druckwellen, wodurch die Welse gereizt werden. So genannte doppelte Blinker, bei denen zwei Bleche kontinuierlich aneinander rattern, senden zusätzlich akustische Reize aus, was gerade in trüben Gewässern oft unschlagbar ist.

Neben Gummifischen und Blinkern fangen auch Wobbler und große Spinner ihre Fische. Ob nun aber der an der Oberfläche geführte Blinker, der durchs Mittelwasser geruckte Wobbler oder der über den Grund gezupfte Gummifisch am besten fängt, ist von Gewässer zu Gewässer und von Tag zu Tag unterschiedlich. Auch beim Wallerangeln geht Probieren über Studieren.

Vertikal auf Waller

Besonders im Sommer, bei Wassertemperaturen von über 25 Grad, wandern die Welse in Gewässerbereiche, die mit herkömmlichen Methoden und Spinnködern kaum zu beangeln sind. Die Fische ziehen jetzt in die sauerstoffreichen, tieferen Wasserschichten. Weitere Hot Spots sind schnell fließende Passagen, Einlaufbereiche, Ausspülungen hinter Brückenpfeilern oder Turbinenausläufe. An solchen Stellen stehen die Waller unter der starken Strömung im relativ ruhigen Wasser.

Andys Ködertipp, mit einem Twin Fin zu angeln, trägt Früchte. FISCH & FANG-Redakteur Markus Heine drillt einen kapitalen Wels. Staustufen wie hier am spanischen Ebro gehören zu den Top-Stellen.

Jetzt schlägt die Stunde der Schwergewichte unter den Kunstködern: große Gummis mit bis zu 200 Gramm Gewicht, zum Beispiel der 172 Gramm schwere Spin-Tail-Shad von Storm oder der bereits erwähnte Twin Fin. Wichtig zu wissen: Welse stehen beziehungsweise rauben immer gegen die Strömung. Deshalb überwerfe ich die Hot Spots und befische die am Grund lauernden Waller von vorne. Diese Methode kann sowohl vom Ufer als auch vom Boot aus eingesetzt werden.

Hoch mit ihm: Markus und Andy stemmen den 2,10 Meter langen Wels, der den Riesentwister einsaugte.

 

Fischen wir vom treibenden Boot aus, bietet es sich an, eine ganz spezielle Art des Vertikalangelns zu praktizieren. Dafür nehme ich bis zu 30 Zentimeter lange Gummifische, die auf 80 bis 120 Gramm schweren Bleiköpfen montiert sind. Ich führe den Köder senkrecht unterm Boot direkt am Grund. Der Gummifisch wird, ähnlich wie beim Pilken, in kurzen Intervallen angezupft und an gespannter Schnur wieder hinabgelassen. So treibt man ständig von vorne auf den Fisch zu und präsentiert den Köder unwiderstehlich vor seinem Maul. Oft beißt der Wels aus Reflex. Fast immer geschieht das in der Beschleunigungsphase des Gummis.

Bei dieser Methode darf die Schnur nicht zu dick ausfallen, da ansonsten der Strömungsdruck zu hoch wird, und der Köder unkontrolliert durchs Mittelwasser flattert. Eine Sache sollten Sie beim Vertikalangeln auf Wels unbedingt beherzigen, auf jeden Fall dann, wenn Sie noch lange Freude an Ihrer Rute haben möchten: Es empfiehlt sich, stehend zu fischen. Denn bei einem Biss, gerade von großen Fischen, wird die Rute manchmal so hart und brachial nach unten gerissen, dass der Blank auf die Reling knallt und bricht. Wie eingangs schon gesagt: Das Spinnfischen auf Wels ist nichts für Weicheier!

Redakteur Christian Hoch wird es wieder tun: Diesen 1,58m langen Ebro-Waller bändigte er vom Ponton-Boot aus. Ein Blinker blieb dem Fisch nachts nicht verborgen.

 

Geräte-Check

Rute: 2,70 bis 3,30 Meter lange Spinnrute mit weicher Spitze und einem Wurfgewicht von etwa 150 bis 300 Gramm wie die Shimano Beastmaster oder Speedmaster Multi Silurus, Antares oder Lesath Monster XXH.

Rolle: Stabile Stationärrolle mit verwindungsfreier Achse und ruckfrei anspringender Bremse wie die Shimano Stradic 6000 FC, Twin Power 6000 FC oder Stella 8000 SW.

Schnur: 0,32er bis 0,41er Geflochtene wie die Power Pro.

Zubehör: Stabile Wirbel wie Berkley Cross Lock in 175 lb, Drillinge von Owner, extrastarke Sprengringe.

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