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Lachs: Einfach auf Lachs am River Moy

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Lachs: Einfach auf Lachs am River Moy

Von wegen elitäre Veranstaltung! Beim Lachsangeln in Irland geht alles ganz natürlich zu: man fischt gern mit Würmern, trifft Menschen wie du und ich. Und bezahlbar ist es auch. Von Thomas Kalweit

Die Pose buckelt in der Strömung wie ein Fischkutter unter voller Motorleistung. Man hört geradezu das Stampfen der Schiffsdiesel. Doch der eiförmige Hechtproppen schleppt kein prall gefülltes Netz über den steinigen Grund. Ein gigantisches Wurmbündel von den Ausmaßen einer Riesenkrake sucht Meter für Meter nach einem Lachs. Das wuselnde Medusenhaupt kriecht durch eine tiefe Rinne, an majestätischen, silbernen Fischleibern entlang, die den Eindringling hochnäsig ignorieren. Doch plötzlich attackiert ein genervter Lachs das störende Tauwurmbündel!

Hunderte Male war es an ihm vorbeigetrieben. Wütend verbeißt er den nervenden Störenfried. Der dümpelnde Kutter gerät ins Kentern, die Pose taucht ab, versetzt sich in rasanter Fahrt mehrere Meter nach links, dann nach rechts. Unter Wasser muss ein regelrechtes Massaker stattfinden. ,Die armen Würmer!‘ denke ich, bevor ich einen saftigen Anhieb setze.

Raketengleich katapultiert sich ein glänzender Fischleib aus dem Wasser. Patsch – ab! Ich sacke in mich zusammen, verliere alle Körperspannung. Meine Rutenspitze senkt sich in den Moy – in den Fluss der Triumphe und der Niederlagen.

Früher, zu Irlands armen Zeiten, da musste eine Gummiblase aus Fahrradschlauch als Pose und eine aufgefädelte, rohe Kartoffel als Bleibeschwerung herhalten, verriet uns Harry Feeney, unser Guide. Heute ist Irland, der „Celtic Tiger“, eine boomende Wirtschaftsmacht. Neubaugebiete allüberall. Jeder Dorfjunge zieht hier mit dem Fahrrad zum Lachsfischen los, sogar ältere Damen schwingen die Wurmrute. Den nächsten Tag verbringen wir, mein Kollege Lasse und ich, in der Cloongee Fishery am Junction Point zum Lough Cullin. Hier wandern Lachse aus dem Fluss in den See. Wir trauen unseren Augen nicht, in regelmäßigen Abständen schrauben sich wuchtige Lachskörper durch die Wasseroberfläche. Ein gigantisches Schauspiel – so muss es vor hundert Jahren auch an deutschen Flüssen ausgesehen haben.

„Wenn sie wie Delfine mehrfach die Oberfläche durchbrechen, kann man sie auch mit einem flach geführten Spinner erwischen. Schlagen sie nur, oder springen sie senkrecht heraus, dann fischen wir tief am Grund“, verrät uns der Guide. Mal wieder eine Regel mit vielen Ausnahmen: „Denn es gibt nur eine Regel beim Lachsangeln: dass es keine gibt!“ ergänzt Harry augenzwinkernd. Wir fischen tief, wir fischen flach – an diesem Tag fangen wir außer einem Barsch, der sich das Wurmbündel einverleibt, keinen Fisch.

Würmer (links) und violette Kunst-Krabben sind die Top-Köder am River Moy.

 

„Wenn die Wassertemperatur steigt, werden die Lachse fressaktiv!“ Mit dieser „Regel“ beginnen wir den nächsten Tag. An der „Long Bank“ der East Mayo Angling Association schlägt meine Stunde. Mit infernalischer Wut attackiert ein Fisch mein Wurmbündel, nachdem ich es hunderte Male durch seinen Gumpen habe treiben lassen. Der Schwimmer wird wütend nach links und rechts gerissen. Anschlag! Fünf Meter Schnur reißen von der Rolle. Nach kurzem Drill zappelt ein 57 Zentimeter langer, vier Pfund schwerer Grilse im Kescher. Ein makelloser Lachs, frisch aus dem Meer aufgestiegen mit Lachsläusen.

 

Thomas Kalweit (rechts) und Guide Harry freuen sich über den 57 Zentimeter langen und vier Pfund schweren Grilse.

 

Mit zwei Jahren wandern die Smolts ins Meer ab. Wenn sie nach einem Jahr im Salzwasser wieder zurückkehren, nennt man sie Grilse. Frisch aufgestiegene Fische erkennt man an den „sealice“, den Lachsläusen, die nach etwa 30 Stunden im Süßwasser absterben und ab-
fallen.

 

„Er hat seinen ersten Fisch gefangen!“ Harry klopft mir auf die Schulter. „Und wenn ich Fisch sage, meine ich Lachs!“ Gleich in der nächsten Drift wieder ein Biss. „Wenn sie beißen wollen, dann beißen sie!“ freut sich unser Ghillie. Doch diesen Take versaue ich. Chance verpasst!

Am nächsten Tag lernen wir Jackie Barrett kennen, der Postbeamte aus Foxford gilt als bester Guide am Moy. Zudem hat er um 1975 die „dyed prawns“ erfunden. Mit Gardinenfarben seiner Mutter färbte er kleine Sandkrabben Violett und Rosa. Die bunten Krustentiere legte er in Steinsalz ein. Das „Shrimping“ mit diesem auf den ersten Blick verrückt erscheinenden Köder wurde zur erfolgreichsten Methode auf Lachs am Moy. So erfolgreich, dass der Erfinder heute selbst ein Verbot befürwortet. Vielerorts ist die Fischerei damit schon jetzt nicht mehr erlaubt.

Besonders fängig ist die Kombination von zwei Krabben an einem Einzelhaken, die mit einem dünnen Faden umwickelt und so am Haken befestigt werden. „So sehen sich paarende Krabben aus“, witzelt Barrett. Gefischt wird dieser ungewöhnliche Köder an einer schlanken Hechtpose. Die Krabben laufen ungefähr 30 Zentimeter über Grund. Angeschlagen wird sofort – wie beim Rotaugenangeln: mit einer 12 bis 13 Fuß langen Karpfenrute – und mit Brachialgewalt! Profis laufen sogar beim Anschlag zurück.

Jackie wählt violette Krabben bei klarem, rosafarbene bei leicht angetrübtem Wasser. Helle, naturfarbene Krabben montiert er nur bei trüber Brühe. „Will nichts beißen, dann entferne ich bei den violetten Garnelen ein Segment. Dieser Eyecatcher wirkt wie eine Jungle-Cock-Feder an der Fliege!“ verrät uns der Meister hinter vorgehaltener Hand.

„Am besten beißen sie an dem Tag, an dem angestiegenes Wasser fällt”, diese Regel gibt uns der Guide am nächsten Tag mit auf den Weg. Den ganzen Morgen regnet es stark, wir sind nass wie getauchte Pudel. Trotzdem fischen wir an der exklusiven „Single Bank“ der Foxford Fishery. Dem Guide wurden aus Ballina durchziehende Grilse gemeldet. In wenigen Stunden sollen sie hier sein. Von der Foxford Bridge sind es etwa 20 bis 30 Meilen bis zur Küste. 70 Meilen kann ein Lachs am Tag durchaus schaffen. Deshalb stiefeln wir nach einer Trockenpause in der Cottage nachmittags bei schönstem Wetter noch einmal los. Nichts geht über die Sonne nach dem Regen!

Ich habe mir eine tiefe Rinne unmittelbar am Ufer ausgesucht. Auf perfekter Linie grubbert das Wurmbündel über Grund. Hin und wieder attackieren Lachse das Bündel, schlucken den Köder jedoch nicht. Alles, was ich herausziehe, ist die ausgelutschte Epidermis, die schlapp und zerfleddert an meinem Haken hängt. Diese „Short Hits“ sind berüchtigt.

Lasse ist auf ein hohes Steilufer hinaufgeklettert. Von dieser senkrecht abgebrochenen Wand kann er kontrolliert ein Knie im Fluss abfischen. In dieser 90-Grad-Biegung hat sich ein fünf Meter tiefer Kolk ausgespült. Und es kommt, wie es kommen muss: Rollenkreischen, lautes Gejohle der irischen Angler, die mit einem Riesenkescher herbeieilen … 75 Zentimeter lang ist er und wiegt 8,5 Pfund. Lasses Lachs-Traum hat sich erfüllt!

75 Zentimeter lang und 8,5 Pfund schwer: Lasses Lachs-Traum ist in Erfüllung gegangen.

 

Am Abend berichtet uns ein englischer Gast in der Foxford Lodge, dass etwa 6.000 bis 10.000 Lachse jährlich im Moy gefangen werden. Doch geht es einem richtigen Lachsangler nicht nur um den Fang, auch das Drumherum ist wichtig: die Landschaft, die Leute, einfach alles. „Der Fisch ist der Bonus!“ fabuliert Harry nach dem zweiten Whiskey. Am letzten Tag die Krönung: Wir dürfen am über die Grenzen Irlands hinaus berühmten Ridge-Pool in Ballina fischen. Das, was für Tennis-Spieler Wimbledon, für Fußballer Wembley ist, das ist für Lachsangler dieser erste Wasserfall am Moy. Aufsteigende Fische machen dort ihre erste Pause, genau da, wo sich Salzwasser mit Süßwasser mischt.

Am Vortag erhielten wir von Spey-Casting-Gott Robert Gillespie eine Einweisung im Werfen mit der Zweihand-Fliegenrute, und bei Tenants in Foxford hatten wir fängige Lachsfliegen gekauft – so hofften wir jedenfalls. Ein Muster wurde uns besonders empfohlen: die Gold Cascade, eine kleine Shrimp-Fliege, die auf einen vergoldeten Drilling gebunden wird.

Und wieder ist es Lasse, der zuschlägt. Trotz noch recht grobmotorischem Speycasting erbeutet er einen wunderschönen 55er Grilse.

Lasse (rechts) im Glück: Sein Grilse ist exakt 55 Zentimeter lang.

 

Gewässer-Check

Infos und Buchungen: Kingfisher Reisen, Pastor-Klein-Straße 17, Haus A, 56073 Koblenz, Tel. 0261/915 54-0, Fax 0261/915 54-20, E-Mail: info@kingfisher.de, Internet: www.kingfisher-angel
reisen.de

Fischerei: Die Region um Foxford bietet neben dem Lachs-
angeln unzählige weitere Angelmöglichkeiten. Hecht- und Browntrout-Angeln im Lough Conn, Meerforellenangeln im Moy-Ästuar, Meeresfischen auf 26 Arten. Weitere Informationen im Internet: www.rivermoy.com

Köder und Angelgeräte: Tiernan Brothers, Moy Angling Centre, Upper Main Street, Foxford, Internet: www.themoy.com

Tipps: In der Räucherei Clarke’s kann man selbst gefangene Lachse gegen Entgelt räuchern und für die Heimreise vakuumieren lassen: Salmon Smokery Clarke’s, O’Rahilly & Connolly Streets, Ballina, Internet: www.clarkes.ie.

Der River Moy in Irland

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