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Dramatische Nährstoffzunahme im Stechlinsee aufgeklärt

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Stechlinsee
Verändern sich die Pflanzenarten in den Flachwasserbereichen, kann sich auch der Nährstoffhaushalt eines Gewässers verändern, wie hier am Beispiel des Stechlinsees beobachtet. Bild: Solvin Zankl/IGB

Auch tiefe Klarwasserseen wie der Stechlinsee, die als besonders wertvolle Ökosysteme gelten, können Anzeichen von Überdüngung und Algenwachstum zeigen – oft ohne ersichtlichen Grund.

Eine neue Studie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) zeigt nun, dass die Ursachen nicht immer in steigenden Nährstoffeinträgen aus dem Einzugsgebiet oder in Rücklösungsprozessen im Tiefenbereich eines Sees zu suchen sind, sondern auch in den flacheren Bereichen bis rund 20 Metern Wassertiefe. Die Ergebnisse sind nicht nur überraschend, sie könnten auch auf ähnliche Seentypen weltweit zutreffen.

Überdüngung, auch Eutrophierung genannt, ist weltweit eines der drängendsten Umweltprobleme in Seen. Üblicherweise ist sie auf vom Menschen verursachte Nährstoffeinträge, wie unzureichend behandeltes Abwasser und die Düngung landwirtschaftlicher Flächen, zurückzuführen. Die Folgen wie Algenblüten, Sauerstoffmangel und Fischsterben sind seit langem bekannt. Inzwischen zeigen aber auch immer mehr abgelegene Seen, die kaum von menschlicher Aktivität beeinflusst werden, Anzeichen einer plötzlichen Eutrophierung. Bisher wurden der Klimawandel, atmosphärische Einträge oder die interne Belastung aus dem Tiefenbereich der Seen als mögliche Ursachen diskutiert.

Für ihre Studie untersuchte das IGB-Team den Stechlinsee, einen tiefen Klarwassersee im Nordosten Deutschlands, der in den letzten Jahren eine dramatische Nährstoffzunahme erlebt hat. Innerhalb von nur zehn Jahren vervierfachte sich die Phosphorkonzentration, was mit Algenblüten, Sauerstoffschwund im Tiefenwasser und anderen Symptomen der Eutrophierung einherging.

Flachwasserbereiche: Neue Pflanzenzusammensetzung und veränderte Sedimenteigenschaften führten zu Phosphoranstieg

Die Forscherinnen und Forscher fanden heraus, dass nicht nur Prozesse in den Sedimenten tieferer Bereiche den natürlichen Phosphorrückhalt im See beeinflussen, sondern auch die Flachwasserbereiche des Sees eine entscheidende Rolle spielen. Darunter verstehen die Forschenden die Zonen, in denen noch Licht bis zum Grund durchdringt, was am Stechlin Bereiche bis etwa 20 Meter Wassertiefe und damit 46 Prozent der Seefläche umfasst.

Insbesondere Veränderungen bei den dort vorkommenden Unterwasserpflanzen und die reduzierte Fähigkeit der Sedimente, Phosphor zu binden, verstärken die interne Phosphordynamik. Bisher sind sogenannte Regimewechsel vorwiegend für flache, nicht aber für geschichtete Seen beschrieben. Der Stechlin gehört mit einer maximalen Tiefe von fast 70 Metern jedoch zu den tiefsten Seen Norddeutschlands.

Armleuchteralgen gingen zurück

Wie die Fachleute beschreiben, gingen die mit wintergrünen Armleuchteralgen besiedelten Flächen stark zurück, so dass freiliegende Sedimentflächen entstanden, die nun allmählich mit einjährigen, höheren Wasserpflanzen besiedelt wurden. Diese Veränderungen der Vegetation führten dazu, dass der zuvor in Pflanzen oder Sedimenten gebundene Phosphor in die Wassersäule gelangen konnte. Die Ursachen für diese Veränderung der Unterwasserpflanzen-Gemeinschaft sind nach wie vor Gegenstand wissenschaftlicher Forschung und Diskussion.

Neben den Pflanzen, sind auch Veränderungen der Sedimenteigenschaften des Sees ein wichtiger Faktor. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten fest, dass die obersten Sedimentschichten weniger Eisen enthalten, wodurch sich die Fähigkeit, Phosphor zu binden, verringert. Dies könnte über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten durch die fortschreitende Bildung von Eisensulfid in den flachen und tiefen Sedimenten des Sees verursacht worden sein. Dabei wird Eisen zunehmend als Eisensulfid festgelegt und steht nicht mehr für die Bindung des Phosphors zur Verfügung.

„Diese komplexen Wechselwirkungen zwischen Pflanzenwelt und Sedimenteigenschaften könnten erklären, warum der Stechlinsee in den letzten Jahren so schnell eutrophiert ist“, erklärt Dr. Thomas Gonsiorczyk, einer der beiden Hauptautoren der Studie. „Selbst tiefe Seen können durch diese Prozesse in ihren Flachwasserbereichen in einen Zustand starker Überdüngung geraten.“

Nicht durch externe Nährstoffeinträge zu erklären

Die Analyse des Stechlinsees zeigte auch, dass der Anstieg der Phosphorkonzentration nicht durch externe Nährstoffeinträge zu erklären ist. Die Datenauswertungen legen sogar nahe, dass die Phosphorbelastung aus dem Einzugsgebiet seit 1990 abgenommen hat. Auch andere potenzielle Quellen wie Wiedervernässungsmaßnahmen oder die Spätfolgen früherer Belastungen durch Abwässer der touristisch stark frequentierten Region wurden als Ursache für die Phosphoranreicherung als unwahrscheinlich eingestuft.

Trendumkehr: Phosphorkonzentrationen sinken seit 2020 im Stechlinsee

Seit 2020 hat die Phosphorkonzentration im See wieder stark abgenommen. „Die Phosphorkonzentration im See ist 2024 nur noch halb so hoch wie noch im Jahr 2020“, sagt Prof. Michael Hupfer, ebenfalls Hauptautor der Studie. Ob diese Entwicklung anhält und diese Veränderung auch eine längerfristige Trendumkehr in der Besiedlung mit Unterwasserpflanzen zur Folge hat, bleibt jedoch abzuwarten. Die sinkenden Phosphorkonzentrationen haben bisher auch noch nicht dazu geführt, dass sich die Sauerstoffverhältnisse im Tiefenwasser entscheidend verbessert haben.

Bedeutung für den Gewässerschutz

Die Ergebnisse der aktuellen Studie sind für den Gewässerschutz von Interesse, da viele geschichtete Seen trotz ihrer Tiefe einen hohen Flachwasseranteil im oben beschriebenen Sinne aufweisen. Dort könnten also ähnliche Prozesse ablaufen.

Der Klimawandel verstärkt durch längere sommerliche Schichtung, Starkregen und häufigere Stürme die Eutrophierungserscheinungen in Seen. „Um geschichtete Klarwasserseen langfristig zu erhalten, müssen Schutzmaßnahmen deshalb künftig stärker auch die durchlichteten Flachwasserbereiche einbeziehen“, betont Michael Hupfer. „Dies könnte helfen, die Nährstoffdynamik von Seen besser zu verstehen und wirksame Strategien gegen die Verschlechterung der Wasserqualität zu entwickeln.“

-Pressemitteilung Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)-

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