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PFAS macht Fische hyperaktiv

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Zebrafisch-Larven in einer Versuchsplatte für Schwimmverhaltenstest. Bild: Sebastian Gutsfeld/UFZ
Zebrafisch-Larven in einer Versuchsplatte für Schwimmverhaltenstest. Bild: Sebastian Gutsfeld/UFZ

Einige Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) sind schwer abbaubar und werden deshalb auch als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet. Sie kommen als Imprägnierung in Outdoor-Kleidung, Teflon-Pfannen und Backpapier vor oder auch Feuerlöschern und Lippenstiften.

PFAS können die Gesundheit beeinträchtigen und können zu Leberschäden, hormonellen Störungen und Krebs führen. Auch in unseren Gewässern sind die PFAS-Werte besorgniserregend hoch.

Ein Forschungsteam des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) hat jetzt die Auswirkungen von PFAS auf das Gehirn untersucht. Mit einer Kombination aus modernen molekularbiologischen Methoden und dem Modellorganismus Zebrafisch deckten sie den Wirkmechanismus auf und identifizierten die beteiligten Gene. Diese Gene sind auch beim Menschen vorhanden. Das am UFZ entwickelte Testverfahren könnte auch für die Risikobewertung anderer neurotoxischer Chemikalien genutzt werden.

PFAS werden im Wasser kaum abgebaut

Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften – Hitzebeständigkeit, Wasser- und Fettabweisung sowie hohe Haltbarkeit – werden PFAS in vielen Produkten des täglichen Lebens verwendet, etwa in Kosmetika, Outdoor-Kleidung und beschichtetem Kochgeschirr. Doch gerade diese Eigenschaften machen sie so problematisch. „Weil einige PFAS chemisch stabil sind, reichern sie sich in der Umwelt an und gelangen über Luft, Trinkwasser und Lebensmittel in unseren Körper“, sagt die UFZ-Toxikologin Prof. Dr. Tamara Tal. Selbst bei bedachtem Konsum lässt sich diese Stoffgruppe, die seit den 1950er Jahren produziert wird und mittlerweile Tausende von verschiedenen Verbindungen umfasst, kaum vermeiden. Bislang sind die Folgen für Umwelt und Gesundheit nur schwer abzuschätzen.

Test an Zebrafischen

In ihrer aktuellen Studie untersuchten die Forscherinnen und Forscher, wie sich PFAS auf die Gehirnentwicklung auswirkt. Dazu verwendeten sie Zebrafische, die in der Forschung häufig eingesetzt werden. 70 Prozent der Gene, die im Zebrabärbling (Danio rerio) vorkommen, sind auch beim Menschen zu finden. Die Erkenntnisse sind daher wahrscheinlich auf den Menschen übertragbar.

In ihren Experimenten setzten die Forscher Zebrafischlarven zwei Substanzen aus der Gruppe der PFAS aus (PFOS und PFHxS), die eine ähnliche Struktur aufweisen. Anschließend untersuchten sie, wie sich die Gehirne der PFAS-belasteten Fischlarven im Vergleich zu den nicht-belasteten Kontrollfischen verändert. „Bei den Zebrafischen, die PFAS ausgesetzt waren, war die Expression der Gene der Peroxisom-Proliferator-aktivierten Rezeptoren (ppar), die in leicht abgewandelter Form auch beim Menschen vorkommen, besonders hoch“, sagt Sebastian Gutsfeld, Doktorand am UFZ und Erstautor der Studie. „Frühere Toxizitätsstudien haben das bereits für die Leber gezeigt, wir konnten dies nun auch für das Gehirn nachweisen.“

Doch welche Folgen hat eine durch PFAS-Exposition ausgelöste veränderte Aktivität dieser Gene für die Gehirnentwicklung und das Verhalten von Zebrafischlarven? Dies untersuchten die Forscher in weiteren Studien. Dabei verwendeten sie eine sogenannte „Genschere“. „Mit der Genschere konnten wir gezielt einzelne oder mehrere ppar-Gene zerschneiden und so verhindern, dass sie normal funktionieren“, erklärt Sebastian Gutsfeld. „Wir wollten herausfinden, welche ppar-Gene direkt mit einer durch PFAS-Exposition ausgelösten Veränderung des Larvenverhaltens verbunden sind“. Im Gegensatz zu genetisch unveränderten Tieren sollten die Fische, bei denen die Genschere zum Einsatz kam, nach der Exposition gegenüber PFAS keine Verhaltensänderungen zeigen.

Fische zeigen hyperaktives Schwimmverhalten

In einer Versuchsreihe setzten die Forschenden die Zebrafischlarven während ihrer frühen Entwicklungsphase zwischen dem ersten und vierten Tag kontinuierlich PFOS oder PFHxS aus, in einer anderen Versuchsreihe nur am fünften Tag. Am fünften Tag beobachteten die Fachleute das Schwimmverhalten. PFAS-exponierte Fische schwammen mehr als Fische, die keinen PFAS ausgesetzt waren, unabhängig davon, ob sie während der Gehirnentwicklung kontinuierlich PFAS ausgesetzt waren oder erst kurz vor dem Verhaltenstest. Interessanterweise war die Hyperaktivität nur vorhanden, wenn auch die Chemikalie im Wasser war. Als die Forschenden PFOS oder PFHxS entfernten, ließ die Hyperaktivität nach. Es wurde auch die Schreckreaktion nach einem Reizwechsel gemessen. „Bei Zebrafischen, die vier Tage lang PFOS ausgesetzt waren, beobachteten wir ein hyperaktives Schwimmverhalten als Reaktion auf den Reizwechsel“, sagt Gutsfeld. Im Gegensatz dazu zeigten Zebrafische, die nur am fünften Tag PFOS oder PFHxS ausgesetzt waren, keine hyperaktive Schreckreaktion.

PFAS führt zu abnormem Verhalten

Aus diesen Reaktionen schließen die Forscherinnen und Forscher, dass eine PFOS-Exposition mit abnormen Folgen verbunden ist – insbesondere in sensiblen Entwicklungsphasen des Gehirns.

„Da diese Gene auch beim Menschen vorkommen, ist es möglich, dass diese PFAS auch beim Menschen entsprechende Wirkungen haben“, so Tamara Tal abschließend.

-Pressemitteilung Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ-

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