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Riesige Schlepprolle

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Heureka-Schiffshaspel von Stork. Links Teile einer originalen Schleppangel-Ausrüstung vom Ammersee, darunter selbstgebaute Löffel aus Löffeln.

Als Frühaufsteher bin ich sonst an Wochenenden morgens immer auf Flohmärkten unterwegs, leider müssen Trödelfreunde momentan wegen der Virus-Krise daheimbleiben. Deshalb noch ein Corona-Oster-Special!

Auf ebay eingestellt war sie als „Hochseeangel“. Niemand außer mir wollte dieses riesige Teil mit aufs Gramm genau 2 Kilo Gewicht (ca. 28 cm Durchmesser!) haben.

Ich wusste gleich, dass es sich um eine bayrische Schlepprolle handelt, mit der auf den großen Seen des Alpenvorlandes ohne Rute auf Seeforellen, Saiblinge und Hechte geschleppt wurde. Genauer gesagt ist es die „Heureka Schiffshaspel Modell 1926“ von Stork.

Die Rolle wurde mit einer Schraubzwinge an der Wand des Ruderbootes oder an der Sitzbank befestigt. Die Rolle besitzt eine komplizierte Federhemmung mit Schleifbremse, große Fische können also während des Aufkurbelns bei Fluchten weiter Schnur abziehen. Diese Rolle hat 1926 laut Katalog stolze 95 Mark gekostet, der durchschnittliche Monatslohn eines Arbeiters lag damals bei ca. 140 Mark. Laut Kaufkrafttabelle entsprechen 95 Reichsmark von 1926 heute über 1.000 Euro. Das nur zu dem Ammenmärchen, das Angelgerät heutzutage teuer sei. Das genaue Gegenteil ist der Fall! Made in Germany war auch schon damals extrem teuer, nur reiche Juristen, Ärzte oder Beamte konnten sich das leisten.

Wer weiß mehr über diese Rolle? Infos an thomas.kalweit@paulparey.de

Die Schlepprolle ist mit einer Federhemmung ausgerüstet. Mit der Klammer rechts unten wurde sie an einer speziellen Schraubzwinge befestigt.
Abbildung der Schlepprolle im Stork-Katalog von 1926. Mit im Bild links: Spezielle Felchen-Blinker mit angelötetem Röhrchen-Wirbel zum Schleppen auf Felchen und Saiblinge.
Die Rolle ist mit extrem dickem Monofil (ca. 0,80er) bespult, sie wurde also noch in der Nachkriegszeit zum Schleppen eingesetzt. In zahlreiche eingeknotete Ringe konnten Stahlvorfächer eingehängt werden, die zum Teil noch auf der Spule mit aufgewickelt sind.
Mit dieser großen Flügelmutter wird die Bremskraft der Schleifbremse justiert.

Aktualisierung vom 14. April 2020:

Peter Andres aus Grünstadt hat sich per Mail gemeldet: „Hallo Thomas, auch in meiner Vitrine liegt eine alte Heureka. Diese hat einen Trommeldurchmesser von 21 cm und wiegt 2.450g. Ein tolles Highlight meiner Sammlung, die immer wieder großes Interesse hervorruft. Ich glaube, dass es sich hierbei um ein Modell von ca. 1948 handelt. Vielleicht kannst Du das bestätigen oder korrigieren. Nicht nur der Fischer vom Ammersee hat mit selbstgebauten Löffelblinkern geangelt, sondern das mache ich heute auch noch erfolgreich. Die Löffel habe ich von unserem Kantinenkoch geschnorrt. Petri-Heil, Peter“

Die Unterschiede in Größe und Gewicht ergeben sich wahrscheinlich, weil Peter den Durchmesser der Trommel gemessen und die Schraubzwinge mitgewogen hat. Ich habe den größten Durchmesser der Rolle angegeben und besitze leider keiner passende Schraubzwinge dazu, auch ist meine Rolle noch voll mit Schnur. Ansonsten würde ich Peters Heureka vor allem wegen der Form des Kurbelknaufs ziemlich genau auf die Jahre um 1926 schätzen. Sein Knauf entspricht nahezu perfekt der Katalogabbildung von 1926. Der Knauf meiner Heureka sieht etwas altertümlicher aus. Eventuell ist meine Rolle minimal älter. Auch hat Peters Heureka die Bremsflügelschraube schon auf der Kurbelseite, genau wie im Katalog, bei meiner Rolle ist die Flügelmutter noch auf der Rollenrückseite.

Thomas Kalweit

Der Griffknauf von Peters Heureka entspricht ziemlich genau der Abbildung im 1926er Stork-Katalog.
Besonders gut sieht man hier die Schraubzwinge. Diese Heureka hat keine Flügelmutter mehr auf der Rollenrückseite.
Blick ins komplizierte Innenleben der Schlepprolle.
Auch Peter baut sich Löffelblinker aus alten Löffeln selbst, wie damals der Fischer vom Ammersee vor fast 100 Jahren.

Aktualisierung 15. April 2020:

Gerhard Dee hat sich per Mail gemeldet: „Hallo Thomas, anbei findest Du zwei Bilder aus dem Stork-Katalog von 1911, Seite 92. Dort wird die von Dir beschriebene Schlepprolle als „Stork´s Schiffshaspel Eureka“ und „Letzte Neuheit!“ vorgestellt. Sowohl der Schraubstock wie auch die Seitenstege, auf denen die Schnurführung sitzt, unterscheiden sich in der Form deutlich von jüngeren Modellen. Der Name wurde übrigens auch erst zu einem späteren Zeitpunkt in „Heureka“ abgeändert. Eine Erklärung für die Namensänderung könnte vielleicht sein, daß  Stork als Hardy-Vertreter für Bayern eine Verwechslung mit der gleichnamigen Hardy-Fliegenrolle „Eureka“ vermeiden wollte. Herzliche Grüße, Gerhard“

Aus dem Stork-Katalog von 1911. Da hieß die Schlepprolle noch Eureka ohne "H".
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