Wir deutschen Angelgerätesammler sind etwas arm an gemarkten Rollen. Die allermeisten Achsrollen aus früheren Zeiten, sogar jene von großen Herstellern, sind oft ohne jedes Markenzeichen.
Umso mehr freue ich mich, heute zwei neue Exemplare in die Reihe der gemarkten Rollen deutscher Fabrikation stellen zu dürfen. Zwei robuste Achsrollen von Westphal! Von Westphal? Genau diese Frage ging mir auch durch den Kopf, von so einem Angelgerätehersteller hatte ich noch nie gehört.
Diese beiden Rollen stammen aus Hamburg. Wenn man sie genauer betrachtet, dann muss es sich eindeutig um Eigenbauten handeln, wahrscheinlich aus der frühen Nachkriegszeit, so zwischen 1946 und 1950. Die Rollen funktionieren tadellos, haben sogar einen Klicker, sind aber so grob gearbeitet, dass man keine professionelle Firma dafür verantwortlich machen will. Aber warum sind sie dann mit dem Hersteller „Westphal“ gemarkt?
Nach einiger Recherche fand ich heraus, dass es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Hamburg-Altona eine Kaffee-Großrösterei mit diesem Namen gab, die ihre Produkte in Blechdosen verkaufte. Auch hatte sie zahlreiche Großkonserven im Angebot, etwa Marmelade im 5-Pfund-Eimer, ebenfalls aus Blech, oder auch Kunsthonig oder Rollmöpse.
Schaut man sich die Rückwand der Westphal-Rollen genau an, dann sieht man, dass hier zwei Aludosendeckel ineinander gedrückt wurden. Sehr wahrscheinlich handelt es sich dabei um Deckel von irgendwelchen Aludosen für Lebensmittel, in die vom Hersteller „Westphal“ eingeprägt wurden.
Auch wenn es keinen Angelgeräte-Hersteller Westphal geben sollte, handelt es sich bei diesen beiden Rollen doch um herausragende Zeitdokumente für die frühe Nachkriegszeit, in der sich die Menschen irgendwie behelfen mussten. Die beiden Rollen zeugen von großem Erfindungsreichtum und Durchhaltewillen. Ihre Gebrauchsspuren zeigen, dass sie viele Fische an Land gezogen haben.
Wer weiß mehr über diese Rollen? Infos an thomas.kalweit@paulparey.de