Große Stauseen sind ideale Zanderreviere, leicht zu beangeln sind sie aber nicht. Wie die Quantum-Teamangler Markus Wechsler und Birger Domeyer vorgehen, hat Benny Dittmann beobachtet.
Okay, das war’s. Wir haben alles im Kasten.“ sage ich zu Markus und Birger, schalte die Kamera aus und beginne meine Gerätschaften abzubauen. Drehschluss. Die beiden Protagonisten, die ich heute den ganzen Tag mit der Kamera begleitet habe, machen ihre letzten Würfe, und vor meinem geistigen Auge raffen sich die heutigen Aufnahmen zusammen. Einige Fehlbisse, wenige, tatsächlich gefangene Fische und eine Menge Erklärungen habe ich an diesem Tag vor die Linse bekommen. Doch gerade als ich meine Kamera-Utensilien schließlich abmarschfertig verpackt habe, höre ich das Wort, das an diesem Tag leider viel zu selten vermeldet wurde: „Fisch!“ So sehr ich mich nun aber auch beeile, die gerade verstaute Kamera wieder einsatzbereit zu machen, Birger ist schneller. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht und einem schönen Zander in der Hand kommt mir der Quantum-Teamangler schließlich am Ufer entgegen. Kein wirklich großer Fisch, aber zumindest ein maßiges Happy End eines Tages, der in aller Frühe schon mit kleinen Rückschlägen begonnen hatte.
„Wenn das Wetter und das Wasser passen, dann werden wir hier schöne Zander fangen“, so hatte mich Markus Wechsler, ebenfalls Teamangler aus dem Hause Quantum, schon einige Wochen zuvor auf unseren Drehtermin eingestimmt. Jetzt, Ende September, stehen wir noch im Halbdunkel an besagtem Stausee und blicken zumindest schon einmal auf einen idealen Wasserstand. Auch die Sichtigkeit scheint optimal für Zander. Doch wie war das nochmal: „Wenn Wetter und Wasser passen,…“ Ja, wenn das Wetter nicht wäre, denn gerade das scheint uns heute einen Strich durch unsere Rechnung machen zu wollen. Waren die letzten Tage noch kalt und trocken, so brachte ein zunehmender Nord-Ost-Wind praktisch über Nacht Regen und wärmere Luft. Ein klassischer Wetterumschwung und keine guten Aussichten, wie ich Markus‘ Gesichtsausdruck entnehmen kann, als der den ersten Gummifisch des Tages in den Karabiner seines Vorfachs clipt.
Typische Badewanne
Der Stausee ist indes ein Paradebeispiel für ein großes Stillgewässer – Badewannenprofil, kiesiger Grund, kaum eindeutige Strukturen, aber jede Menge Wasser. „Besonders als Einsteiger in die Großgewässerangelei fühlt man sich von solch einer beangelbaren Fläche schnell wie erschlagen“, sagt Markus fast beiläufig, als er seinen Gummi ein weiteres Mal mit aller Kraft Richtung Seemitte feuert. „An solchen Gewässern gilt es, Strecke zu machen. Nur so findet man markante Stellen wie Abbrüche, Sandbänke oder kleine Unterwasserberge und mit ihnen die Zander.“
Weitere Ausführungen seinerseits unterbricht der erste Biss. Ansatzlos und blitzschnell reißt Markus die Rute hoch. Doch bereits nach wenigen Kurbelumdrehungen deutet eine minimale Rutenkrümmung an, dass sich hier wohl kein Zander am Gummi vergriffen hat. Vielleicht ein Barsch? Mitnichten! Markus‘ Miene verdunkelt sich deutlich, als schließlich doch ein Zander zum Vorschein kommt. Der rund 25 Zentimeter lange Fisch sorgt passend zum Wetter für weitere, dunkle Aussichten. „Wenn diese Kollegen unterwegs sind, können wir uns schon mal auf einen harten Angeltag einstellen“, resümiert der Profi missmutig beim Zurücksetzen des Fisches, überprüft daraufhin seinen Köder und wirft anschließend noch eine Spur energischer aus.
Markus hat über viele Jahre Stillwasserangelei gerade an großen Stauseen und Talsperren nämlich die Erfahrung gemacht, dass an Tagen, an denen vor allem die kleineren Artgenossen aktiv sind, wenig bis gar nichts bei den kameratauglichen Exemplaren geht. Auch, aber nicht nur aus diesem Grund überzeugt er Birger schon nach wenigen Minuten zum Platzwechsel. Auf dem Weg zu einer kleinen Landzunge erklärt er seine Taktik.
„Die Zander sind in Stillgewässern ständig unterwegs, und darauf muss man sich als Angler einstellen“, sagt er und fährt kurz darauf fort: „Es gibt nun zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Entweder fischt man einen Platz wirklich über Stunden hinweg kontinuierlich ab und wartet darauf, dass die Zander auf ihrem Raubzug genau dort vorbei kommen oder man sucht die Fische aktiv, fischt also nie länger als eine Viertelstunde an einer Stelle. Ich mische die beiden Varianten und halte mich an einigen Stellen mal länger, an anderen nur sehr kurz auf.“
Die Landzunge, die wir mittlerweile erreicht haben, scheint zur ersten Kategorie zu gehören, denn hier konnte Markus in der Vergangenheit schon des Öfteren gute Zander fangen. „Plätze, an denen man schon einmal Erfolg hatte, sollte man immer sehr ausdauernd beangeln“, erklärt er, „denn irgendetwas muss da unten ja sein, was die Räuber immer wieder dorthin ziehen lässt.“
Auch heute scheint sich diese These zu bestätigen, denn schon bald schlägt der Zander-Spezi erneut an. Von einem Drill kann aber auch jetzt keine Rede sein, und so hebt Markus wenig später zum zweiten Mal an diesem Tag einen wahren Zander-Winzling aus dem Wasser.
Kleine weit raus
Im Gegensatz zu den meisten anderen Gummifischanglern verwendet Markus auch auf große Entfernungen eine verhältnismäßig weiche Rute. Die Gründe dafür liegen für ihn ganz klar auf oder besser gesagt in der Hand: „Weiche Ruten bieten für mich gleich mehrere Vorteile: Erstens wirft man mit ihnen viel weiter als mit straffen Modellen. Zweitens sind sie deutlich leichter, was, auf einen ganzen Angeltag verteilt, deutlich ermüdungfreieres Fischen ermöglicht. Und drittens haben vor allem große Fische in der Endphase des Drills, also kurz vorm Ufer, deutlich geringere Chancen auszuschlitzen, da die Rute viel sensibler auf etwaige Fluchten reagiert. Gerade, weil wir ja ausnahmslos mit dehnungsloser Geflochtener fischen, ist das ein deutlicher Vorteil gegenüber steifen Modellen. Im Gesamten agiert eine weiche Rute im Drill auch deutlich feinfühliger, was mir besonders gut gefällt.“
Mittlerweile ist es Mittag geworden, und während die beiden Teamangler eine kleine Wurfpause einlegen, schaue ich mir Markus‘ Ausrüstung einmal genauer an. Er verwendet eine kleine Stationärrolle, die er mit einer 0,14er Geflechtschnur bespult hat. In Verbindung mit seinem favorisierten Rutentyp und relativ kleinen Ködern erreicht er mit dieser dünnen Sehne spielend leicht Entfernungen um die 80 Meter. Und das kann in großen Seen oft die halbe Miete sein.
Die Gummifische und Twister, die er heute in der Kiste hat, sind im Schnitt nur zwischen sieben und 12 Zentimeter lang und somit ein weiterer Garant für weite Würfe, da sie viel windunanfälliger sind als große Köder. Meine Frage, nach welchen Kriterien er deren Farbe auswählt, beantwortet er knapp: „Immer nach dem Futterfischaufkommen! Kleine Barschimitate gehen aber überall und stehen bei Zandern und Hechten in jedem Gewässer hoch im Kurs.“ Exakt nach diesem Rezept sind dann auch seine Köderboxen gefüllt, denn neben natürlichen Dekors dominieren hier vor allem Farben wie braun, grün und vereinzelt auch etwas goldglitter. Doch selbst mit so vorbildlich sortierten Köderboxen scheint am heutigen Tag nichts zu gehen, denn auch nach einer weiteren Stunde hat noch kein vorzeigbarer Fisch gebissen.
Reizend mit „No Action“
Auch Birger, der im Gegensatz zu Markus mittlerweile komplett auf aktionslose, so genannte „No-Action“-Shads umgestellt hat, konnte noch keinen Fisch zum Biss überreden. Dieser Umstand ist dann aber auch schon die einzige Gemeinsamkeit, die die beiden Quantum-Jungs nun teilen, denn nicht nur bei der Führung der Köder werden deutliche Unterschiede sichtbar.
Wie bereits erwähnt, fischt Birger Gummis ohne Eigenaktion. Würde man diese einfach nur einkurbeln, was bei normalen Gummifischen mit Schwanztellern ja durchaus fängig sein kann, könnte man, wie mir Birger glaubhaft versichert, anstelle eines No-Action-Shads auch einen Kugelschreiber ans Vorfach binden, die Bewegungen wären identisch. Umsomehr entscheidet bei diesem im Moment schwer angesagten Gummi-Typ die Führung über Fang- oder Misserfolg. „Nach jeder Absinkphase“, so Birger, „beschleunige ich den Köder durch zwei kurze Jigbewegungen. Nur so bekomme ich zusätzlich zur vertikalen auch noch eine horizontale Bewegung. Der Shad hüpft also nicht nur im Zick-Zack-Muster über den Grund, sondern bricht dabei auch noch immer wieder attraktiv nach rechts und links aus. Um den Köder aber auf diese Weise jiggen zu können, bedarf es einer deutlich steiferen Rute, als das bei Markus der Fall ist, der seine normalen Gummis ja allein über die Rolle beschleunigt. Ebenso wichtig wie die richtige Führung ist jedoch, dass man zu keinem Zeitpunkt den direkten Kontakt zum Köder verlieren darf.“
Wie das geht, wird beim Blick auf die Rolle deutlich. Nachdem Birger seinen Köder durch zwei kurze Rutenschläge angelupft hat, holt er beim Absenken der Rute sofort wieder die Menge Schnur ein, um die sich der Köder auf ihn zubewegt hat. Dies gewährleistet, dass die Schnur zwischen Köder und Rute stets gespannt bleibt und der Shad nie an lockerer Leine absinken kann. Dies ist sehr wichtig, denn laut Birger kommen über 90 Prozent der Bisse beim Absinken des Köders zum Grund. Wer da nicht die absolute Kontrolle über seinen Gummifisch hat, wird den Großteil der Bisse gar nicht bemerken. Denn im Gegensatz zur Flussfischerei, wo die Attacken auf die Gummis mitunter ziemlich aggressiv sein können, ist es im Stillwasser meist nur ein kaum spürbares Festhalten des Köders.
Noch während ich Birgers interessanten Ausführungen lausche, schlägt Markus, der nur wenige Meter neben uns steht, erneut ansatzlos, dieses Mal aber gegen einen größeren Widerstand, an. „Der ist wohl etwas besser“, macht er uns neugierig. Und tatsächlich, nach einem schnellen Drill hält er einen rund 50 Zentimeter langen Zander in die Kamera. Auch wenn der Fisch nicht wirklich als kapital gelten kann, so kehrt mit ihm doch die dringend benötigte Zuversicht zurück, es ja vielleicht am Nachmittag mit beißwilligeren Fischen zu tun zu bekommen.
Leider bleibt es bei diesem frommen Wunsch, denn auch die letzten Stunden des Tages verstreichen ohne nennenswerte Bisse. Markus‘ Fazit fällt dennoch nicht negativ aus: „Wirklich gefunden haben wir die großen Fische heute nicht, aber allein die Suche danach war spannend wie immer.“
Ein Dutzend Tipps fürs Stille
Im Stillwasser dient allein die Schnur zur Bisserkennung. Bei der kleinsten Unregelmäßigkeit wird sofort angeschlagen.
1. Ausdauernd werfen: Das Geheimrezept an großen Gewässern sind Ausdauer und viele Würfe. Nur so findet man interessante Spots wie Kanten, Löcher, Steine, Untiefen und Rinnen.
2. Konzentration: Hat man solche Stellen gefunden, gilt es, diese so lange wie möglich und hoch konzentriert zu beangeln.
3. Unterschiedliche Stellen: Über den Tag verteilt, lohnt es sich, unterschiedlich strukturierte Stellen an-
zugehen. Beißt zum Beispiel an der Kante zum Tiefen nichts, bietet man seinen Köder eben einfach eine Zeit lang im flacheren Wasser an.
4. Auf den Wind achten: Möglichst am Wind zugewandten Ufer angeln! Angetrübtes Wasser zieht die Räuber magisch an.
5. Barsche suchen: Wo sich Barsche aufhalten, kommen über kurz oder lang auch die Glasaugen vorbei.
6. Weit werfen: Weites Werfen ist unabdingbar! Entsprechend lange Ruten ab 3 Meter Länge mit 40 bis 60 Gramm Wurfgewicht in Verbindung mit einer gut gefüllten Stationärrolle verwenden. Die lange Rute erleichtert zudem auch die Köderführung über Kanten und Steine.
7. Bremse richtig einstellen: Die Bremse immer sehr(!) stramm einstellen. Nur so ist gewährleistet, dass der Anhieb auch auf große Distanzen durchdringt. Gerade große Zander haben sehr harte Mäuler und einen gewaltigen Kieferdruck!
8. Nachschärfen: Unbedingt Hakenfeile mitnehmen. Besonders in Stauseen werden die Haken dank des Untergrundes schnell stumpf! Deshalb nach jedem 3. Wurf die Hakenspitze kontrollieren und bei Bedarf umgehend nachschärfen! Nichts ist schlimmer, als nach einem Aussteiger festzustellen, dass der Haken stumpf war!
9. Ködergröße beachten: Kleine Köder am Bleikopf anbieten! Die fliegen viel weiter und fangen auch große Hechte und Zander, die sich im Herbst und Winter an kleinen Fischchen mästen. Twister und Shads zwischen 8 und 15 Zentimeter sind deshalb am erfolgreichsten!
10. Nur mit Stahlvorfach: Zander stören sich nicht im Geringsten an einem feinen, dunkel eingefärbten Stahlgeflecht. Also bitte unbedingt Hände weg von Hardmono oder Fluorocarbon.
11. Lange Stahlvorfächer verwenden: Nie unter 50, besser 70 Zentimeter. Es muss beim Zanderangeln immer auch mit großen Hechten gerechnet werden. Außerdem ist ein langes Stahlvorfach beständiger gegen Sand und Steine, wenn man z.B. eine Kante nach oben fischt.
12. Rutenhalter mitnehmen: Sieht bei einem Spinnfischer vielleicht komisch aus, hilft aber beim Montieren oder Versorgen des Fisches, die Rute und Rolle vor Berührungen mit Sand und Steinen zu schützen.
Bloß nicht… !
…zu große Köder verwenden.
…zu wenig Geduld aufbringen.
…mit stumpfen Haken fischen.
…mit mangelnder Konzentration angeln. Meist spürt man nämlich nur einen leichten Widerstand beim Ankurbeln. Wer da nicht anschlägt, verliert!